Kritische Theorie über das Denken und Handeln Solidarität - Abgrenzung - Ausgrenzung
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Zusammengehörigkeitsgefühl, füreinander einstehen, sich als Teil einer Gesamtheit fühlen gehört zum Begriff der Solidarität. Wenn die KommunistINNen von internationaler Solidarität sprechen, so meinen sie damit die Einheit der proletarischen Klasse über die nationalen Grenzen hinaus.

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Solidarität - Abgrenzung - Ausgrenzung. Foto: Rafael Matsunaga (CC BY 2.0 cropped)
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mit sich. Die Solidarität hört in diesem Beispiel dort auf, wo die
feindliche Klasse anfängt. Das heisst der Bourgeois wird aufgrund seiner
Klassenzugehörigkeit von vornherein ausgegrenzt. Nun ist bekannt, dass
es
unter den KommunistInnen immer Leute gegeben hat, die aus der sogenannt
feindlichen Klasse stammten, häufig waren sie wichtige Ideologen oder
hohe
Funktionäre.
Das ist ein Beweis dafür, dass sich Interessen und
Bedürfnisse
nicht einfach aus einem bestimmten Kriterium, hier die
Klassenzugehörigkeit, ableiten lassen. Anderseits wurden während
den
verschiedenen sozialen Revolutionen massenhaft Menschen nur aufgrund des
ausgrenzenden Kriteriums gefangen oder umgebracht, ungeachtet ihrer
Einstellung oder Meinung zu den laufenden Ereignissen.
Die Abgrenzung hat
ein einfaches Feindbild zur Folge, welches zwar Menschen aufzuwiegeln
versteht, der Sache aber letzten Endes nicht dienlich ist. So wurden
während der Russischen Revolution 1917 und den damit zusammenhängenden
Exekutionen viele Intellektuelle, höher qualifizierte Arbeiter und leitende
Angestellte getötet, weil sie per Definition zur Bourgeoisie gehörten. Das
Fehlen dieser Leute war mit ein Grund für die der Revolution folgenden
Wirtschaftskrise, denn plötzlich fehlte mit den ermordeten Leuten das
nötige Wissen, das zur Produktion nötig ist. Es wäre wohl intelligenter
die
Solidarität der Menschen in Bezug auf das erreichen eines Zieles (im
Beispiel die sozialistische Gesellschaft) zu setzen und nicht wiederum in
Relation mit Menschen, vor allem, wenn es nur bestimmte von anderen
abgegrenzte Menschen sind.
Die Machtergreifung Hitlers 1933, die in die schlimmste Diktatur führte,
wurde durch die Zerstrittenheit und Gespaltenheit der demokratischen Kräfte
ermöglicht.
Diese Unfähigkeit zu einheitlichem, solidarischem Handeln,
selbst in einem derart dramatischen politischen und geschichtlichen Moment,
ist die Folge der krankhaften Abgrenzung gegenüber Anderen. So wollten
sich
bürgerliche Parteien nicht mit den Sozialdemokraten und Kommunisten
arrangieren, weil jene die Privilegien des Bürgertums streitig machen
wollten. Die Sozialisten ihrerseits wollten nichts mit dem feindlichen
Bürgertum zu tun haben. Kommunisten sahen in den Sozialdemokraten
reformistische Verräter, die die Revolution verhindern wollten.
Die
Sozialisten hielten Kommunisten für gewalttätige Utopisten. Es gab
wohl
noch eine Menge anderer Gründe, warum es nicht möglich war, mit
den Anderen
zusammenzuarbeiten, obwohl es das gemeinsame Ziel, die demokratischen
politischen Strukturen zu erhalten, erfordert hätte.
Da hätten aber
die
betroffenen Parteien oder Gruppen ihr Gesicht verloren, die Identität
aufgegeben, sich selbst verleugnet. Die Stabilität einer politischen
Gruppierung gründet sich häufig auf Abgrenzung, Ausgrenzung und
Betonung
der Unterschiede bis zum Feindbild. Kein Wunder also, dass es den Parteien
und Gruppen schwer fällt über den eigenen Schatten zu springen.
Solidarität
im Hinblick auf ein gemeinsames konkretes Ziel erfordert aber genau das,
sofern die eigene Macht zur Durchführung nicht ausreicht.
Es ist durchaus möglich und immer wieder geschehen, dass eine ab- und
ausgrenzende Gruppierung zur alleinigen Staatsmacht avancierte. Diese
autoritären Parteien (wie die NSDAP) leb(t)en von der Ausgrenzung und
Bekämpfung anderer (der Juden und Sozialisten). Ihre Macht basiert auf
der
Verneinung anderer Ideen, ist in diesem Sinn zutiefst reaktionär und
besitzt keine eigentlichen positiven neuen Ideen zur Bewältigung der
jeweils aktuellen Probleme. Beschriebenes Phänomen trifft in der aktuellen
Schweizerpolitik auf die sogenannten "NeinsagerINNEN" zu, deren
Benennung
bezeichnend ist.
Die eigentliche Leere an Ideen, die fehlende Innovation
und Toleranz führt jeden totalitären Staat in die wirtschaftliche,
dann in
die soziale und letztlich in die politische Krise. Mit der Flucht in den
Status quo oder die Vergangenheit, der Negation und Verfolgung lässt
sich
auf längere Zeit selbst mit eiserner Faust nichts Positives erreichen.
Solidarität hat viel mit Offenheit zu tun. Solidarische Leute haben sich
aufgrund einer Gemeinsamkeit zusammengeschlossen, doch gibt es neben dem
Konsens eine Unzahl von Unterschieden in Art und Denkweise dieser Menschen.
Eine solidarische Bewegung sollte ein freiwilliger Zusammenschluss sein,
der demokratisch funktioniert, sonst kommt es unweigerlich zu autoritären
Auswüchsen und Zwängen, die mit dem Begriff Solidarität nichts
mehr zu tun
haben.
Toleranz und Aufnahmebereitschaft gegenüber verschiedensten Ideen
innerhalb der Gruppe sollten eine Selbstverständlichkeit sein und
verhindern dogmatische Ideologien. Jede politische Säuberung innerhalb
einer Partei oder eines Staates sind Ausdruck fehlender Offenheit. Ein
klassisches Beispiel hierfür ist die Verfolgung und Verteufelung der
Trotzkisten in der UdSSR durch Stalin. Machtpolitik und
Problemlösungspolitik unterscheiden sich natürlich auch noch in
anderen Punkten.
Die verschiedenen Gruppierungen die sich so sehr von einander abgrenzen,
dass es zu einer Zersplitterung von Kräften kommt, die teilweise die
gleichen Ziele haben, verhindern eine erfolgreiche Politik durch
Solidarität. Der Schwerpunkt müsste beim Erkennen und Betonen der
Gemeinsamkeiten der verschiedenen Parteien liegen, so dass mit der
solidarisierten Kraft erfolgreiche Politik gemacht werden kann. Das
krankhafte Abgrenzen bringt nichts. Die eigenen Ideen sollen nicht
zugunsten einer Gleichmacherei geopfert werden, aber sie müssen bei
konkreten Lösungen in den Hintergrund treten.
Der Anarchist, der aus
Prinzip nicht wählt, begünstigt je nach politischer Situation vielleicht
eine faschistische Partei.
Hätte er seine Stimme den Sozialdemokraten
gegeben, hätte er den totalitären Tendenzen Gegengewicht geben können.
Reale Wirkung im Sinne eines den Prinzipien übergeordnetes Interesses
ist
progressives und positives Agieren. Die Grüne Partei der Schweiz scheint
mit ihrer ablehnenden Politik der Europäischen Union gegenüber,
dies nicht
eingesehen zu haben. Die EU ist relativ undemokratisch und ihre
Umweltauflagen sind ungenügend. Das mag wohl stimmen, aber die EU ist
gleichzeitig der Gegenpol zu den zunehmenden faschistischen und
nationalistischen Tendenzen in den verschiedenen Staaten Europas.
Jetzt
kommt die Frage des übergeordneten Interesses.
Die GP der Schweiz könnte
auch innerhalb der EU für ihre Anliegen kämpfen, selbst wenn
zugegebenermassen das Pflaster härter wäre, hätte aber durch
Mithilfe zum
EU-Beitritt der Schweiz, aktiv an der Bekämpfung des Schweizer
Nationalismus mitgearbeitet.
So steht es auch mit den anderen EU-
Gegenargumenten wie Euroimperialismus, Zentralismus, kulturelle Einfalt
oder was auch immer.
Ähnlich ist es mit dem Verhältniss zwischen
den
Sozialidemokratischen Partei und den ausserparlamentarischen autonomen,
antifaschistischen Gruppen.
Im Kampf gegen die NationalistINNen muss die
Arbeit der Einen wie der Anderen respektiert werden, selbst wen den einen
die anderen zu zaghaft bzw. zu extrem erscheinen.
Am 23. September 1995 kam
es anlässlich des nationalistischen Blocherumzuges in Zürich sowohl
zu
einer Kundgebung für eine offene und tolerante Schweiz, die von der SP
organisiert war wie auch zu einer gewalttätigen Demonstration autonomer
Gruppen.
Dabei hatten beide Protestaktionen verschiedene Funktionen. Die SP
mobilisierte breite Volksschichten und konnte mit dem Grossanlass, der über
10'000 Leute vereinigte, die Aufmerksamkeit auf die reaktionäre
Mobilisierung lenken. Die militante Demonstration dagegen sollte nach
Möglichkeit, den nationalistischen Marsch stören oder gar verhindern.
Angesichts des massiven Polizeischutzes war dies nicht möglich. Der
erbitterte Widerstand und der Strassenkampf gegen Polizei und Skinheads
soll aber auch eine potentielle Wiederholung eines nationalistischen
Umzuges verhindern.
Die Worte Chaoten und verräterische Sozialdemokraten
machen keinen Sinn und sind wiederum Ausdruck der Abgrenzung von beiden
Seiten. Beide Aktionen waren nötig und im Hinblick auf das gemeinsam
Ziel
solidarisch.


