Nebelschwaden Vogelfrei

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Ich wusste, dass sie jetzt kommen würde. Diese Schritte in der fernen Dunkelheit, hart widerhallend, konnten nur von ihr sein. Ausser mir trug in der ganzen Stadt keiner mehr diese alten Absätze, die einem Blinden den Weg weisen konnten. Und nur sie wusste dieses Leben ebenso zu feiern wie ich.

Street Art.
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Street Art. Foto: Arba Hatashi (CC BY-SA 3.0)

14. März 1995
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Korrektur
Es musste das letzte Treffen werden, dem war ich mir schon lange bewusst, und gerade deshalb hatte ich, trotz der bevorstehenden Erlösung diese stille Trauer in mir. Aber es war zu wunderbar um innezuhalten, dieser Drang nach Befreiung schrie aus meinem ganzen sein heraus.

Es klopfte sanft an meine Türe und ich fühlte es, mein Wesen, das langsam flügge wurde. Ich glaubte förmlich an die Türe zu schweben, lebte die engelsgleichen Federn an meinem Rücken. Gemächlich sank ich zur Erde, um die eiserne Falle hinunterzudrücken.

Eine Verbeugung tiefer Ehrfurcht.

Wir sanken beide in die weiten Fluten meiner weichen Sessel, die ich schon bald für immer verlassen sollte. Unsere Augen starrten einander an, und ich schien zubegreifen.

Es bedurfte keines simplen Wortes, um zu verstehen. Es überstieg alles gewesene und untergrub alles kommende.

Der Polt blieb unberührt und ehe ich mich versah, stand ich alleine auf dem zerkratzten Parkett und suchte verzweifelt nach den Grenzen um mein neues Wissen. Doch es würde nichts geschehen, als dass ich den Schritt nicht wagen würde. So zog ich meine ganze Bekleidung aus und faltete ein ordentliches Bündel auf den Stuhl.

Feierlich öffnete ich das Fenster und stieg auf den knappen Sims. Ich breitete meine Arme in zwei Himmelsrichtungen, liess eine hinter mir, indem ich in die nächste sprang. Und ich sank gemächlich zwischen den Nebelschwaden des frischen Wetter dahin...

A.D.