Gerald Grüneklee, Clemens Heni, Peter Nowak: Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik Kritik an den „Corona-Massnahmen“

Sachliteratur

Wir erleben seit März 2020 die grössten Freiheits- und Grundrechtsbeschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Wir legen mit unserem Buch die erste Veröffentlichung vor, die sich aus kritischer, linker Perspektive mit den Entwicklungen der letzten Wochen beschäftigt.

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Foto: Buch-Cover

24. Mai 2020
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Damit positionieren wir uns. Wir widersprechen zugleich postmodernen Sichtweisen, nach denen die Kategorien rechts und links heute nicht mehr tauglich seien. Im Gegenteil, das Thema ist zu wichtig, um es dem Mainstream oder den Rechten zu überlassen. Das sich in diesen Tagen formierende Querfront-Milieu aus rechten, rechtsextremen, neu-rechten und weiteren unappetitlichen Kräften greift zum Teil berechtigtes Unbehagen auf, um es politisch zu vereinnahmen und in die eigenen, antiaufklärerischen und antiemanzipatorischen Aktionen, Demonstrationen, Youtube-Videos und Pamphlete zu integrieren.

Dieser Strategie ist eine klare Absage zu erteilen, wir grenzen uns entschieden von rechter Corona-Kritik sowie von den unterschiedlichsten (antisemitischen, den Holocaust verharmlosenden, esoterischen) Verschwörungsmythen in Deutschland ab. Es gibt weltweit neo-nazistische, islamistische und weitere antisemitische Diffamierungen, die Juden oder Israel mit Covid-19 in Beziehung setzen, was man z.B. in Karikaturen sehen kann.

Wir wenden uns scharf gegen die derzeit zu beobachtende Tendenz, nach der jede Kritik an den „Corona-Massnahmen“ bewusst als Verschwörungstheorie denunziert wird, um sie damit ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung abzutun. Dass kein kritischer Diskurs erwünscht ist, zeigt auch der ganz aktuelle Fall eines hohen Beamten im Bundesinnenministerium, der vor den Kollateralschäden der Corona-Massnahmen warnte und die Verhältnismässigkeit der rechtlichen Einschränkungen infragestellte – er wurde ohne sachliche Diskussion seiner Thesen kurzerhand im Mai seines Dienstes enthoben. Abweichende Argumente werden offenbar als Meuterei betrachtet und pauschal diffamiert. Diese Formierung der Gesellschaft macht uns mehr Angst als das Virus selbst.

Wir betonen: Das Coronavirus existiert. Es ist keine Erfindung und keine Verschwörung. Es ist offenkundig nicht weniger gefährlich als die Influenza. Wir halten die Rücksichtnahme auf gefährdete Risikogruppen für eine Selbstverständlichkeit, die gegen die Prämissen der aktuellen wirtschaftsradikalen Politik durchgesetzt werden muss. Einige der Initiativen, die sich dafür einsetzen, haben wir in dem Buch dokumentiert. Doch gerade die Influenza (nehmen wir 2018) zeigt, dass der Tod Teil des Lebens ist. Die aktuellen Massnahmen sind vollkommen unverhältnismässig. Sie gefährden die Demokratie.

Wir kritisieren ein fragwürdiges Sicherheitsdispositiv, das bestimmte – aber bei weitem nicht alle, siehe z.B. die Folgen von Umweltzerstörung und Klimawandel – Risiken zu mindern versucht, indem Gesundheit und Freiheit gegeneinander ausgespielt werden. Im Gegensatz zur Influenza ist COVID-19 sehr spezifisch in der Auswahl seiner „Zielgruppe“: alte und vorerkrankte Menschen. Wie die Forschung (u.a. Prof. Ioannidis aus den USA) empirisch gezeigt hat, ist das Risiko für Menschen unter 65, an diesem Virus schwer zu erkranken, so extrem selten wie ein schwerer Unfall auf dem Weg zur Arbeit.

Angesichts eines mit Sondervollmachten ausgestatteten, am Parlament vorbeiagierenden Superministers Spahn, der sich im wörtlichen Sinne „ermächtigen“ liess (Bundestagsprotokoll), von im Eilverfahren beinahe einstimmig durchgepeitschten Gesetzesänderungen, von entmündigenden Zwangsmassnahmen, von Grenzschliessungen, die nur nationalistische Stimmungen verstärken (das Virus schert sich nicht um Grenzen), und eines wochenlangen vollständigen Demonstrationsverbots wurde das Coronavirus seitens der Regierungen offenbar genutzt, das bereits erreichte Mass der von der Zivilgesellschaft der letzten Jahrzehnte erkämpften Emanzipation wieder massiv zurückzudrehen. Erzeugt wurde eine Atmosphäre von Angst und Massenpanik – verstärkt durch Massnahmen wie der „Maskenpflicht“ –, vor deren Hintergrund autoritäres Staatshandeln schliesslich als vermeintlich „alternativlose“ „Lösung“ verkauft wurde.

Wenn von der „Bild“-Zeitung bis zur Antifa beinahe alle Menschen bereit zu sein scheinen, einen Ausnahmezustand zu akzeptieren, der zum Normalzustand zu werden droht – inklusive eines nicht offiziell erklärten, faktisch aber umgesetzten Notstands, hoher Bereitschaft zu digitaler Überwachung, verbreiteter Denunziationen, in Vorbereitung befindlicher schärferer Polizeigesetze –, dann betrachten wir es geradezu als unsere Pflicht, gegen den verheerenden Konsens anzuschreiben.

pm

Gerald Grüneklee, Clemens Heni, Peter Nowak: Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik. Edition Critic 2020. 190 Seiten, ca. SFr 17.00. ISBN 978-3-946193-33-3