Michael Löwy: ad Walter Benjamin Die Revolution als Notbremse

Sachliteratur

Es Landauerte mal wieder kurz bei mir und so wurde mir nicht ganz unpassend auch das schmale Bändchen von Michael Löwy über Walter Benjamin (Hamburg 2014) zugesteckt.

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9. August 2023
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Korrektur
In der Aufsatzsammelung findet sich auch der Beitrag Walter Benjamin und der Anarchismus (2014).

Ich muss zugeben, dass ich mich vor allem deswegen nicht mit dem jüdischen-säkularen, pessimistischen Intellektuellen befasste, weil dieser von bestimmten Freund*innen der Frankfurter Schule so gehypt wurde. Naja und wie soll ich sagen: Deren generelle Einstellung machte mich zum Zeitpunkt meines frühen Studiums überhaupt nicht an. Sie waren so todernst und trocken, dass man sich echt wundern musste, wie man schon als früher Erwachsener so geknickt sein konnte.

Oder eben auch nicht. Wer in Bayern, Sachsen oder Thüringen antifaschistisch aktiv war (oder ist, so viel hat sich in den letzten 10-15 Jahren auch wieder nicht geändert), hatte schon früh nicht viel zu lachen. Hinzu gesellte sich auch ein allzudeutsches Schuldgefühlt, dass seine Ausdrucksmöglichkeiten suchte. Blöderweise ging dass dann aber häufig mit einer pendantischen Rechthaberei einher, die mich noch weiter davon entfernte. Gut, vielleicht bin aufgrund meiner Erfahrungen des Scheiterns inzwischen soweit, den Benjamin zu lesen. Nun ist er mir aber wiederum immer noch zu gutbürgerlich und romantisch. Vielleicht bin ich einfach ignorant. Vielleicht doch ein militanter Optimist. Das wird sich noch zeigen.

Wie auch immer, Löwy fasst in seinem Aufsatz noch mal gut zusammen, dass Anarchist*innen seine Gedanken aufgreifen können. Ein fundierter Geschichtspessimismus ist nicht übertrieben, sondern durchaus angemessen. (Man kann die Rechten ja trotzdem noch mit Verschwulung, ethnischem Mischmasch und kreativer Sprache ärgern, diese dummen Opfer.) Erwähnenswert ist, dass Benjamin durchaus vom Parlamentarismus und Parteipolitik angewidert und von revolutionärer Gewalt angetan war. Eine Tatsache, die man den systemtragenden „Kritischen“ Theoretiker*innen heute durchaus mal wieder vorhalten sollte:

„Bejamins ganzes Bemühen besteht doch gerade darin zu zeigen, dass die moderne Barbarei nicht einfach die ‚Wiederholung' einer ‚prähistorischen' Wildheit ist, sondern ein Phänomen der Moderne – ein Gedanke, der für habermas, den hartnäckigen Verteidiger der modernen Zivilisation, kaum akzeptabel ist. Dagegen hat er mit grosser Intelligenz erfasst – um sie zu krtisieren -, was die Geschichtsauffassung des letzten Benjamin dem Surrealismus und dem Anarchismus verdankt: Die Revolution ist nicht die Krönung der historischen Entwicklung – der ‚Fortschritt' -, sondern die radikale Unterbrechung der historischen Kontinuität der Herrschaft.“ (Löwy 2002, S. 82)

Jonathan Eibisch

Michael Löwy: ad Walter Benjamin. CEP Europäische Verlagsanstalt 2022. 172 Seiten ca. CHF 27.00. ISBN: 978-3-86393-132-2.