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Milena Geugjs / Michael Haus: Polizei, Politik, Polis

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Milena Geugjs / Michael Haus: Polizei, Politik, Polis Polizei, Politik, Polis

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Sachliteratur

Aus dem progressiveren Bereich der Politikwissenschaft wurde kürzlich eine umfassende Studie zur Funktionsweise, Rolle und dem Bild der Polizei, insbesondere in Hinblick auf Migration, veröffentlicht. Es ist Open Access beim Campus-Verlag erhältlich.

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Datum 23. Juli 2025
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Aus Kapazitätsgründen, habe ich nur Einleitung und Fazit gelesen und den Text überflogen. Wenngleich keine polizei-kritische Sicht eingenommen wird, lohnt sich ein Blick hinein, um das Verständnis davon zu schärfen, wie Regieren praktisch umgesetzt wird.

Dies ist insbesondere für anarchistisch eingestellte Menschen wichtig, um zu verstehen, dass sich der Herrschaftscharakter von Staatlichkeit gerade in technokratischen, bürokratischen und eben polizeilichen Logiken widerspiegelt. Mit anderen Worten: Auch wenn letztendlich einzelne Personen in ihm handeln, funktioniert der Staat insgesamt doch als Maschine und zugleich Verhältnis zwischen Menschen, welche dieses mitproduzieren. Hinsichtlich ihrer Verwaltung, tritt der Staat seinen Bürger*innen und Untertanen auf Ämtern durch seine Beamt*innen in Kontakt. Auf der Strasse, bei der täglichen Anordnung von sozialen Gruppen im öffentlichen Raum, begegnet er ihnen physisch, aber auch mental, durch die Polizist*innen.

Dies wird besonders deutlich durch die Behandlung jener Menschen, welche keine Staatsbürger*innen sind. Ihnen gegenüber tritt auch der Staat aus seiner klar regulierten, abgesteckten, verrechtlichten Sphäre, in eine Grauzone, welche es daher flexibel und situationsbezogen zu polizieren gilt. Die Polizei ordnet den öffentlichen Raum an, setzt Recht durch, hat aber ebenso häufig die Funktion einer Vermittlung und eines verinnerlichten Gehorsams.

Wer sich gegen politische Herrschaft richtet, muss sich mit dieser sachlich und nüchtern beschäftigen. Dazu können diese oder vergleichbare Studien ein Ansatzpunkt sein. Die Polizeiforschung selbst kann sich dahingehend nur legitimieren (und finanzieren), wenn sie darauf abzielt, die Polizei demokratischer, bürgernäher, rationaler, punktueller, dosierter auftreten zu lassen.

Möglicherweise ist dies in einigen Situationen und für manche Gruppen deutlich „besser“. (Selbstverständlich macht es für Geflüchtete in Camps einen Unterschied, ob ihre Internierung an rechtsstaatliche Prinzipien und Kontrollmechanismen rückgebunden ist, oder ob sie der Willkür von privaten Milizen oder Sklavenhändlern ausgesetzt sind. Und ebenfalls ist es besser, wenn begründet werden muss, warum Menschen verprügelt und verhaftet werden, wobei sich Gründe häufig finden…) Unterm Strich geht es aber um einen gezielteren und effizienteren Einsatz der Polizei. Daher ist Polizeiforschung selbst sicherlich keine Aufgabe von Anarchist*innen.

In der Einleitung heisst es:

„Dieses Buch basiert auf dem Forschungsprojekt »Polizei, Politik, Polis – Zum Umgang mit Geflüchteten in der Stadt«, welches von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und von 2021 bis 2023 durchgeführt wurde. Es ist Ergebnis einer Kooperation von Wissenschaftler*innen der Universität Heidelberg, der Leuphana Universität Lüneburg und der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit“ (S. 10).

und weiter:

„Im Mittelpunkt stehen dabei städtische Praktiken im Zusammenhang mit der Aufnahme von Geflüchteten, in denen drei Aspekte miteinander vermittelt werden:
  • die Rolle der örtlichen Polizei als staatliche Gewalt vor Ort (»Polizei«),
  • die Relevanz stadtpolitischer Strategien im Umgang mit Flüchtlingsfragen (»Politik«) sowie
  • die Bedeutung stadtgesellschaftlicher Akteure, Netzwerke und Diskurse (»Polis«).
Die übergreifende Fragestellung lautet, in welcher Weise polizeiliches Handeln eine jeweils besondere Logik im städtischen Raum einnimmt und dabei in einem lokal- spezifischen, stadtpolitischen und zivilgesellschaftlichen Kontext eingebettet ist. Im Projekt wurde zur Beantwortung dieser Frage auf qualitativ-interpretative Verfahren der Datenerhebung und -auswertung zurückgegriffen“ (S. 11).

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Milena Geugjs / Michael Haus: Polizei, Politik, Polis. Campus Verlag GmbH 2024. 459 Seiten. ca. SFr. 0.00. EAN: 9783593457703.