Clara und Paul Thalmann: Revolution für die Freiheit Sommerlektüre

Sachliteratur

Zufällig stiess ich auf diese 1974 in zweiter Auflage herausgegebene Erzählung der linken Kommunist*innen Clara und Paul Thalmann.

Buchcover.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Buchcover.

24. Oktober 2023
1
0
2 min.
Drucken
Korrektur
Aus der Schweiz stammend, hielt sich Paul auch einige Jahre lang in Moskau auf, um durch die Kaderschule der KPdSU zu gehen. Wieder einmal wurde mit deutlich, wie lang die Stalinisierung der KPs tatsächlich dauerte und wie widersprüchlich sie auch verlief. Emma Goldman, Alexander Berkman, Volin und Rudolf Rocker wiesen dagegen schon ab spätestens 1923 darauf hin, dass in der sogenannten Sowetunion keineswegs eine sozialistische Gesellschaftsform errichtet wurde, die ihren Vorstellungen entsprach.

Spannend an Clara und Pauls Biographie sind aber ihres an tagesaktuellen Geschehnissen orientierten Kämpfe, ihre Grenzgänge, internationale Vernetzung, Fähigkeiten, krasseste Situationen zu meistern und letztendlich ein ganzes Leben ihren Vorstellungen nach zu widmen – gerade auch, weil sie sich weiterentwickelten und nie stehen blieben in ihrem Denken und Handeln.

Eine Weile waren sie bei der POUM im spanischen Bürgerkrieg. Auch hier lieferten ihre Erzählungen noch einmal wichtige Eindrücke, auch über die Machtübernahme der Stalinist*innen dort. Übrigens sei die POUM keineswegs an sich „trotzkistisch“ gewesen, sondern dies eine Diffamierung durch die Anhänger*innen der moskautreuen Parteilinie. Zu Anarchist*innen hatten sie immer wieder gute Kontakte. Die Trennungen der Strömungen war bei den Protagonist*innen eines libertären Kommunismus nie so streng, wenn nachträglich gelegentlich behauptet wird.

Wenngleich die beiden ihre theoretischen Standpunkte klar hatten, liessen sie diese meiner Lesart nie zu Dogmen werden, sondern hatten stets die Veränderung der tatsächlichen Lebensbedingungen der einfachen Leute im Blick… Weil sie nie einer Parteidoktrin folgten, sondern selbstständig dachten und handelten, wurden sie vom Geheimdienst der UdSSR, der GPU verfolgt. In Frankreich kämpfte das Paar schliesslich gegen die deutsche Besatzung und brachten ihre Positionen bis in die 1968er Bewegung ein. – Wie auch immer, gut, das ich auf diesen Zufallsfund stiess.

Jonathan Eibisch

Clara und Paul Thalmann: Revolution für die Freiheit. Trotzdem Verlag 1987. 398 Seiten. ca. SFr. 17.00. ISBN: 978-3922209201.