Seit China Anfang 2018 die Importvorschriften verschärft hat, geht das nicht mehr. Andere asiatische Länder wehren sich gegen Müllimporte. Die nächsten Empfänger europäischen Mülls könnten osteuropäische Deponien werden.
Die Lager für Papier- und Plastikabfall sind voll
Nur zwei Monate nach der Änderung kämpfe die EU mit Altpapierbergen, schreibt das Magazin «Politico». «Alle Sortierzentren sind blockiert. Unsere Altpapierbestände überschreiten die erlaubten Grenzen», zitiert es Pascal Gennevieve, Leiter des Papierrecyclings bei Federec, dem Verband der französischen Recycler, und Leiter des Recyclings beim französischen Abfallwirtschaftsgiganten Veolia. «Alle europäischen Werke sind voll», sagt er.Altpapier und -karton aus den meisten europäischen Ländern genügen den verschärften chinesischen Reinheitsanforderungen nicht mehr. Beim Plastikmüll sieht es nicht besser aus. 56 Millionen Tonnen Papier wurden in 2016 in der EU weggeworfen, ein Siebtel davon wurde nach China exportiert. Von den 8,4 Millionen Tonnen Plastik war es mehr als ein Fünftel.
Die chinesische Mittelschicht hat genug von Smog und Müll
Müllreduktion ist auf der chinesischen Prioritätenliste nach oben gewandert, denn die wachsende chinesische Mittelklasse pocht zunehmend auf saubere Luft und unvermüllte Landschaft. Mit einer Umwelt-Agenda will China Recycling-Weltmeister werden.Die EU-Länder sind vom Importstopp unterschiedlich schwer betroffen. Die Niederlande, wo Müll aufwendig getrennt wird, haben kaum Probleme, den sortenreinen Müll zu verkaufen. Andere Länder wie Griechenland, Grossbritannien, Rumänien und Malta, wo Glas, Papier, Metall und Plastik im selben Sack gesammelt werden, schon. Irland ist bei der Verwertung von Plastikmüll fast vollständig von China abhängig.
Eine Chance für besseres Müllmanagement – aber das kann dauern
Der beginnende Müllnotstand ist eine Gelegenheit für die EU, eine möglichst weitreichende Kreislaufwirtschaft einzuführen und vor allem Plastikmüll zu reduzieren. Sei es über eine Plastiksteuer, durch Anreize zur Verwendung von Recycling-Plastik oder durch technische Verbesserungen im Wiederverwertungsprozess.Besonders die britische Abfallwirtschaft hofft zudem auf eine schnelle Reaktion ihrer Regierung. Sie befürchtet, dass Grossbritannien nach dem Brexit in EU-Länder nicht mehr exportieren darf. Nach der im Januar angekündigten Plastikstrategie der EU sollen bis 2030 alle Plastikverpackungen rezyklierbar oder wiederverwendbar sein.
Südostasien will nicht zur globalen Müllkippe werden
Nur – bis dahin ist es noch lange hin. Bilder von Müllbergen auf den Strassen wird es in den Medien deshalb nicht geben. Europa, die USA und Australien suchen sich derzeit neue Exportziele. Provisorische Daten des «Bureau of International Recycling» (BIR) zeigen, dass Müllimporte nach Malaysia sich in 2017 mehr als verdoppelt haben. Eine ähnliche Entwicklung gibt es in Vietnam, Thailand, Indonesien und Indien.Zwei dieser Länder haben bereits reagiert: Malaysia verlangt seit vergangenem Jahr eine Importlizenz für Plastikmüll, um nicht zur «globalen Mülldeponie» zu werden, hat aber Probleme, die Regulierung durchzusetzen. Vietnam stellt seit Januar keine Müll-Importlizenzen mehr aus.
Zusammen ging nur eine halbe Million Tonnen Plastikmüll aus der ganzen Welt in südoasiatische Länder. Das ist etwa ein Drittel der Menge, die allein Europa zuvor nach China exportiert hat. Ein Teil des verbleibenden Plastikmülls wird verbrannt, aber die Müllverbrennungsanlagen stossen an ihre Grenzen, weil sie auf einen grossen Anteil an Plastikmüll nicht ausgelegt sind.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Wo bleibt der Rest? Einige Länder wählen eine günstigere Option: Deponieren. Eine EU-Direktive vom Dezember 2017 erlaubt es EU-Ländern ab 2035 nur noch zehn Prozent des Siedlungsmülls zu deponieren. Doch für Länder wie Estland, Bulgarien, Griechenland, Zypern, Malta, Rumänien und die Slowakei, die 2014 mehr als die Hälfte davon deponiert haben, endet die Frist erst 2040. Plastik kann also noch lange weiter nach Osten wandern – statt nach China, Malaysia und Vietnam nach Osteuropa.«Bulgarien könnte die Müllhalde Europas werden», befürchtet Ella Stengler, Direktorin des CEWEP-Verbands für Abfallenergie-Anlagen. Im ärmsten Land der EU, das 2014 ganze 82 Prozent seines Mülls auf Deponien gekarrt hat, kostet Deponieren nur sehr wenig. «Müll findet immer den günstigsten Weg», sagt Stengler.