Die endlose Geschichte einer kaputten Bank Die Hypo Alpe Adria: Ein Paradebeispiel der Finanzkrise

Wirtschaft

18. September 2013

Als die HAA Ende 2009 verstaatlicht werden musste, um einen Bankrott der sechsgrössten Bank Österreichs abzuwenden, verkörperte sie in ihrem Aufstieg, ihrem Scheitern und ihrer Rettung einerseits alle Elemente der Banken-​ und auf sie folgenden Staatsschuldenkrise.

Hypo Group Alpe Adria Gebäude.
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Hypo Group Alpe Adria Gebäude. Foto: JJ55 (CC BY-SA 2.0 cropped)

18. September 2013
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Ein kleines Geldinstitut aus der Provinz, das durch gute politische Vernetzungen und den daraus resultierenden Kredit in Zusammenspiel mit der allgemeinen Euphorie über Kredit als Motor des Wachstums, vor allem im Immobiliensektor, weit über seine vorigen Möglichkeiten hinaus expandiert, als Vorzeigebeispiel für unternehmerischen Geist und Risikofreude gehandelt wird und schliesslich im Sog des allgemeinen Vertrauensverlustes in sich zusammensackt.

Darüberhinaus wies sie noch einige österreichische Besonderheiten auf, wie den Gang nach Osten bzw. Südosten: die Expansion der österreichischen Banken in ein Kapital-​Vakuum, in dem sie die Konkurrenz der grossen europäischen Banken nicht zu fürchten hatten und sich als Herolde der Marktwirtschaft und Krisengewinnler einer zerbröselnden realsozialistischen Wirtschaft, sozusagen als Retter in der Not feiern lassen und aufstrebenden Politikern zu Bereicherungs-​ und Vorzeigeprojekten verhelfen konnten.

Schliesslich war auch ein Stück Regionalpolitik im Spiel. Die Bank sollte den Einfluss Österreichs und im besonderen Kärntens in Ex-​Jugoslawien erweitern, sich in Kroatien und Bosnien breit machen und in Slowenien den dortigen staatlichen Banken über grössere Kapitalmacht das Wasser abgraben. Alle diese Machenschaften, wie auch der Verkauf an eine weit grössere, aber ähnlich gestrickte deutsche Bank wurden entgegen aller seither verlautbarten Dementis von den österreichischen Regierungen und Behörden gerne gesehen, denn dieses Treiben erhöhte den wirtschaftlichen und politischen Einfluss Österreichs im Hinterhof der EU.

Nachher wussten es dann natürlich alle, dass das nicht gutgehen konnte, dass die Expansion und Finanzierungen der HAA den Allüren Haiders geschuldet waren und nicht etwaigen ökonomischen Überlegungen entsprungen sind. Streng nach Drehbuch, wie im Falle der BAWAG, wurden die hochgelobten Entscheidungen von gestern zu Rechtsverstössen umdefiniert, der Misserfolg also kriminalisiert. Das ist die gewöhnliche Umgangsform, um das ehrenwerte Bank-, Geld- und Kreditgeschäft von allem Verdacht reinzuwaschen, an ihm selber, also am Geld und seiner Vermehrung, könnte was faul sein. Also werden Veranlagungen befreundeter Politiker und Geschäftsleute zu Geldwäsche und Steuerhinterziehung umdefiniert, die gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Politikern und Bankiers zu Korruption, illegaler Parteienfinanzierung und Steuerhinterziehung erklärt, Bilanz-​Kosmetik als Betrug entlarvt und jede Menge Gerichtsverfahren eingeleitet und Aktenberge zusammengetragen.

Was jedoch nebenbei, also ebenfalls nach dem Modell der BAWAG, angestrebt wurde, nämlich hinter diesem ganzen Getöse und „Wir räumen hier auf!“ die Bank wieder attraktiv zu machen und ganz oder in Teilen zu verkaufen, – das ist nicht gelungen. Die HAA hat nämlich überhaupt nichts zu bieten. Ausser Schuldnern, die nicht zahlen, gibt es entwertete Immobilien – Baugründe, halbfertig gebaute Hotels usw. – die um ein Mehrfaches ihres derzeitigen Wertes in den Büchern der HAA stehen. Ansonsten jede Menge „Werte“, die als Sicherheiten für inzwischen geplatzte Kredite gegeben wurden, als da sind: wiederum – eher kleinere – Immobilien, Jachten und Boote, Fahrzeuge aller Art, Warenlager usw. Ein Moment der versuchten Aufarbeitung der HAA war also, diese Besitztümer irgendwie zu Geld zu machen, zusätzlich zu ihrer Hauptaufgabe: die faulen Schulden der HAA abzuschreiben und das Institut wieder auf den Markt zu werfen. Nichts davon ist gelungen.

Der Abverkauf der Sachwerte bringt vergleichsweise Kleingeld und ist im Grunde auch mit der Tätigkeit einer Bank nicht vereinbar. Das Abschreiben der Schulden verringert die Bilanzsumme der Bank und lässt die Kreditgarantien des Landes Kärnten für die HAA schlagend werden, was nichts Gutes für das Budget dieses Bundeslandes verheisst. Vor allem: es ist aufgrund des Einbruchs der ost- und südosteuropäischen Märkte als Folge der Krise weit und breit nicht abzusehen, wie diese Bank wieder Geschäfte machen könnte.

Vor ca. einem halben Jahr erhielt die österreichische Regierung den sehr bedrohlichen Ratschlag aus Brüssel, diese Bank doch „abzuwickeln“, also endgültig zuzusperren. Als Vorbild wurde die Anglo Irish Bank genannt, die Haupt-​Verursacherin der Schuldenkrise Irlands, die still und leise aufgelöst wurde, nachdem die gesamten Schulden beim irischen Staat gelandet waren.

Inzwischen wurde dieses Ansinnen der EU – federführend für diesen Vorschlag war der Wettbewerbs-​Kommissar Almunia – wieder zurückgezogen. Vermutlich hat sich herausgestellt, dass das in Irland angewendete Verfahren in Österreich nicht durchführbar wäre, den ganzen restlichen Banksektor erneut ins Gerede bringen und in Turbulenzen versetzen würde. Die HAA war nämlich entgegen allen anderslautenden Behauptungen keine von Halbwahnsinnigen auf Kollisionskurs gebrachte Ausnahme, sondern ein typischer Repräsentant der österreichischen Bankenlandschaft. Ihre Abwicklung würde vor Augen führen, dass Raiffeisen, Erste Bank und UniCredit in etwas grösserem Ausmass ziemlich genau das Gleiche gemacht haben und auf ihren Ostmärkten jede Menge Rückschläge einstecken mussten: faule Kredit en masse, Tendenz steigend, kaum Vergabe von Neukrediten, also schrumpfendes laufendes Geschäft, und in manchen Ländern – wie Ungarn – auch politischen Gegenwind, der noch zusätzliche Verluste bescheren dürfte. Das Zusperren der HAA hätte wahrscheinlich einen Dominoeffekt, der die gesamt österreichische Wirtschaft und Österreich als Kapitalstandort in Frage stellen würde.

Also wird sie weiter am Leben erhalten, mit Geld- und Kreditspritzen aller Art, die das angestrebte österreichische Sparpaket gefährden und die Parteienkonkurrenz beflügeln. Alle „alten“ Parteien waren seinerzeit Parteigänger und Gönner der HAA-​Geschäfte – schliesslich wurde auch über die HAA Krieg und Staatsgründung Kroatiens in den 90-er Jahren mitfinanziert, obwohl da niemand etwas Genaues wissen will. Die Newcomer-​Parteien können sich also als Saubermänner präsentieren und mit den immergleichen dummen Parolen von „Korruption“, „Freunderlwirtschaft“, „immer der Steuerzahler!“, „Mit uns nicht!“ usw. auf die HAA deuten und auf Stimmenfang gehen.

Vermutlich werden wir noch länger von der HAA hören, nichts berauschend Neues allerdings.

Amelie Lanier