Rezension zum Film von Rainer Werner Fassbinder Despair – Eine Reise ins Licht

Kultur

Despair gilt als Rainer Werner Fassbinders erste wirklich grosse Produktion, da er hier dank Hollywood-Investoren über ein riesiges Budget verfügte und mit einem Weltstar wie Dirk Bogarde zusammenarbeiten konnte.

Rainer Werner Fassbinder am Fimfestival von Venedig, 1980.
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Rainer Werner Fassbinder am Fimfestival von Venedig, 1980. Foto: Gorup de Besanez (CC BY-SA 4.0 cropped)

21. Juli 2011
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3 min.
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Dieser spielt Hermann Hermann, einen russischen Immigranten, der im Deutschland der Zwischenkriegszeit eine Schokoladenfabrik führt und nach und nach dem Wahnsinn verfällt.

Während die Nazis im von Reparationszahlungen wirtschaftlich gebeutelten Deutschland langsam aber sicher die Oberhand gewinnen steht Hermanns Fabrik kurz vor dem Bankrott und er selbst befindet sich in einer Midlife-Crisis. Seine unterbelichtete Frau Lydia (Andréa Ferréol) langweilt ihn, die Affäre die sie mit ihrem Cousin Ardalion (Volker Spengler) hat könnte ihn nicht weniger interessieren, und seine geistliche Verfassung ist ernsthaft gefährdet.

Die einzige Fluchtmöglichkeit für Hermann scheint der Wahnsinn zu sein in dem er sich immer mehr verliert. Als er eines Tages zufällig auf den Landstreicher Felix Weber (Klaus Löwitsch) trifft glaub er in ihm sein Spiegelbild zu erkennen und plant einen Rollentausch, bei dem Weber seinen Platz als Fabrikant einnehmen soll. Der arme Mann, dessen Äusserliches nicht unterschiedlicher zu Hermann sein könnte, versteht zwar nicht wie die Täuschung funktionieren soll, mit einer beträchtlichen Summe Geld ist er aber bald überzeugt. Der scheinbar perfekte Fluchtplan von Hermann – wie sollte es auch anders sein – endet allerdings in einem Debakel…

Fassbinder bedient sich einer Novelle von Vladimir Nabokov und liess sich das Buch von Tom Stoppard für die Leinwand adaptieren, er war diesmal also nicht direkt für das Drehbuch verantwortlich, auch wenn Stoppard in späteren Interviews erklärt, dass der Deutsche sehr wohl Änderungen vorgenommen bzw. klare Vorstellungen hatte von dem was er machen wollte. Der Spielfilm wirkt streckenweise sehr künstlerisch, was den Zugang etwas erschwert und das Ganze teilweise etwas sperrig wirken lässt. Man merkt ausserdem, dass der Streifen extrem geschnitten werden musste. Die ursprünglichen 3 Stunden Laufzeit mussten quasi über Nacht auf 2 Stunden gekürzt werden, andernfalls hätte man ihn nicht in die Kinos gezeigt.

Dirk Bogarde spielt seine Rolle formidabel und wenn er am Bildschirm zu sehen ist vergisst man sehr schnell die restlichen Schauspieler. Es sind aber vor allem die wunderbaren Aufnahmen von Michael Ballhaus, der hier ausnahmsweise keine Kosten scheuen musste und gerne und oft mit der Belichtung spielt, die heute immer noch beeindrucken. Die restaurierte Fassung macht diesen auch alle Ehre. Genau wie bei Ich will doch nur dass ihr mich liebt hat man auch hier ausgezeichnete Arbeit geleistet. Als Extra befindet sich auch hier eine ausführliche Dokumentation auf der Scheibe die interessante Aspekte über und um den Film aufzeigt.

Obwohl mir persönlich oben genannter Film mehr zusagte, konnte Despair – Eine Reise ins Licht 1978 drei deutsche Filmpreise absahnen und wurde ausserdem für die Goldene Palme in Cannes nominiert.

Lorenz Mutschlechner
film-rezensionen.de

Despair - Eine Reise ans Licht

Deutschland

1978

-

119 min.

Regie: Rainer Werner Fassbinder

Drehbuch: Tom Stoppard

Darsteller: Dirk Bogarde, Andréa Ferréol, Klaus Löwitsch

Produktion: Bavaria Atelier

Musik: Peer Raben, Johann Strauss d.J.

Kamera: Michael Ballhaus

Schnitt: Juliane Lorenz

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.