Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll Die Geschichte zweier tragischer Gestalten

Kultur

„Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll“ ist ein unterhaltsames, später zunehmend tragisches Biopic um den gleichnamigen Show-Pianisten und dessen Beziehung zu einem deutlich jüngeren Mann.

Filmcrew von Liberace am Film Festival von Cannes, 2013.
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Filmcrew von Liberace am Film Festival von Cannes, 2013. Foto: Georges Biard (CC-BY-SA 3.0 unported - cropped)

26. Dezember 2023
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Dabei sind es gerade die herausragenden schauspielerischen Leistungen, welche die Brüche der Figuren aufzeigen und damit das Drama sehenswert machen.

Liberace (Michael Douglas) liebt die Musik und die Aufmerksamkeit, die er mit seinen Auftritten als Pianist erhält. Er liebt aber auch die Annehmlichkeiten, die sein Leben im Showgeschäft mit sich bringen: Schmuck, Champagner, teure Autos. Und junge Männer. Als der Unterhaltungskünstler eines Tages Scott Thorson (Matt Damon) über den Weg läuft, ist er sofort von diesem angetan. Nicht nur dass er mit ihm eine Liebesbeziehung eingeht. Er überschüttet ihn zudem mit Geschenken und will dafür sorgen, dass es ihm nie wieder an etwas mangelt. Scott lässt sich darauf ein, nimmt dankbar alles an, was der deutlich ältere Liberace mit ihm teilt – ohne zu merken, wie er sich zunehmend von diesem abhängig macht …

Ein extravaganter Entertainer

Genie oder Scharlatan? An Liberace scheiden sich die Geister. Kommerziell war der Show-Pianist zweifelsfrei einer der Grossen. In seiner Hochphase zwischen den 1950ern und den 1970ern trat der Musiker überall auf, in Filmen, im Fernsehen und auf Bühnen. Das machte ihn zu einem der gefragtesten und bestbezahlten Entertainer seiner Zeit. Und einem der fleissigsten: Er veröffentlichte nonstop neue Platten. Und doch ist es mehr das Image, das einem von dem US-Amerikaner mit italienischen und polnischen Wurzeln in Erinnerung geblieben ist. Der Name Liberace stand und steht für Extravaganz, für schrille Auftritte und ein Leben, das Luxus auf groteske Weise zelebriert. Seine Bühnenshows waren nicht einfach Konzerte. Vielmehr inszenierte er sich kontinuierlich selbst.

Doch wer war der Mensch hinter dieser Glitzerfassade? Regisseur Steven Soderbergh (Ocean's Eleven, Let Them All Talk) versucht in Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll, eine Antwort darauf zu geben, indem der Film einen Teil seines Privatlebens herauspickt und diesen ausführlicher beschreibt. Genauer konzentriert sich das biografische Drama auf die Beziehung zu dem deutlich jüngeren Scott Thorson, der viele Jahre sein Partner war, auch wenn Liberace dies offiziell bestritt. Überhaupt tat der Showmaster alles dafür, seine Homosexualität zu verbergen – und gleichzeitig wieder nicht. Tatsächlich war er nicht übermässig zurückhaltend, wenn es darum ging, seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen zu lassen. Wer ihn aber in der Öffentlichkeit darauf ansprach, musste sich auf einen Rechtsstreit gefasst machen. So flamboyant seine Bühnenpersönlichkeit war, so unerbittlich war er bei der Verteidigung seines guten Rufes.

Die Geschichte zweier tragischer Gestalten

Das wirkt einerseits natürlich grotesk. Gleichzeitig ist Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll aber ohnehin das Porträt eines widersprüchlichen Menschen. So ist er einerseits ein gnadenloser Egozentriker, in dessen Leben für niemand anderen Platz ist. Die Schönheitsoperationen, zu denen er Scott drängt, sprechen da eine deutliche, gar verstörende Sprache. Aber er war durchaus um andere bemüht, war grosszügig, wollte sie verwöhnen und versorgen. Er war auch eine tragische Gestalt, die trotz eines grossen Reichtums und eines ausschweifenden Lebens nie wirklich frei war. Sein junger Liebhaber, lange Zeit Nutzniesser dieser Sehnsüchte, wird hier gleichermassen als Gefangener beschrieben, der seinem älteren Gönner ausgeliefert ist und nicht mehr aus dieser Abhängigkeit herausfindet. Seine jugendliche Schönheit verblasst. Übrig bleibt ein Spielzeug, das keine Verwendung mehr findet.

Beide Figuren sind herausragend gespielt. Wäre das Drama seinerzeit in den US-amerikanischen Kinos gelaufen, Nominierungen für Schauspiel-Oscars wären ziemlich sicher gewesen. Soderbergh scheiterte jedoch mit dem Versuch, eines der grossen Studios hierfür gewinnen zu können, weswegen Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll am Ende „nur“ ein TV-Film wurde. Soderbergh, allgemein frustriert von Hollywood, erklärte deshalb seinerzeit auch, genug vom Filmedrehen zu haben und nahm sich eine jahrelange Auszeit. Dass der Regisseur zuvor dieses Biopic umsetzen konnte, entgegen der Widerstände, war ein Glücksfall. Die Geschichte um einen Ausnahmekünstler, der nach Ruhm und Jugend gierte, ist gleichermassen faszinierend, unterhaltsam wie traurig. Und auch die Bilder eines brüchigen Luxuslebens sind nach wie vor sehenswert.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll

USA

2013

-

115 min.

Regie: Steven Soderbergh

Drehbuch: Richard LaGravenese

Darsteller: Michael Douglas, Matt Damon, Scott Bakula

Produktion: Susan Ekins, Gregory Jacobs, Michael Polaire

Musik: Marvin Hamlisch

Kamera: Steven Soderbergh

Schnitt: Steven Soderbergh

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.