Als Diego Ángel fragt, ob er homosexuell sei, weiss sich Ángel dieses Eindrucks nicht anders zu erwehren, als zu versuchen, Diegos Geliebte Eva (Eva Cobo) an einer Strassenecke zu vergewaltigen. Er stellt sich dem Kommissar (Eusebio Poncela) und gesteht den Vergewaltigungsversuch. Doch Eva und ihre Mutter (Chus Lampreave) erstatten keine Anzeige. Daraufhin gesteht Ángel vier Morde, um seinen schon krankhaften Wunsch nach Bestrafung zu befriedigen.
Die Polizei glaubt ihm nicht, bis Ángel dem Kommissar im Garten von Diego eine Stelle unter giftigen Pilzen zeigt, an der zwei ermordete Frauen gefunden werden. María Cardenal übernimmt Ángels Verteidigung. Die Polizeipsychologin Julia (Carmen Maura) glaubt nicht an Ángels Schuld.
So lernen sich María und Diego kennen und spüren innerlich, dass der beiderseits vorhandene Todestrieb, verbunden mit sexuelle Erregung, sie miteinander verbindet. Diego löst seine Verlobung mit Eva. Er und María kommen sich langsam, absichtlich vorsichtig von ihrer Seite aus, absichtlich drängend von ihm aus, immer näher. Es bahnt sich eine Tragödie an, die vor allem Ángel voraussieht, die aber er, Julia, der Kommissar und Eva nicht mehr verhindern können ...
Inszenierung
»Matador« war ein bei der Kritik wenig Begeisterung auslösender Film. Das spanische Publikum dagegen urteilte anders. Almodóvar geht in diesem Streifen tatsächlich einen etwas ungewohnten Weg. Die Geschichte, die Handlung selbst ist der Idee des Films so gut wie völlig untergeordnet. Die Personen stehen letztlich nur symbolisch für seine Fragestellung bzw. seine Idee, seine Hypothese über den Tod. Der Zuschauer könnte sich mit bedingungslosen, realistisch konstruierten Mördern kaum identifizieren. Almodóvar geht es nicht um diese Personen, sondern um seine Suche danach, was der Tod eigentlich ist, was er für das Leben bedeutet. Er verfolgt die Frage, ob der Tod etwas mit sexueller Lust zu tun, ob er sozusagen der höchste sexuelle Genuss sein könnte.Trotzdem enthält auch »Matador« wieder eine vollständige Verschränkung verschiedener Handlungsebenen, ein dichtes Beziehungsgeflecht, in das alle Personen einbezogen sind, ohne es von Anfang zu wissen, komödiantische Elemente wie in den beiden so gegensätzlichen Müttern Chus Lampreave, die für Lebenslust, Unkompliziertheit und Spontaneität, und Julieta Serrano, die für die kastrierende Mutter, die ihren Sohn einzwängt, psychisch krank gemacht hat, stehen. Der Stierkampf, der laut Almodóvar für viele Spanier wichtiger sei als die Religion, repräsentiert ebenfalls nur das Thema von »Matador«. Alle dramatischen, konstruktiven, teilweise auch komödiantischen Effekte und Stilmittel sind auch in diesem Film vorhanden, aber dieser Suche nach der Bedeutung des Todes untergeordnet.
Insofern ist »Matador« tatsächlich ein abstrakter Film, ein Film der – von realen Handlungen und realistischen Personen gelöst, die nur als Kontext, fast als Hülle dienen – ein Verständnis für eine Gefühlswelt schaffen will, in der Todestrieb und Sexualtrieb im Zentrum stehen. Diese Idee, diese Hypothese ist über die wiederum minutiös konstruierte Handlung ebenso intensiv konstruiert.
Almodóvar meinte selbst, er sei zu keinem schlüssigen Ergebnis gelangt, er habe keine tiefere Einsicht in den Tod erhalten; es sei nutzlos gewesen und er sei nur zu einer Art Theorem gelangt: »Man könnte dieses so formulieren: Wenn man von einem ausserordentlichen Vergnügen träumt und das Leben es einem anbietet, dann muss man, um es zu erlangen, und Wirklichkeit werden zu lassen, auch bereit sein, einen ausserordentlichen Preis zu bezahlen. Das fasst die Geschichte, die der Film erzählt, recht gut zusammen.« [1]
Fazit
»Matador« ist ein sehr schwer zugänglicher Film, da er von einem sehr, sagen wir, überproportional-egoistischen Interesse Almodóvars ausgeht, seiner Frage nach dem Tod, den er nicht als Teil seines Lebens betrachten kann. Symbolik, Idee, funktionalisierter Handlung und instrumentalisierter Personen ist der Betrachter schonungslos ausgeliefert. Wer einige seine anderen Filme nicht gesehen hat, wird sich mit »Matador« noch schwerer tun. Der Film ist derart abstrakt – das heisst von realistischer Handlung und wirklichen, lebendigen Personen, die nach Mit-Leiden schreien, befreit – auf eine Idee abgestellt, dass auch der Zugang über eine emotionale Identifikation mit der Mentalität der Mörder, um damit der Idee des Todes näher zu kommen, nicht gerade leicht fällt.Andererseits trügt der Schein, denn Identifikation bedeutet ja nicht unbedingt positive Bezugnahme. Wenn María und Diego im ekstatischen Selbstmord ihre höchste Befriedigung empfinden, ist das Leben zu Ende – aber nur für sie. Ich empfand gerade diesen Schluss des Filmes – der sich übrigens schon zu Beginn ankündigt – als eine abstossende Angelegenheit, nicht in einem moralischen, ethischen, zwischenmenschlichen Sinne, oder im Sinn des Mitleids mit den beiden Toten; »Matador« ist kein Film des Mitleids, sondern der Idee. Abstossend im Sinne von Empörung gegen den Tod und von Lust am Leben.
So schliesst sich, wenn man einen Zugang zu einem solchen Film bekommt, in gewisser Weise ein Kreis. Am Ende steht die Lust am Leben und nicht die Idee des Todes.