Kampf der Giganten
Die Weltbevölkerung und ihr Nahrungsmittelkonsum wachsen – wächst damit auch die Anzahl der im Nahrungsmittelbereich tätigen Firmen? Das Gegenteil ist der Fall: Konzerne kaufen kleinere Firmen und steigern so Marktanteile und Macht.Firmen können damit die Preise, Geschäftsbedingungen und zunehmend auch die politischen Rahmenbedingungen diktieren. Vieles, was wir im Norden verbrauchen, wird billig im globalen Süden produziert.
Die Gewinne erzielen wenige überwiegend im Norden beheimatete Unternehmen. Die grossen Verlierer sind die Plantagenarbeiter und Kleinbauern im Süden als schwächste Glieder der «Wertschöpfungskette». In keiner anderen Bevölkerungsgruppe ist Hunger so verbreitet. Die Ökosysteme werden mehr und mehr zerstört.
Wir berichten über den Konzentrationsprozess in der Nahrungsmittelbranche und zeigen, dass die Industrialisierung und Konzentration in diesem Sektor in eine Sackgasse führt. Nachhaltige Landwirtschaft basiert auf Kleinbauern und regionaler Produktion.
Hohe Konzentration in wenigen Jahren
1996 hielten die zehn grössten Unternehmen der Saatgutindustrie einen Marktanteil von unter 30 %. Heute kontrollieren die drei grössten Unternehmen über 50 % des Marktes. Das Saatgut wurde in vielen Fällen teurer. Die drei Marktleader beim Saatgut sind allesamt auch führende Pestizidverkäufer.Die Mächtigen beherrschen die Kette
Bauern werden von den Konzernen unter Druck gesetzt. Einerseits durch niedrige Abnahmepreise bei Soja, Weizen und Mais, andererseits durch hohe Preise für Saatgut, Pestizide, Energie, Dünger und Futtermittel.Die RekordNahrungsmittelpreise 2008 führten daher bei Konzernen zu höheren Gewinnen und nicht bei Bauern, die die Risiken sowie negative Preisschwankungen tragen müssen.
Wer verdient?
Zum Beispiel: Vietnamesische Aquakulturfarmer produzieren Pangasius-Fisch, der in Europa etwa 10 USD pro Kilo kostet. Der Farmer erhält davon 1 USD. Nach Abzug der Produktionskosten beträgt der Verdienst 10 Cent je Kilo. Dabei tragen die Farmer die Risiken in der Aquakultur, wie Fischkrankheiten und Wetterprobleme; viele sind verschuldet.Die Kette im Griff
Zusätzlich zur horizontalen Konzentration, bei der ein Unternehmen grosse Marktanteile beherrscht, breitet sich bei der vertikalen Integration ein Unternehmen in die vor und nachgelagerten Bereiche aus. Dabei geht es weniger um eine Verteilung der Geschäftsrisiken über mehrere Branchen, sondern vor allem um die Kontrolle der Wertschöpfungskette und den Zugriff auf billige Rohstoffe.Wertschöpfungskette statt Nährstoff- und Energiekreislauf
Was früher im Sinne einer Kreislaufwirtschaft auf dem Hof produziert wurde – Saatgut, Jungtiere, Futtermittel, Dünger – ist heute eine industrialisierte und globalisierte «Wertschöpfungskette» für Nahrungsmittel und Agrotreibstoffe mit negativen Folgen für Böden, Wasser, Klima, Tierschutz und Gesundheit.Lobby statt Wettbewerb

Bild: Agropoly von EvB
Mit Erfolg: Bei Nahrungsmittelstandards, Zulassungen von Pestiziden oder Gentechsaatgut, Handelsabkommen oder der Agenda der öffentlichen Forschung können sie ihre Interessen oft durchsetzen.
Der Welthandel dominiert die Preise
Auf die Preise hat der globale Handel dennoch massiven Einfluss. Im Börsenhandel wird mit einem Mehrfachen der realen Menge spekuliert. Mais und Soja rangieren gleich nach dem Rohöl.Was kann ich als KonsumentIn tun?
Es ist für KonsumentInnen kaum möglich, den Überblick über die Wertschöpfungskette unserer Nahrungsmittel zu bewahren. Als die EvB 2010 die Schweizer Detailhändler fragte, ob sie wüssten, mit welchem Saatgut die Früchte und Gemüse in ihrem Sortiment produziert werden, haben alle unisono verneint.Wenn jedoch nicht einmal die Supermärkte über die Herkunft der Nahrungsmittel informiert sind, wie sollen es die KonsumentInnen sein? Es braucht deshalb zuerst einmal mehr Transparenz.