Jeanne du Barry – Die Favoritin des Königs Historiendrama mit Anlaufschwierigkeiten

Kultur

Der Aufwand ist hoch, die Besetzung namhaft. Und doch ist „Jeanne du Barry“ kein wirklich interessanter Film geworden.

Die französische Filmschauspielerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin Maïwenn (links) in Cannes, 2015.
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Die französische Filmschauspielerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin Maïwenn (links) in Cannes, 2015. Foto: Georges Biard (CC-BY-SA 3.0 unported - cropped)

8. Dezember 2023
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Die Geschichte um eine Frau aus eher einfachen Verhältnissen, die zur Geliebten von Ludwig XV. wird, ist zwar nicht unspannend, entwickelt sich in den zwei Stunden aber kaum weiter. Hinzu kommen die grossen Schwankungen in der Tonalität.

An Männern mangelt es im Leben von Jeanne Bécu (Maïwenn) nicht gerade. Nicht nur, dass sie die Geliebte des Grafen du Barry (Melvil Poupaud) ist. Sie ist auch sonstigen Liebesdiensten nicht abgeneigt, was ihr und ihrem Partner viel Geld gebracht hat. Aber da ist noch mehr drin. Und so wird Jeanne mithilfe des Herzogs Richelieu (Pierre Richard) an den amtierenden König Ludwig XV. (Johnny Depp) vermittelt. Der findet tatsächlich sofort Gefallen an der jüngeren Frau und holt sie zu sich. Doch damit fangen die Probleme erst an. Trotz der guten Ratschläge von Jean-Benjamin François de la Borde (Benjamin Lavernhe) bleibt sie ein Fremdkörper in dem Palast. Und dann wären da noch die drei Töchter des Königs, die wenig mit dem Neuankömmling anfangen können. Vor allem Adélaïde (India Hair) tut alles dafür, um die unliebsame Kurtisane wieder loszuwerden …

Historiendrama mit Anlaufschwierigkeiten

Lange hatte Maïwenn davon geträumt, einen Film über Jeanne du Barry zu drehen. Doch irgendwie sah es nicht gut aus. Selbst als die ursprünglich als Schauspielerin bekannt gewordene Französin den Mut gefasst hatte, sich einem Historiendrama zuzuwenden, kam das Projekt nicht voran. So war ausgerechnet die Besetzung von König Ludwig XV. ein Problem, nachdem ihr reihenweise Schauspieler abgesagt hatten. Eigentlich hatte sie direkt nach Mein Ein, mein Alles das Projekt in Angriff nehmen wollen. Daraus wurde nichts, stattdessen wurde das Familiendrama DNA ihr nächstes Werk. Irgendwann klappte es aber doch, mit viel Aufwand und zahlreichen bekannten Namen durfte sie nicht nur ihren Traum umsetzen. Der Film eröffnete zudem 2023 die Filmfestspiele von Cannes. Also Ende gut, alles gut? Für Maïwenn mag das gelten, aus Sicht des Publikums wäre ein solches Urteil aber doch eher unangebracht.

Positiv ist natürlich die Ausstattung. Ob es die Schauplätze sind oder die rauschenden Kleider der Hofmitglieder, da gibt es schon jede Menge zu sehen. Vor allem bei den offiziellen Anlässen wird richtig aufgetrumpft, wenn die Leute versuchen, sich gegenseitig zu übertreffen. Fans von Kostümfilmen können allein deshalb schon mal bei Jeanne du Barry vorbeischauen. Auch schauspielerisch ist da einiges dabei, was eine Sichtung rechtfertigen kann. Maïwenn, die nicht nur die Regie übernahm, sondern auch am Drehbuch arbeitete und sich selbst für die Titelrolle auswählte, ist sowieso mit Spielfreude dabei. Die Art und Weise, wie sich selbst huldigt und als unwirklich schönen Menschen bezeichnet, hat dabei aber schon etwas unangenehm Narzisstisches an sich. Johnny Depp, der nach der Schlammschlacht mit seiner Ex-Frau Amber Heard viel Aufmerksamkeit erhielt, erledigt seine Sache ordentlich, zumal er die ganze Zeit Französisch sprechen muss.

Schwankend und nichtssagend

Und doch hinterlassen ein paar der Kollegen und Kolleginnen aus der zweiten Reihe einen grösseren Eindruck. Vor allem der oft in komischen Rollen auftretende Benjamin Lavernhe (À la Carte! – Freiheit geht durch den Magen) ist ein echter Szenendieb als süffisanter Kammerdiener des Königs, der die undankbare Aufgabe hat, Jeanne hoftauglich zu machen. Aber auch India Hair (Die Linie) hat in der Rolle der intriganten, arroganten Tochter einige markante Auftritte. Allerdings ist das Teil des Problems. Die beiden sind für die Komik zuständig, so wie es auch bei der Protagonistin zu humorvollen Szenen kommt, wenn sie in typischer Fish-out-of-Water-Manier mit den Gepflogenheiten am Hof überfordert ist. Und doch will Jeanne du Barry ein Drama sein und eine sehr tragische Geschichte erzählen. Dadurch kommt es zu extremen Schwankungen in der Tonalität.

Das andere grosse Problem ist, dass Maïwenn letztendlich nicht wirklich viel zu erzählen hat. Natürlich ist es schon irgendwie spannend, wenn eine Frau aus eher einfachen Verhältnissen plötzlich das Königshaus durcheinanderbringt. Nur kommt die Geschichte in den zwei Stunden einfach nicht vom Fleck, das dreht sich alles dauernd im Kreis. Gerade auch im Hinblick auf die Figuren gibt es praktisch keine Entwicklung. Sie werden lediglich älter. Dass der Film teilweise schlampig erzählt ist – siehe der wenig konsequente Umgang beim Rückwärtsgehen –, trägt auch nicht unbedingt zu einem guten Eindruck bei. Letzten Endes wird dann auch nicht wirklich klar, warum Maïwenn so besessen von dem Stoff war. Obwohl Jeanne du Barry zweifelsfrei seine Momente hat, unbedingt gesehen haben muss man ihn nicht.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Jeanne du Barry – Die Favoritin des Königs

Frankreich

2023

-

117 min.

Regie: Maïwenn

Drehbuch: Maïwenn, Teddy Lussi-Modeste, Nicolas Livecchi

Darsteller: Maïwenn, Johnny Depp, Benjamin Lavernhe

Produktion: Grégoire Sorlat

Musik: Stephen Warbeck

Kamera: Laurent Dailland

Schnitt: Laure Gardette

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.