Der alltägliche Geschäftsgang gibt solchen Ge-/Verboten Sinn
Die Formeln in der Sphäre der wohlklingenden Absichten zeigen noch in jedem Detail ihre harsche Grundlage: Wo es um Reichtumsvermehrung und dazu geeignete Geschäfts- modelle geht, wo sich Arbeit für Lohn für denjenigen lohnen muss, der Arbeit einkauft (sonst kommt sie gar nicht zustande) ist Be- und Ausnutzen alltäglich. Aber bitte nur bis knapp vor die Menschenwürde! Der arbeitende Würdenträger darf frei wählen, ob er Fussball oder Schrebergarten bevorzugt, ob er den lieben oder einen anderen Gott anbetet, solche grossartigen Freiheiten stehen ihm zur Verfügung ... nach der Schicht! Denken und meinen darf er was er will, aber bitteschön auch bloss denken und meinen! Was gilt, das legen andere fest und wer zu unnachgiebig auf seiner noch so bescheidenen Meinung beharrt, dem droht womöglich die Gleichheit vor dem Gesetz.Sich gegenseitig ausnutzen … immer! Aber nur bis zur Gürtellinie!
Wer über Eigentum verfügt, darf damit nach seiner Massgabe verfahren und es mehren. Andere Leute, die nicht in dieser verantwortungsvollen Lage sind, müssen sich dafür verdingen, was sollten sie auch sonst tun? Genug von dieser Spezies gibts allemal, denn Reichtumsvermehrung führt notwendig zu ihrem Gegenstück, der Vermehrung von Bedürftigkeit bei denjenigen, die sich dafür krummlegen. Würdelos darf es dabei aller- dings keinesfalls zugehen, sondern rechtmässig mit allen Regeln, die dem Arbeitgeber vorschreiben, bis wohin er gehen darf und dem Lohnarbeiter, was er sich gefallen lassen muss.Was bedeutet das?
Solange der grösste Teil der Gesellschaft darauf angewiesen ist, sich für den Lohn zu verdingen, den ihnen die andere Seite gewährt, d.h. für sich als rentabel erachtet, braucht es eine Gewalt, die im Sinne eines Fortbestands dieser Produktionsweise festlegt, wie weit die Ausnutzung gehen darf.Solange sich der grösste Teil der Gesellschaft darauf verpflichten lässt, sein Heil in dieser bescheidenen Form des Daseins zu suchen, braucht er Gesetze, die wenigstens dafür sorgen, dass er sein Los in Würde als Entfaltung seiner Persönlichkeit versteht.
Erst wenn der grösste Teil der Gesellschaft nicht weiter bereit ist, den Reichtum der anderen zu mehren und darin seine eigene armselige Existenz zu entfalten, erst wenn er mit vereinten Kräften seine Belange in die eigenen Hände nimmt, wird sich daran etwas ändern. Ob dann eine Menschenwürde ein so wertvolles Gut bleibt, das eine Obrigkeit mit Gewalt schützen muss, das wird sich zeigen.