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Informationsfreiheit im Netz - Zu den Angriffen auf Wikileaks | Untergrund-Blättle

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Zu den Angriffen auf Wikileaks Informationsfreiheit im Netz

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Die weltweit heftigen Reaktionen staatlicher und privatwirtschaftlicher Stellen auf Aktivitäten der Plattform Wikileaks zur Förderung einer maschinenlesbaren Regierung sind für den Chaos Computer Club (CCC) Anlass zur Sorge um die Informationsfreiheit im Internet.

WikiLeaks Truck an einer OccupyWallStreet Demonstration in New York.
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WikiLeaks Truck an einer OccupyWallStreet Demonstration in New York. Foto: pameladrew212 (CC BY 2.0 cropped)RobH (CC BY-SA 3.0 cropped)

10. Dezember 2010
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Die Publikationen von Wikileaks entsprechen dem Grundsatz der Hackerethik nach freier Verfügbarkeit von staatlichen Informationen als Basis einer demokratischen Gesellschaft.

Anders als Menschen haben staatliche Stellen gerade keine Privatsphäre, die es zu schützen gilt, sondern lediglich Geheimnisse. Grundsätzlich betrachtet der CCC einen Anspruch des Bürgers auf die ihn betreffenden Informationen und die Transparenz der in seinem Namen erfolgenden staatlichen Aktivitäten als begründet.

Die Doppelzüngigkeit der Regierenden wird nicht nur in den veröffentlichten Depeschen deutlich, sondern auch in ihrer Haltung zur Informationsfreiheit. [1]

"Die westlichen Regierungen treten für die Informationsfreiheit immer nur dann ein, wenn es andere Länder betrifft. Sobald es jedoch um mehr als nur Lippenbekenntnisse geht, sobald Daten publiziert werden, die ihre eigenen Heimlichkeiten und Hinterzimmerdeals betreffen, handeln sie offenbar genauso undemokratisch, wie die Staaten, die sie sonst öffentlich lauthals verurteilen", sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn.

Der CCC verurteilt daher aufs schärfste jegliche Eingriffe in die weltweite Informationsinfrastruktur zum Zwecke der Zensur und politischen Unterdrückung von Informationen. [2] Regierungen, etwa in den USA und in Frankreich, haben ihre Exekutive angewiesen, "irgendeinen Weg" zu finden, die Verbreitung der ungeliebten Inhalte im und vom eigenen Land aus zu verhindern. Offenbar nach politischem Druck haben US-amerikanische Dienstleister wie Amazon ihre technische Unterstützung für Wikileaks eingestellt.

Demgegenüber ist es sehr zu begrüssen, dass einige deutsche Internet-Provider ihren Kunden keine Steine in den Weg legen, wenn sie eine Kopie der Wikileaks-Daten bereitstellen wollen. Denn Internet-Provider sollen und dürfen, genau wie die Post, Angebot und Transport beliebiger Inhalte nicht verhindern. Der CCC ruft dazu auf, diese Freiheit zu nutzen und fordert gleichzeitig die deutschen und europäischen Internet-Anbieter auf, sich nicht von ungesetzlichen Drohungen einschüchtern zu lassen.

Auch die unrechtmässige Beschränkung von Zahlungswegen wie Paypal, Visa oder Mastercard, die für den Betrieb von freien Informationsdiensten nötig sind, ist nicht hinnehmbar. Sie sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass die US-amerikanische Monopolstellung für Online-Zahlungsmethoden als offensives Mittel der Zensur eingesetzt wird.


Bild: Photos of the Wikimedia Server. / RobH (CC BY-SA 3.0 cropped)

"Der Kampf um Wikileaks ist eine wichtige Auseinandersetzung um die Zukunft der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz. Wir rufen daher dazu auf, Wikileaks alle technische Unterstützung zukommen zu lassen, um diese Schlacht zu gewinnen. Wir müssen den Regierungen verdeutlichen, dass sie mit undemokratischen Methoden der Informationsunterdrückung nicht durchkommen werden", fasste CCC-Sprecher Müller-Maguhn zusammen.

Die Verbreitung der von Wikileaks veröffentlichten Dokumente stellt nach Auffassung des CCC einen legitimen Akt der öffentlichen Meinungsbildung dar und ist eine Wahrnehmung des Grundrechts auf Publikationsfreiheit. Besorgnisserregend ist daher, dass die US-Regierung allen staatlichen Behörden und deren Mitarbeitern und sogar in der Congress-Bibliothek den Zugriff auf die Depeschen verwehrt.

Ähnlich wie in Deutschland hat die Redefreiheit in den USA Verfassungsrang und steht dort im ersten Verfassungszusatz.

In Deutschland garantiert der Artikel 5 des Grundgesetzes, dass jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äussern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.

Quelle: Homepage des Chaos Computer Clubs

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