Der Schatz der Sierra Madre Der schimmernde Abgrund

Kultur

„Der Schatz der Sierra Madre“ gilt zwar als grosser Klassiker des Abenteuergenres, ist aber vielmehr ein bitterer Blick auf menschliche Abgründe.

Der US-amerikanische Schauspieler Walter Huston spielt in dem Film die Rolle von Howard.
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Der US-amerikanische Schauspieler Walter Huston spielt in dem Film die Rolle von Howard. Foto: The New Movie Magazine (PD)

26. Mai 2023
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Der Traum vom Gold wird einem Trio, aber auch anderen Leuten zum Verhängnis. Während das Glück vom Wind verweht wird, bleibt nur das Leid und die Erkenntnis der Sinnlosigkeit.

1925 in der mexikanischen Stadt Tampico: Mit wenig Perspektiven, dafür umso mehr Hartnäckigkeit betteln sich die beiden US-amerikanischen Landstreicher Dobbs (Humphrey Bogart) und Curtin (Tim Holt) durch die Gegend, halten sich nur mühselig über Wasser. Als sie von dem Bauunternehmer Pat McCormick (Barton MacLane) einen Tagelöhner-Job erhalten, greifen sie dann auch zu – nur um später festzustellen, dass er sie um ihr Geld betrügen will. Als sie es doch noch erhalten, Dobbs zudem bei einer Lotterie gewinnt, schliessen sie sich mit dem alten Howard (Walter Huston) zusammen, einem früheren Bergmann, der ihnen von reichen Goldvorkommen in der Sierra Madre berichtet. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, in der Hoffnung auf ein grosses Vermögen – ohne zu ahnen, worauf sie sich dabei einlassen werden …

Ein preisgekrönter Klassiker

Natürlich hat es im Laufe der Filmgeschichte viele bedeutende Regisseure und Regisseurinnen gegeben. Doch kaum jemand war so legendär wie John Huston, der so grosse Klassiker wie Denen man nicht vergibt und African Queen gedreht hat. Umso erstaunlicher ist seine vergleichsweise magere Ausbeute bei den Oscars. Zwar war er insgesamt 15 Mal nominiert. Am Ende gewann er jedoch nur zwei, beide für Der Schatz der Sierra Madre. So wurde er für das Westernabenteuer für die beste Regie und das beste Drehbuch ausgezeichnet. Und noch ein Preis ging an seine Familie: Johns Vater Walter, der in dem Film die Rolle des alten Bergarbeiters Howard spielt, erhielt zusätzlich einen Oscar als bester Nebendarsteller.

Ob nun Der Schatz der Sierra Madre wirklich der beste Film des Meister-Regisseurs ist, darüber kann man sich streiten. Er gehört aber auf jeden Fall zu seinen Werken, die den grössten Eindruck hinterlassen. Natürlich hat es viele andere Geschichten gegeben über Männer, die dem Goldrausch erliegen und bei der Suche nach Reichtum viel aufgeben müssen. Doch die Adaption des 1927 veröffentlichen Romans The Treasure of the Sierra Madre von B. Traven ist so bitter, dass einen im Anschluss auch der grösste Goldschatz kaum noch optimistisch stimmen kann. Geld verderbe den Charakter, heisst es immer mal wieder. Huston machte daraus ein zweistündiges Drama, welches von unnötigem Leid erzählt. Von Männern, die einen grossen Traum hatten und dabei alles verlieren: das Leben, Freundschaft, letztendlich auch den Reichtum.

Der schimmernde Abgrund

Schon der Einstieg macht wenig Hoffnung, wenn wir erst beim Betteln zusehen, später beim Streiten. Noch bevor die eigentliche Geschichte begonnen hat, zeigt uns Huston eine Welt, in der die Leute erst einmal nur an sich selbst denken. Für eine kurze Weile lässt uns Der Schatz der Sierra Madre dann im Glauben, dass es besser werden kann, zeigt eine Kameradschaft um drei Männer, die ihrem Traum vom Glück nahezukommen scheinen. Doch je näher sie kommen, umso stärker ist das Schimmern des Goldes mit Abgründen verbunden. So nehmen die Gefahren zu, sei es bei der Goldsuche selbst oder durch andere, die ihre Schätze wollen. Doch die grösste Gefahr lauert in ihnen selbst, als das anfängliche Band immer stärkere Risse aufweist, Misstrauen und Gier Besitz ergreift.

Der Schatz der Sierra Madre ist deshalb auch weniger ein Film über eine Goldsuche und die Abenteuer, die dabei erlebt werden. Stattdessen geht es in erster Linie um die Menschen und was das mit ihnen anrichtet. Da sind einige tieftraurige bis erschütternde Momente dabei. Und wenn dann doch einmal gelacht wird, im Angesicht der Sinnlosigkeit, kann man gar nicht sagen, ob dies nun Ausdruck von Weisheit oder Wahnsinn sein soll. Gerade die Schlussszenen halten eindrucksvoll fest, wie zwecklos das gesamte Unternehmen war, welches den drei, aber auch anderen nur Leid brachte. Das Glück ist flüchtig, wird wortwörtlich vom Wind verweht, wer noch da ist, steht mit leeren Händen da.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Der Schatz der Sierra Madre

USA

1948

-

121 min.

Regie: John Huston

Drehbuch: John Huston

Darsteller: Humphrey Bogart, Walter Huston, Tim Holt

Produktion: Henry Blanke für Warner Brothers

Musik: Max Steiner

Kamera: Ted McCord

Schnitt: Owen Marks

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.