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Der richtige Umgang mit dem Staatsschutz | Untergrund-Blättle

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Rote Hilfe Der richtige Umgang mit dem Staatsschutz

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Der notwendige Umgang mit dem Staatsschutz ist der Schutz davor, das heisst: möglichst viel über seine Strukturen, Logistik, Technik, Absichten (Strategie und mögliche Taktiken) und die handelnden Bullen zu wissen, um ihre Schwächen und unsere Stärken besser zu erkennen und nutzen zu können.

Anti-G7-Demo - Lübeck (Treffen der Aussenminister): Wasserwerfer, April 2015.
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Anti-G7-Demo - Lübeck (Treffen der Aussenminister): Wasserwerfer, April 2015. Foto: Jean Pierre Hintze (CC BY-SA 2.0 unported)

26. September 1998
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Weg vom Gefühl: «Scheisse, in diesem Bullenstaat hast Du eh keine Chance» hin zu «Na gut, wo sind unsere Stärken und wie werden wir besser!?

Dergute Umgang ist, sich nicht auf den Schutz zu konzentrieren sondern auf den Staat selber, unser Verhältnis dazu und auf die Möglichkeiten unseres Widerstandes und der Organisierung.

Denn der Staatsschutz ist - wie das Wort schon sagt - lediglich der Schutz dieses Staates, und damit des kapitalistischen Systems, aus dessen Krisen sich Widersprüche, soziale Spannungen, Unruhen, ökonomische, politische und revolutionäre Klassenkämpfe entwickeln.

Die Funktion des Staatsschutzes ist es, diese möglichst frühzeitig zu erkennen, die politischen wie auch organisatorischen Entwicklungen zu beobachten, um sie dann mit den geeigneten Mitteln bekämpfen zu können.

Der beste Umgang mit dem Staatsschutz aber ist, sich mit der Frage der revolutionären Perspektive zu beschäftigen, und sich zu fragen, wie sich diese mit den geeigneten Mitteln aufbauen lässt: Schritt für Schritt, da wo jede/r lebt, zur Schule, in die Lehre oder zur Arbeit geht. Auch hierbei spielt der Schutz vor dem Staatsschutz seine Rolle.

Die erste und wichtigste «Arbeitsgrundlage» der Bullen ist die Information, ohne die sie die Frage was ist zu erwarten nicht beantworten können.

Ohne Information gibt es keine Analysen (was ist objektiv und was entwickelt sich daraus wo), und Lageeinschätzungen (welche politische Kraft kann wieviele mobilisieren, wie ist die Haltung zu Staat und Kapital, seinem Macht- und Gewaltmonopol und daraus folgernd, die Bereitschaft Gewalt als Mittel im politischen Kampf einzusetzen), keine Ermittlungsergebnisse (z.B. Aussagen bei Einvernahmen, Spuren bei Aktionen, Foto/Videofilme bei Demos) und Einsatzdispositive (z.B. Demos laufen lassen, Erfassen vieler Teilnehmerlnnen, Zerschlagen oder schlimmstes verhüten.

Aber nicht nur das konkret Fassbare interessiert sie, sondern auch die Formierungs- und Entwicklungsprozesse im Produktions-, Gewerkschafts-, Schul- oder politischen Widerstandsbereich.

Der Sicherheitsdienst (SIDI) ist eine der dafür zuständigen Staatsschutzabteilungen. So sind die Schnüffler des SIDI des öfteren auch im Restaurant Volkshaus anzutreffen, z.B. wenn dort Gewerkschaftsveranstaltungen stattfinden. Von Interesse dabei ist für sie: wer ist an solchen Veranstaltungen präsent, wieviele Leute kommen, welche politische Haltung vertreten diese und wie ist die Stimmung insgesamt.

Sie schleichen sich bei Demos, Veranstaltungen oder Treffpunkten (wie z.B. das Polka oder Café Zähringer) immer näher an die Leute ran, um sich direkt und authentisch ein Bild über die Situation und einzelner Menschen machen zu können. In diesem Flugi haben wir drei Aspekte ihrer Informationsbeschaffung aufgegriffen, die ganz konkret die Mobilisierung und das aktive Handeln an Demos betreffen.

1. "HORST": Wohnungen, Büros oder Geschäfte, aus denen heraus die Bullen beobachten, fotografieren oder filmen. Sihlpost: Aus den ersten Stockwerken raus observieren und filmen sie die Besammlung und die dazu gehörenden Aktivitäten vor dem (bewilligten!) 1. Mai-Umzug. Sozialamt beim Helvetiaplatz: Ihre Augen und die Objektive ihrer Kameras richten sie speziell auf "Eingang Bäckerstrasse", wo sich die Leute für die revolutionäre Demo einfinden, vermummen, Flugis und Infos austauschen.

Mittels Funk vermitteln sie der Einsatz­zentrale, und somit dem Kommando und Einsatzleitung, wieviele und welche politischen Kräfte sich mit welchen Mitteln und in welche Richtung aufstellen. Wichtig ist für sie dabei immer auch die «Stimmung, mitzukriegen: verzettelt, unentschlossen» oder eben Unentschlossen, militant, kompakter.

2. SIDIs, die sich vermehrt in und an Demosreinschleichen und dazu auch einmal ihr Äusseres zu verändern versuchen (z.B. von der blauen zur weissen Mütze wechseln). 3. lnformationsbeschaffung mit verdeckter Kamera. Ohne Information können sie ihre Arbeit nicht, wir aber unsere um so besser entwickeln!

Der beste Schutz ist, sie an gar keine Infos rankommen zu lassen, d.h. gar nicht erst unterscheiden zu wollen zwischen dem, was «sie eh wissen» und was unwichtig ist und dem, was "sie nichts angeht".

Für die Bullenarbeit ist jede noch so kleine Information wichtig. Sie wird, puzzleartig mit anderen gesammelt und kann plötzlich zu einem anderen Zeitpunkt und in einem anderen Zusammenhang an Bedeutung gewinnen! Vergiss nicht: uns trennt von ihnen ganz grundsätzlich, dass sie den Staat schützen, den wir bekämpfen. Also Vorsicht beim Telefonieren, im Umgang mit Notizen und internen Diskussions- oder Organisationspapieren.

Hinterlasse keine Spuren beim konkreten Handeln, mach keine Aussagen, weder bei Einvernahmen noch wenn du von ihnen einfach angequatscht wirst, an Demos oder Veranstaltungen.

Auch gute Vermummung und unauffällige Kleidung ohne spezielle Erkennungszeichen wie Batches usw. an Demos, etc. erschwert ihre Arbeit ganz erheblich. Dies ist eine Form von präventivem, defensiven Schutz, den wir am besten in den politischen Alltag so integrieren, dass er ganz einfach mit dazu gehört. Nebst dieser Art von Schutz gibt es auch noch eine offensivere Art.

Wenn wir davon ausgehen, dass sie bei der lnformationsbeschaffung ganz grundsätzlich Anonymität und Sicherheit brauchen wie der Fisch das Wasser, so gibt es auch konkrete Mittel sie dabei zu stören: Das Aufdecken ihrer Strukturen und Gesichter und die Sabotage ihrer Arbeit mit den der jeweiligen Situation entsprechenden Mitteln. Der offensive Schutz bedingt aber eine minimale Organisierung und sichere (gesicherte) Kenntnis.

Unternimm nie etwas, wenn Du nicht 100% sicher bist, dass er/sie tatsächlich ein Bulle ist; und Du alleine, unvermummt und ohne sicheren Rückzug bist. Besprich Dein Vorhaben mit Kolleglnnen und Genosslnnen, bereite Dich wenn immer möglich vor, gib Deine Fotos und sonstigen lnfos Über den Bullenapparat in die dazu bestehenden «Archive», damit sie öffentlich gemacht werden können.

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