Rezension zum Hollywood-Film On The Road – Unterwegs

Kultur

Ein eigenständiger Klassiker ist «On the Road – Unterwegs» damit nicht geworden, dafür bleibt er über weite Strecken dann doch zu gefällig und auch irgendwo langweilig.

Slim Gaillard-Tickets und Benzedrin - Requisiten aus dem Film «On the Road – Unterwegs».
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Slim Gaillard-Tickets und Benzedrin - Requisiten aus dem Film «On the Road – Unterwegs». Foto: Prosopee (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

9. September 2014
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4 min.
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Eine entspannte Fahrt über die endlos weiten Strassen der USA statt rastloser Rausch. Solide ist der Roadmovie aber schon, vor allem dank seiner schönen Bilder und der soliden Schauspieler.

Wenn Bücher zu Bestsellern werden und über Jahre hinweg neue Anhänger gewinnen, liegt ein Gedanke nahe: Lasst uns einen Film draus machen und richtig viel Geld verdienen! Umso verwunderlicher, wenn genau dies nicht passiert. In einigen Fällen mögen es die Autoren sein, die sich gegen eine kommerzielle Zweitverwertung wehrten. Oft hat es aber auch inhaltliche Gründe, sind die Geschichten zu komplex oder zumindest anspruchsvoll konstruiert.

Auf On the Road trifft weder das eine noch das andere zu. Auch wenn dessen Autor Jack Kerouac sich zunehmend schwer tat, als Beatnik-Leitfigur herhalten zu müssen, spätestens seit seinem Tod 1969 stand einer Verfilmung eigentlich nichts im Wege. Und auch der eher spärliche Inhalt – eine Gruppe Jugendlicher fährt quer durchs Land, trifft Leute, feiert kräftig – spricht nicht unbedingt gegen einen Sprung auf die Leinwand. Im Gegenteil: Vor allem die ausgedehnten Fahrten durch die abwechslungsreichen Landschaften der USA sind geradezu dafür geschaffen, im Grossformat gezeigt zu werden. Und eines vorweg: Die schönen Landschaftsaufnahmen gehören tatsächlich zu den Höhepunkten des Filmes.

Das ist gleichzeitig aber auch ein Problem von On the Road – Unterwegs, denn das Buch sollte sicher vieles sein, aber eben nicht „schön“. Natürlich, ganz fair ist der Vergleich zwischen Buch und Film nicht. Als Kerouac 1957 seinen stark autobiografisch gefärbten Roman veröffentlichte, waren die Moralvorstellungen noch andere. Jugendliche, die Drogen nehmen, Autos klauen und recht wahllos mit anderen ins Bett steigen, war seinerzeit noch weitaus skandalöser, als es heute der Fall ist. Insofern hätte der Film schon recht drastische Mittel auffahren müssen, um heute noch schockieren zu können. Dennoch würde man sich wünschen, dass der über zwei Stunden lange Film manchmal etwas mutiger oder überraschender in seiner Inszenierung wäre.

Die eigentliche Schwierigkeit – und damit vermutlich der Grund, warum die Verfilmung so lange auf sich warten liess – liegt nämlich in der eigentümlichen Erzählweise des Buches. Impressionistisch, episodenhaft, zu keinem Zeitpunkt vergessen wir dort, dass wir uns in der Sinnes- und Gedankenwelt von Erzähler Sal Paradise (Sam Riley) befinden. Und die ist nun mal alles andere als gradlinig. Davon bleibt bei der Umsetzung durch Walter Salles nur wenig zurück, der Blick erfolgt hier, diversen Monologen zum Trotz, nur von aussen, ist eher nüchtern.

Zwar prallen auch im Film Episoden unvermittelt aufeinander, tauchen Personen urplötzlich auf, um dann wieder zu verschwinden, aber das sorgt eher für Verwirrung, weniger für Rasanz und das Gefühl von Rastlosigkeit. Nur hin und wieder, etwa als Sal und Dean Moriarty (Garrett Hedlund) in Mexiko um die Häuser ziehen, wird das Gefühl eines Rausches mit schnellen Schnitten glaubhaft vermittelt.

Dafür ist das Ganze durchaus ansprechend gespielt. Vor allem Neuling Garrett Hedlund als Dean gefällt. Er mag zwar ein wenig zu gut und zurechtgemacht aussehen, um tatsächlich als wild durchzugehen, punktet aber durch seine unbestreitbare Präsenz und Charisma, das Gefühl der Unberechenbarkeit. Lobenswert auf jeden Fall, dass der Versuchung widerstanden wurde, ihn oder die anderen Hauptfiguren mit den üblichen Publikumsmagneten zu besetzen. Gerade bei Figuren, die so viel Wert darauf legen, mit Konventionen zu brechen, wären etablierte Stars sicher etwas fehl am Platz gewesen. Bekannte Gesichter gibt es aber dennoch genügend: Unter anderem treten Kirsten Dunst, Steve Buscemi, Amy Adams und Viggo Mortensen in Nebenrollen auf und erledigen ihre Aufgaben gewohnt souverän.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

On the Road – Unterwegs

USA, Frankreich

2012

-

140 min.

Regie: Walter Salles

Drehbuch: Jose Rivera

Darsteller: Sam Riley, Garrett Hedlund, Tom Sturridge

Produktion: Patrick Batteux, Arpad Busson, Leticia Cristi

Musik: Gustavo Santaolalla

Kamera: Éric Gautier

Schnitt: François Gédigier