Stanley Kubrick (1928-1999) Der kritische Aufklärer
Kultur
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.” (1)


Stanley Kubrick, 2002. Foto: Etrance99 (CC BY-SA 4.0 cropped)
Um das Gute durchzusetzen, ist jedes Böse als Mittel erlaubt. Was das Gute ist, definiert der, der die Herrschaft inne hat. Robespierre hat Nachfolger gefunden. Das 20. Jahrhundert schlägt – im Angesicht der Gasöfen wie des Stalinschen Gulag – allen Aufklärern wie Kant ins Gesicht, ja die grossen, verbrecherischen Ideologien dieses Jahrhunderts verunstalten das Gesicht der Humanität und den Glauben an den all selig machenden technologischen Fortschritt.
Die kritische Position, die ein Regisseur wie Stanley Kubrick (1928-1999) gegenüber dem Fortschrittsgedanken filmisch geltend machte, wird nirgends so deutlich wie in seinem Film „2001: A Space Odyssee”. Kubricks Gesamtwerk ist geprägt von diesen Zweifeln an einer humanitären Läuterung nach Holocaust, Atombombe und Stalinismus. „2001: A Space Odyssee” ist zugleich ein Abgesang auf die Zivilisation wie ein Fragenkatalog, den niemand beantworten kann.
Und doch ist Kubrick selbst Aufklärer, einer, der den Finger in die Wunden der Zivilisation legt – in wahrhaft opulenten Bildern (vor allem in „Barry Lyndon”) und angstvollen Blicken hinter den Verstand und die Vernunft und hinter die Mythen der Neuzeit. Kubricks aufklärerische Position ist jedoch nicht die eines Regisseurs, der alles beantwortet; Kubrick blieb zeit seines Lebens Fragender.
(1) Immanuel Kant. Es heisst dort weiter: „Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschliessung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so grosser Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein” (aus: Immanuel Kant: Was ist Aufklärung? 1794).
06.01.2015
- Nach 2001: Odyssee im Weltraum liegt mit Uhrwerk Orange ein weiterer Science-Fiction-Film von Stanley Kubrick vor.
mehr...05.08.2018
- Sciencefiction ist mehr als „Star Wars“. „2001: A Space Odyssey“ ist der schlagende Beweis.
mehr...28.04.2020
- „Der Tiger von New York” ist eine besonders eigenwilliges Beispiel für einen film noir, in dem Kubrick bereits einige der Elemente seiner spezifischen Art und Weise, Filme zu drehen, offenbarte.
mehr...Podcasts zum Artikel
23.03.2015 - Am 18.03.2015 war Frankfurt in einer Art Ausnahmezustand. Blockupy rief zu Protesten an dem Tag auf, an dem die EZB in einer Zeremonie ihren Neubau einweihte.
19.07.2022 - Kant nannte es Aufklärung, Hannah Arendt nannte es Denken ohne Geländer, gemeint ist bei beiden ein Denken, das eigenständig, kritisch und frei ist.
Mehr auf UB online...
08.12.2023
- Die westlichen Leitmedien, nicht zuletzt durch den [...] mehr...06.12.2023
- Am 8. April 2023 wurde in Rümlang von Aktivist*innen ein Waldstück besetzt - mit dem Ziel, die Rodung von 11 [...] mehr...