Industrie 4.0 im internationalen Kontext: Kernkonzepte, Ergebnisse, Trends Christian Manzei: Industrie 4.0 Praktisch

Sachliteratur

Die Aufsatzsammlung „Industrie 4.0 im internationalen Kontext. Kernkonzepte, Ergebnisse, Trends“ setzt einen anderen Schwerpunkt als die meisten Publikationen zum Thema.

Der Messestand der Deutschen Telekom auf der CeBit 2015. Er zeigt sich bewegende Roboterarme, die magentafarbene Regenschirme halten. Das soll auf das Internet der Dinge verweisen.
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Der Messestand der Deutschen Telekom auf der CeBit 2015. Er zeigt sich bewegende Roboterarme, die magentafarbene Regenschirme halten. Das soll auf das Internet der Dinge verweisen. Foto: Mummelgrummel (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

24. Oktober 2016
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Wo es sich sonst zumeist um soziologische Betrachtungen handelt, richtet sich dieser Band „gleichermassen an Anwender, die mehr über das Thema Industrie 4.0 sowie die damit zusammenhängenden Technologien, Standards und Initiativen erfahren wollen, wie auch an Anbieterunternehmen, die sich einen Überblick über die Situation im globalen Kontext verschaffen wollen“ (5).

Industrie 4.0 oder was?

Was genau da eigentlich Thema des Bandes ist schon zu Beginn des Bandes unklar: Ist es jetzt die „Industrie der Zukunft“ (45), wie es im Aufsatz von Georg Kraft heisst? Oder geht es um „Industrie 4.0“, die als eine „Spezialisierung des ‚internet of Things and Services“ (72) betrachtet wird, wie bei Inge Hübner? Auch Heidel/Döbrich halten es für eine „unbestrittene Erkenntnis, dass Industrie 4.0 eine Ausprägung des Internet of Things (IoT) darstellt“ (77). So unbestritten scheint allerdings das Verhältnis von Allgemein (Internet of Things) und konkret (Industrie 4.0) dann doch wieder nicht zu sein: Immerhin dürfen wir bei Pike von den „Industrial Internets“ (139) lesen: Die gibt es nicht nur als Wort nur bei ihm, sondern scheinen auch inhaltlich eine Synthese aus beiden Begriffen zu bilden.

Gibt's doch gar nicht? Gibt's ja wohl!

Allerdings ist nicht nur der Name der behandelten Sache unklar, sondern auch, ob es das überhaupt (schon) gibt. Bei Heidel/Döbrich ist zu lesen, dass zwar viele Firmen bereits mit dem Label Industrie 4.0 werben: „Dies kann sich aber nur auf Teillösungen beziehen, wie sie schon länger auch ausserhalb von Industrie 4.0 diskutiert und firmenspezifisch realisiert sind. Industrie-4.0-fähig können aber nur Produkte sein, die den noch in Arbeit befindlichen Vorgaben vollständig entsprechen“ (77). Industrie 4.0 sei es also erst, wenn sich die verschiedenen Firmen auf einen Standard geeinigt haben, und so die zersplitterten, internen Lösungen zu einer wirklichen Vernetzung werden und damit erst das geboren würde, was den Titel verdient.

Diese Erkenntnis wird ein paar dutzend Seiten weiter dann schon wieder ganz anders gesehen: „In Asien finden sich bereits Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung hochvernetzter, intelligenter Systeme im Sinne von I4.0“ (143). Ist also der hochvernetze Betrieb bereits Industrie 4.0, wie im Aufsatz von Lantermann, oder eben doch erst wenn die Betriebe über ihre eigenen Grenzen hinaus vernetzt sind?

Auf zur Praxis: Egal wie man es nun nennt, oder was genau darunter verstanden wird: „Bei Industrie 4.0 geht [sic!] es um nichts Geringeres als die Zukunft des Industriestandorts Deutschland“ (198) – und wer im Namen des nationalen Wohles unterwegs ist, darf sich um solche Kleinigkeiten wie die Bestimmung der Sache nicht lange kümmern, sondern ist zur Praxis aufgerufen: Hier dürfte gerade das Kapitel „Erste Ergebnisse und weitere Ansätze“ für das Zielpublikum interessant sein. Wer verstehen will, was die Industrie 4.0 ist, sei allerdings nicht zu diesem Band geraten.

Berthold Beimler

Christian Manzei: Industrie 4.0 im internationalen Kontext: Kernkonzepte, Ergebnisse, Trends. VDE VERLAG GmbH, Offenbach 2015. 261 Seiten. ca. 67 SFr., ISBN: 978-3800736713