The Zone of Interest Entlastung der deutschen Volksgemeinschaft

Kultur

Der Film "The Zone of Interest" wurde am Wochenende mit zwei Oscars ausgezeichnet. Der Film wird auch in deutschen Medien hochgelobt. Doch dabei wird ein Aspekt fast immer ausgeblendet.

Sandra Hüller und Christian Friedel bei der Präsentation des Filmes
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Sandra Hüller und Christian Friedel bei der Präsentation des Filmes "The Zone of Interest" in der Royal Festival Hall am 12. Oktober 2023. Foto: Raph_PH (CC-BY 2.0 cropped)

13. März 2024
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Es wird immer darauf verwiesen, dass im Film gezeigt wird, wie die Familie Höss mit dem Vernichtungslager Auschwitz im Blick, das Leben einer deutschen Familie zelebriert. Frau Höss bekommt nur Weinkrämpfe bei der Aussicht, ihr arisches deutsches Heim verlassen zu müssen. Dieser Aspekt ist im Film auch gut zu hören. Die Hintergrundgeräusche im Film sind Schreie, Schüsse, Schläge, dazu sehen wir die Schornsteine der Vernichtungsmaschine von Auschwitz rauchen.

Es ist allerdings etwas verwunderlich, dass manche Rezensent:innen den Eindruck erwecken, als wenn dieser Aspekt noch völlig unbekannt wäre. Im Nazireich lebten "ganz normale Deutsche vis à vis mit dem Terror, sie beteiligten sich oft noch ganz aktiv daran. Sie plünderten die Kleidung und die Möbel der deportierten Jüdinnen und Juden. Sie übernahmen die arisierten Wohnungen der Deportierten. Noch während des Untergangs des NS-Regimes betrachteten die meisten "normalen Deutschen" die auf die Todesmärsche gezwungenen NS-Verfolgten mit Hass. Wenn einige fliehen wollten, wurden sie von den Mitgliedern der deutschen Volksgemeinschaft wieder eingefangen, ihren Häschern übergeben oder gleich selber erschossen oder erschlagen .

Entlastung der deutschen Volksgemeinschaft

Hier liefert der Film sogar eine Entlastung der deutschen Volksgemeinschaft, weil jetzt wieder alles auf fanatische Nazis wie die Familie Höss geschoben wird. Damit werden die Millionen "ganz normale Deutsche" reingewaschen, die an den unterschiedlichen Orten des NS-Terrors durchaus nicht nur passiv zuguckten.

Seit dem Ende des NS wird die Verantwortung den wenigen Nazis, vornehmlich Hitler und seiner Clique zugeschoben, den berühmten braunen Männchen, die scheinbar aus dem All 1933 in die Reichskanzlei kamen und nach 1945 wieder verschwanden. Der Film wird zumindest von vielen Rezensent:innen in diese Richtung interpretiert. Doch er bietet wesentlich mehr.

Topf und Söhne und Co.

Den meisten Rezensent:innen entgeht, dass in dem Film »The Zone of Interest« durchaus auch die Profiteure der Schoah gezeigt werden. Dazu gehört die Firma Topf und Söhne aus Erfurt, die die Verbrennungsöfen herstellen und die im Film ihre Produkte wie herkömmliche Staubsaugervertreter anpreisen. Man sieht sie auf einer Art Verkaufsgespräch mit Höss und seinem Stab, wo sie auf genau skizzierten Plänen die gute Wirkungsweise dieser Öfen hervorheben. Das bedeutet, dass dort in kurzer Zeit mit wenig Aufwand möglichst viele Menschen verbrannt werden können. Wir sehen hier also eine Mordmaschine des Kapitalismus am Werk, der hier vom eliminatorischen Antisemitismus profitiert und nur wenige Rezensent:innen wie beispielsweise Tomar Dotan Dreyfus in der Tageszeitung Neues Deutschland erwähnen diesen Aspekt überhaupt.

Topf und Söhne war lange Zeit vergessen und wurde erst bekannt, nachdem 2001 junge Linke das Topf-und-Söhne-Gelände in Erfurt besetzt hatten. Sie wurden geräumt, doch dass es dort heute einen Erinnerungsort gibt, ist auch ihr Verdienst. Später wird im Film auch gezeigt, wie sich die Familie Höss erfreut darüber unterhält, dass sich viele bekannte Firmen jetzt in Auschwitz ansiedeln. Auch dieser Aspekt wird nur von wenigen Rezensent:innen erwähnt. Das Fazit ist, der Film ist besser als viele Rezensionen vermuten lassen.

Peter Nowak

The Zone of Interest

USA

2023

-

106 min.

Regie: Jonathan Glazer

Drehbuch: Jonathan Glazer

Darsteller: Christian Friedel, Sandra Hüller, Johann Karthaus

Produktion: Ewa Puszczyńska, James Wilson

Musik: Mica Levi

Kamera: Łukasz Żal

Schnitt: Paul Watts