Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger Wörthersee und Eisengiesserei

Kultur

„Am Tag, als der Regen kam, lang ersehnt, heiss erfleht ...“, hiess es in einem Schlager der 50er Jahre. Nun war er da, der kühlende Regen. Oder doch nicht?

Star Wars-Welt im Disneyland.
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Star Wars-Welt im Disneyland. Foto: Tomás Del Coro (CC BY-SA 2.0 cropped)

9. Mai 2020
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Endlich, zitterten die alten und jungen Star-Wars-Fans, endlich und spendeten schon Applaus, bevor Teil 2 der Saga endlich anfing. Gloria Halleluja!! „Blickpunkt: Film“ feierte den Film als ein „auf grösstmöglicher Leinwand gemaltes Epos mit Shakespeareschen Verstrickungen“. Kaum zu glauben.

Bleiben wir mal lieber auf dem Teppich. Denn trotz aller technischen Raffinesse – der Film wurde digital aufgenommen, geschnitten und dann auf Zelluloid kopiert – sind doch einige Zweifel an Lucas Fortsetzung der Saga durchaus angebracht. Vorab eine gute Nachricht: Der nervig-quatschende Jar Jar Binks (Ahmed Best) – der Chris Tucker des Trickfilms – wurde in die Schranken verwiesen, d.h. in eine absolute Nebenrolle.

Amidala (Natalie Portman), Königin von Naboo, ist inzwischen zur Senatorin Padmé geworden. Doch irgend jemand hat es auf sie abgesehen: Zwei Mordanschlägen durch die Kopfgeldjägerin Zam Wesell (Leanna Walsman), die im Auftrag von Jango Fett (Temuera Morrison) handelt, kann sie nur knapp entkommen. Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) und sein Schüler Anakin Skywalker (Hayden Christensen) sollen die Senatorin schützen. Anakin hat Amidala zehn Jahre lang nicht gesehen. Er ist in sie verliebt. Doch Amidala weist ihn zurück. Pflichterfüllung sei wichtiger als ihre Zuneigung zueinander. Und der Tod seiner Mutter macht Anakin die Entscheidung zwischen Liebe und Pflicht nicht gerade einfacher.

Auf der Suche nach den Urhebern des Mordkomplotts stösst Obi-Wan auf einen Planeten, der in den Karten der Republik nicht verzeichnet ist. Irgend jemand hat die Informationen über diesen Planeten aus dem Archiv gelöscht. Während Anakin sich mit Amidala nach Naboo aufmacht, um die Senatorin in Sicherheit zu bringen, entdeckt Obi-Wan auf dem verborgenen Planeten, dass dort eine riesige Armee aus geklonten Soldaten hergestellt wird. Bei der Verfolgung des Kopfgeldjägers Jango Fett entdeckt Obi-Wan, dass Count Dooku, ein verbitterter Jedi, der Anführer der Separatisten ist, der sich mit der Handelsföderation verbündet hat. Aber auch Dooku handelt nur im Auftrag eines Mächtigeren.

Inzwischen erteilt der Senat der Republik Kanzler Palpatine (Ian McDiarmid) Notstandsvollmachten, um eine Armee aufzubauen und die bevorstehende Vernichtung der Republik durch die Separatisten zu verhindern. Als Amidala und kurz danach auch Obi-Wan und Anakin von den Separatisten festgenommen werden, scheint die Republik am Ende. Doch Yoda wäre nicht Yoda, wüsste er keine Lösung ...

Den ersten Teil von Episode 2 empfand ich – bis auf die Verfolgung der Attentäterin Zam Wesell (Leanna Walsman) – gelinde gesagt stinklangweilig. Die Handlung schleppt sich dahin nach dem VW-Motto „Er rollt und rollt und rollt ...“ – bis einem das Rollen auf die Nerven geht. Enttäuschend bis zum Geht-nicht-mehr. Doch es kommt noch schlimmer: Die – sogenannte – Liebesgeschichte zwischen Anakin und Amidala wirkt sowohl in Darstellung durch Natalie Portman und Hayden Christensen, als auch in den Dialogen wie der aller schlechteste Abklatsch eines schmalzigen Heimatfilms aus den 50er Jahren. Da werden alle Register des trivialen Dialogs gezogen, die man nur ziehen kann. Und als ob das noch nicht genug ist, bringt Amidala Anakin auf Tatooine in eine Gegend, die fast eine 1:1-Kopie eines etwas gross geratenen Alpensees sein könnte. „Du bist die Rose vom Wörthersee ....“.

Das alles wirkt wie eine unfreiwillige, nicht beabsichtigte Karikatur auf den romantischen – allzu romantischen – Liebeskitschfilm. Um dem nach ein Sahnehäubchen aufzusetzen – allerdings mit sauer gewordener Sahne –, verkauft Lucas diese Schnulze im Gesamtkontext als Teil eines Konflikts zwischen Pflichterfüllung für die Republik, Heldentum und schmachtender Liebe. Lieber George Lucas! Willst Du der Totengräber des Heimatfilms werden? Das ist nicht nötig und nicht erwünscht. Denn der ist schon lange tot.

Diese Wörthersee-Romanze kontrastiert Lucas mit Szenen von einem fernen Planeten, die in Kulisse und Atmosphäre fast an die Schlusssequenzen in Spielbergs „A.I. – Künstliche Intelligenz“ erinnern: Auf einer extrem kargen Oberfläche des Planeten kalt wirkende Produktionshallen mit hageren, ebenso kühl wirkenden, wenn auch extrem freundlichen und ruhigen Geschöpfen, die widerstandslose Befehlsempfänger, Klone, für eine jederzeit einsetzbare Armee produzieren. Doch was soll uns dieser Kontrast zeigen? Wärme versus Kälte? Gefühle hier, eiskalter Verstand dort?

Nicht genug damit: Als Anakin seine Mutter Shmi findet, die von Räubern entführt wurde, stirbt sie in seinen Armen. Anakin tötet alle ihre Peiniger, Männer, Frauen und Kinder. Doch statt Mitgefühl zu produzieren, löst diese Szene nur Kopfschütteln aus. Lucas beweist sein Unvermögen, wenn es um Zuneigung, Emotionen geht. Die Dialoge haben die Qualität von Groschenromanen.

Ausatmen – aufatmen! Endlich, im zweiten Teil kehrt Lucas zu dem zurück, was die erste Trilogie ausgezeichnet hatte. Szenenwechsel: Anakin, Amidala und C-3PO geraten in die Mühlen der automatisierten Produktion – eine wirklich sehenswerte Szenenfolge. Auf dem Fliessband stampfen riesige Pressen, C-3PO, verliert im wahrsten Sinn des Wortes seinen Kopf der einem der dort hergestellten Kampfmaschinen aufgestülpt wird, Amidala fällt in einen riesigen Behälter. Die Kulisse erinnert an eine alte Eisengiesserei, die auf einen Planeten der Zukunft transferiert wurde. Nicht das Imperium schlägt zurück, nein, die industrielle Revolution versucht, ihre Kinder zu töten. Gedanken zu Chaplins „Moderne Zeiten“ (1936) und Fritz Langs „Metropolis“ (1927) sausen mir durch den Kopf, auch wenn die das besser konnten. Lucas verbindet geschickt und überzeugend Dramatisches und Komödiantisches. Ob diese Bezüge gewollt waren oder nicht, sei dahingestellt.

Auch die verschiedenen Flugobjekte des Films wirken fast schon anachronistisch, wie alte Blechbüchsen mit modernen Antriebssystemen, die durch die Zukunft rattern. Solche Szenen wirken wie ein Abgesang auf die industrielle und verdatete Welt, hergestellt mit ihren eigenen (digitalen) Mitteln.

Der Kampf Anakins, Amidalas und Obi-Wans in der römisch anmutenden Arena unter den Augen Count Dookus steigert Tragik und Komik auf die Spitze. Riesige Monstermaschinen, darunter ein bombastisches krebsähnliches Ungetüm und eine Art Saurier, machen den Helden das Leben schwer. C-3PO gerät ins Schwindeln: Sein Kopf hängt auf dem Körper eines gegnerischen Roboters, der Körper schiesst auf seine Freunde, was der Kopf nicht will. Er (?) verliert den Kopf im Kampf, der fällt neben seinen richtigen Körper, C-3PO fühlt sich „daneben“, R2-D2 setzt ihn wieder auf den richtigen Untersatz. Ein hochkomplizierter künstlicher Mechanismus gerät in eine schizoide Situation, die Programmierung durcheinander. Zwei Seelen wohnen ach, ja wo?

Doch der absolute Höhepunkt des Showdowns ist der Kampf Yodas gegen Dooku, der zu Recht den meisten Applaus des Publikums erhält. Yoda, der kleine unscheinbare, am Stock gehende Yoda, zeigt alles, was er hat, saust durch den Raum, kämpft mit dem Lichtschwert, als wenn er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht hätte, entwickelt ungeahnte Kräfte, vertreibt Dooku – und geht wieder am Stock.

Hayden Christensen ist wahrlich keine Neuentdeckung. Er füllt die Trivialität seiner Rolle voll aus – das ist allerdings wahr. Wie ein mässiger Amateur-Bühnenschauspieler streift er durch die Weiten des Alls. Schrecklich. Natalie Portman hat sicherlich mehr Fähigkeiten, doch das Drehbuch machte es ihr nicht gerade leicht. Ewan McGregor war mir zu blass; seine Rolle leidet zumeist auch unter den schlechten Dialogen. Auch Christopher Lee, der enttäuschte Jedi, der Böse, kann sich nicht auf die Weise entfalten, wie man das von ihm gewohnt ist. Ausgerechnet die Phantasiegestalt Yoda (Frank Oz) war das beste, was dem Film passieren konnte.

Es bleibt ein äusserst zwiespältiger Eindruck. Insgesamt war Episode 2 für mich ein enttäuschendes Ereignis – trotz der besseren zweiten Stunde des Films und besonders des Showdowns. Vielleicht wäre es ratsamer gewesen, Lucas hätte die Regie einem anderen überlassen. Trotz des enormen Aufwands an (digitaler) Technik und special effects hinterlässt der Film nicht den Eindruck, etwas besonders Neues geschaffen zu haben. Die Saga ist – ohne es zu wollen – auf den kritischen Boden der Realität zurückgefallen. Lucas bewegt sich auf dem Glatteis seiner eigenen Träume: Es gibt in dem Epos keine wirklichen Helden mehr. Sie sind oft nicht mehr als eine Karikatur ihrer selbst. Daran können die spannendsten Szenen von Episode 2 nichts ändern. „Das Imperium schlägt zurück“, die Saga schlägt ihrem Erfinder ein Schnippchen.

Ulrich Behrens

Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger

USA

2002

-

142 min.

Regie: George Lucas

Drehbuch: George Lucas, Jonathan Hales

Darsteller: Hayden Christensen, Ewan McGregor, Natalie Portman

Produktion: Rick McCallum

Musik: John Williams

Kamera: David Tattersall

Schnitt: Ben Burtt, Paul Martin Smith