Um auf spezifische Entwicklungen eingehen zu können, unterscheidet die Studie zwischen einer schwachen und einer starken Entkopplung von Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum. Schwache Entkopplung liegt vor, wenn die Energieintensität gemessen als Energieverbrauch im Verhältnis zur Bruttoinlandsprodukt (BIP) rückläufig ist, der absolute Verbrauch aber analog zum Wirtschaftswachstum weiter steigt. Von starker Entkopplung sprechen wir, wenn der absolute Verbrauch bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum sinkt. Dasselbe Prinzip wenden wir auch an für die Untersuchung der Entkopplung von THG-Emissionen und von konventioneller Energie, d.h. der Summe von nuklearem und fossilem Energieverbrauch.
Wirtschaftswachstum durch erneuerbare Energien ist möglich
Im vergangenen Jahrzehnt ging das globale Wachstum einher mit einem steten Anstieg des Energieverbrauchs – und das, obgleich die konventionelle Energieintensität sank. Zu dieser schwachen Entkopplung kam es durch verbesserte Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien. Seit 2004 sind Wind- und Sonnenenergie global die am schnellsten wachsenden Energiequellen, und dieser Anstieg beschleunigte sich in den vergangenen vier Jahren noch einmal deutlich. Dies gilt insbesondere auch für China, Indien und die OECD-Staaten. Unsere empirische Wirkungsanalyse zeigt zudem, dass Wirtschaftswachstum durch den Ausbau erneuerbarer Energien möglich ist.Dies macht Hoffnung für die Chancen von Klimapolitik. In den letzten zehn Jahren kam es besonders in den OECD-Ländern zu einer starken Entkopplung von konventioneller Energieerzeugung und Emissionen. Das Beispiel Deutschland zeigt, durch eine gelungene Strategie für erneuerbare Energien und erhebliche Energieeinsparungen lassen sich trotz Atomausstiegs Emissionen deutlich absenken.
Wegen ihres starken Wachstums spielen China und Indien für globale Trends eine besonders wichtige Rolle. Allerdings wachsen die beiden Länder sehr unterschiedlich. China gelang, trotz anhaltenden Wachstums, eine schwache Entkopplung von konventioneller Energie und Emissionen, und bald schon könnte auch eine starke Entkopplung möglich sein. Im Jahr 2014 stieg Chinas Kohleverbrauch nicht weiter an, und die mit 3 Prozent vergleichsweise geringe Zunahme des Energieverbrauchs wurde vor allem mit emissionsarmen Energieträgern wie Wind und Sonne gedeckt. In Indien hingegen wird der Ausbau der erneuerbaren Energien durch Investitionen in Energieträger, die hohe THG-Emissionen verursachen – vor allem in die Kohleverstromung –, mehr als neutralisiert.
Wie es in den USA, dem weltweit zweitgrössten Verursacher von THG-Emissionen, weitergeht, ist nicht klar. Zwar gelang es den USA, solides Wirtschaftswachstum zu verbinden mit sinkenden Emissionen, seit 2012 ist jedoch keine starke Entkopplung mehr festzustellen. Sollte China seine Emissionen weiter senken, ständen mit den USA und Indien nur noch die beiden grössten Demokratien der Welt dem Erfolg einer globalen Klimapolitik im Wege.