Einer der produktivsten Filmregisseure
„Danke, Claude Chabrol, wir danken Dir für dein Kino“, erklärte am Sonntag kurz nach der Todesmeldung Christophe Girard, der Sprecher des Pariser Bürgermeisters.„Triumphe sind der Tod eines Filmemachers“, hatte Chabrol kürzlich noch erklärt. Für ihn schien das nicht zuzutreffen. Er feierte zahlreiche Triumphe, wurde als einer der grössten Cinéasten gelobt und blieb während 40 Jahren einer der produktivsten Regisseure.
Nicht alle seine Filme sind Meisterwerke. Die intensivste und vielleicht beste Schaffensperiode hatte Chabrol Ende der Sechzigerjahre. Einer seiner besten Filme ist „Le boucher“ (1970). Sein letzter Kinofilm war „Bellamy“, der 2009 auf der Berlinale gezeigt wurde.
Chabrol wurde am 24. Juni 1930 als Sohn eines reichen Apothekers geboren. Er wuchs im Limousin in Zentralfrankreich auf. Schon früh begeisterte er sich für den Film und gründete mit 13 Jahren einen Filmclub.
Gegen das verkrustete Kino
Bald schon war er Kritiker der damaligen Kultzeitschrift „Cahiers du cinéma“. Sie war das Sprachrohr der „Nouvelle Vague“ – jener Bewegung, die sich gegen das alte, verkrustete Kino wandte. Stark beeinflusst wurde sie von Alfred Hitchcock. Massenproduktionen waren verpönt, jetzt hörte man erstmals das Schlagwort vom Cinéma d'auteur, dem Autorenkino. Zum harten Kern der „Nouvelle Vague“ gehörten neben Chabrol auch François Truffaut, Eric Rohmer, Jacques Rivette sowie Jean-Luc Godard.Chabrols Karriere hatte in der Schweiz begonnen: am Filmfestival von Locarno. Dort stellte er 1958 seinen ersten Film vor, nachdem dieser nicht ins offizielle Programm von Cannes aufgenommen worden war: "Le beau Serge" erregte in Frankreich schnell Aufmerksamkeit.
Chabrol nannte sich selbst einmal einen "zynischen Moralisten". Warum er immer bemüht sei, die doppelte Moral der Bourgeosie zu entlarven, könnten wohl einzig die Psychiater herausfinden, sagte er.
Chabrol war nicht nur in seinen Filmen oft witzig. Immer wieder mokierte er sich auch über Journalisten, Filmkritiker und Kulturschaffende. Auch liess er Legenden über sich verbreiten, von denen einige stimmen, andere nicht. So hiess es, seine Drehorte lägen immer dort, wo sich speziell gute Restaurants in der Nähe befänden. Ob dies stimmt oder nicht: sicher war Chabrol ein leidenschaftlicher Gourmet und Geniesser der besten Weine.
Bekennender Kommunist
Zuletzt schuf er für das Fernsehen einen Zweiteiler „Au siècle de Maupassant“, Erzählungen aus dem 19. Jahrhundert. Auf der Berlinale 2009 war Chabrol für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Chabrol blieb bis zu seinem Tod ein bekennender Kommunist. Ständig hatte er eine Pfeife im Mund und wurde 1989 zum „Pfeifenraucher des Jahres“ gewählt.Bekannte Filme von Chabrol sind : « La fille coupée en deux“ (2007), "L'ivresse du pouvoir" (2006), "La fleur du mal" (2003), "Merci pour le chocolat" (2000), "Au coeur du mensonge" (1999), "La cérémonie" (1995), "L'enfer" (1994), "L'œil de Clichy" (1993), "Jours tranquilles à Clichy" (1990), "Une affaire de femmes" (1988), : "Le cri du hibou" (1984), "Poulet au vinaigre" (1985), "Le cheval d'orgueil" (1985), "Les liens de sang" (1978), "Folies bourgeoises" (1976), "Une partie de plaisir" (1975), "Les noces rouges" (1973), "Docteur Popaul" (1972), : "Juste avant la nuit" (1971), "La rupture" (1970), "Le boucher" (1970), "Que la bête meure" (1969), "La femme infidèle" (1969), "Les biches" (1968), "La route de Corinthe" (1967), : "Le scandale" (1967), "Le tigre se parfume à la dynamite" (1965), "Marie-Chantal contre le docteur Kha" (1965), "Le tigre aime la chair fraiche" (1964), "Les plus belles escroqueries du monde" (1964), "L'oeil du malin" (1962), : "Les bonnes femmes" (1960), « Le beau Serge » (1958).
Stichtwort: Nouvelle Vague
Chabrol gehörte zu den Gründern der Nouvelle Vague, die Ende der Fünfzigerjahre entstand und dann in den Sechzigerjahren wichtige Filme hervorbrachte. Zu den bekanntesten gehören: „Hiroshima, mon amour“ von Alain Resnais, (1959), "Les Quatre cents coups" ( François Truffaut, 1959), "À bout de souffle" ( Jean-Luc Godard, 1960), "L'année dernière à Marienbad" (Alain Resnais, 1961), "Jules et Jim" (François Truffaut, 1961), "Pierrot le fou" (J.-L. Godard, 1965), "Ma nuit chez Maud" (Éric Rohmer, 1969).Die Regisseure verliessen die Filmstudios und begannen mit leichteren Kameras und ohne Kunstlicht zu drehen. Vorbilder waren neben Hitchcock Roberto Rossellini und Jean Renoir. Einfluss hatte auch der italienische Neorealismus.
Die Regisseure filmten nicht mehr nur das ab, was ihnen Drehbuchautoren vorlegten, sondern schrieben selbst die Szenarien. Die Regisseure waren selbst die Autoren. Publizistisch wurden sie von den Cahiers du Cinéma gefördert.