Korrupte Praktiken und schlechte Geschäftsführung Alstom - Die Bestechungs-Profis

Wirtschaft

7. Januar 2013

Der französische Energie- und Transportkonzern ist weltweit in Korruptionsskandale verwickelt. Das Vorgehen des Konzerns hat System: Alstom offeriert lokalen Politikern Schmiergeld, teils in Millionenhöhe, um an Aufträge zu kommen.

Alstom Promotion in Polen.
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Alstom Promotion in Polen. Foto: Travelarz (CC BY-SA 4.0 cropped)

7. Januar 2013
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Die Häufigkeit der bekannt gewordenen Fälle, legt die Frage nahe, ob es sich dabei um eine bewusst gewählte Geschäftsstrategie handelt. Alstom wurde mehrfach gebüsst und einige seiner Tochterunternehmen von Weltbank-Projekten ausgeschlossen. Ein hoher Konzernvertreter, Patrick Bessy, merkte nach dem Weltbank Ausschluss zynisch an: «Wir können diesen Projekten einfach mit anderen Tochterfirmen durchführen.» Der Konzern hält weiterhin an seinem illegalen Gebaren fest, in unregelmässigen Abständen fliegen neue Fälle auf. Korruption ist einer der grössten Hemmschuhe für wirtschaftliche Entwicklung, fördert die Armut, die Umweltzerstörung und untergräbt die Demokratie.

Unverantwortliches Konzernverhalten

Mexiko: Im Juli 2004 wurde Alstom International von einem mexikanischen Gericht wegen Bestechung von mexikanischen Beamten zu einer Busse von USD 31'000 verurteilt und für zwei Jahre von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen. Trotz verschiedenen Rekursen von Alstom

International wurde das ursprüngliche Urteil gegen Alstom im August 2008 bestätigt.

Italien: Anlässlich eines Korruptionsskandals um den staatlichen italienischen Energiekonzern Enel im Jahr 2008 verurteilte ein italienischer Rechnungshof einen früheren Mitarbeiter von Alstom wegen Bestechung von Enel-Vertretern im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens für das Kohlekraftwerk Sulcis in Sardinien.

Brasilien: Im Jahr 2008 wurde Alstom beschuldigt, USD 6,8 Million bezahlt zu haben, um den Zuschlag zu einem Auftrag im Rahmen der Erweiterung des Metrosystems in Sao Paulo zu sichern. 2011 wurde der Staatsanwalt von Sao Paolo offiziell beauftragt, wegen Korruptionsvorwürfen im Rahmen der Auftragsvergabe für die Wartung der Metro-Systeme von Sao Paulo und Brasilia gegen Alstom zu ermitteln.

Slowenien: Im Juni 2008 erhielt Alstom Power den Zuschlag für den Bau eines zusätzlichen Blocks bei einem Braunkohlekraftwerk in der Slowenischen Stadt Šoštanj. Der Auftrag war Teil eines Projekts, das von zwei öffentlichen Banken finanziert wurde – der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE). Die slowenische Kommission für Korruptionsprävention startete 2009 eine Untersuchung; in einem im Februar 2012 veröffentlichten Zwischenbericht hielt die Kommission fest, bei der Auftragsvergabe an Alstom sei möglicherweise Korruption im Spiel gewesen. Zusätzlich zu den engen Beziehungen zwischen Alstom und verschiedenen Akteuren im Beschaffungsverfahren hält die Kommission fest, „sei das Projekt undurchsichtig konzipiert und umgesetzt, mangelhaft beaufsichtigt sowie politischer Einflussnahme und Lobbyanstregungen ausgesetzt. Infolgedessen besteht ein hohes Risiko von Korruption und Interessenkonflikten.”

Der Name der Alstom Gruppe taucht auch im Zusammenhang mit korrupten Praktiken und schlechter Geschäftsführung auf, die in Australien, Frankreich, Ungarn, Grossbritannien, Polen und den USA Gegenstand von Ermittlungsverfahren sind.

Schweiz, Tunesien, Lettland, Malaysia: am 22. November, 2011, wurde die Alstom Tochter Alstom Network Schweiz AG von der schweizerischen Bundesanwaltschaft zur Bezahlung einer Entschädigung in der Höhe von 36,4 Mio. CHF (EUR 42 Mio.) verurteilt wegen Bestechungszahlungen an Amtsträger in Lettland, Malaysia und Tunesien. Die Untersuchung ergab, dass verschiedene von Alstom in den erwähnten Ländern unter Vertrag genommene Berater einen beträchtlichen Teil ihrer Honorare an ausländische Entscheidungsträger weitergeleitet hatten, um diese für die Anliegen von Alstom günstig zu stimmen.

Sambia, Weltbank: Am 22 Februar, 2012, wurden Alstom Hydro France und Alstom Network Schweiz AG und ihre Töchter von der Weltbank für drei Jahre von allen Projektbeteiligungen ausgeschlossen, nachdem sie “unzulässige Zahlungen” in der Höhe von 110'000 EUR an ehemalige hochrangige sambische Amtspersonen getätigt hatten, um sich einen öffentlichen Auftrag im Rahmen eines von der Weltbank finanzierten Projekts zu sichern.

Indonesien: Im Juli 2012 verkündete die indonesische Kommission zur Beseitigung der Korruption, ein Oppositionspolitiker werde verdächtigt, Bestechungsgelder in der Höhe von 300'000 USD entgegengenommen zu haben, damit der indonesischen Tochter der Alstom bei der Beschaffung von Apparaturen für ein Kohlenkraftwerk in Sumatra der Vorzug gegeben werde. Die Büros von Alstom Indonesien wurden im Rahmen der Ermittlungen durchsucht.

Folgen

Begründung: Korruption ist eines der grössten Hindernisse für wirtschaftliche Entwicklung und fördert Armut, Umweltzerstörung und politische Strukturen, welche die Demokratie untergraben. Korrupte Geschäftspraktiken belasten die Öffentlichkeit mit unnötigen Mehrkosten und unfairen Angebote von fragwürdiger Qualität. Sie wirken sich daneben auch negativ auf die politische Kultur in Investitionsländern aus und untergraben längerfristig das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatlichen Institutionen.

Aktueller Stand und Forderungen

Alstom muss auf Korruption und Bestechung verzichten und gezielte Massnahmen zu ihrer Verhinderung ergreifen, so wie es andere in der Branche tätige Unternehmen teilweise auch tun. Ausserdem müssen die politischen Rahmenbedingungen geändert werden. Konkret heisst dies:

1. Die Weltbank muss aufgefordert werden, a) in ihrem Sanktionsregime Entschädigungszahlungen vorzusehen für Länder, denen durch korrupte Praktiken Schaden entstand (ganz speziell Sambia); b) die gegenwärtigen Bestimmungen des Abkommens zur gegenseitigen Anerkennung von Ausschlüssen dahingehend zu erweitern, dass Unternehmen, die wegen Korruption vom Ausschreibungsverfahren einer multilateralen Entwicklungsbank ausgeschlossen wurden, automatisch von allen solchen Verfahren anderer multilateraler Entwicklungsbanken ausgeschlossen werden, statt sich mit jedem solchen Fall einzeln befassen zu müssen.

2. EIB und EBWE müssen aufgefordert werden, die Finanzierung des Sostanj Projekts einzustellen und die EIB soll zusätzlich das Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Ausschlussentscheiden, das andere multilaterale Entwicklungsbanken bereits unterzeichnet haben, ratifizieren und anwenden.

3. Die europäischen und französischen Institutionen werden aufgefordert, bei der Prüfung von Projekten, an denen Alstom in irgendeiner Form beteiligt ist, besondere Sorgfalt walten zu lassen und die entsprechende Gesetzgebung zu verbessern (Sanktionen treffen immer die ganze Gruppe und nicht nur die betreffenden Tochtergesellschaften; Sanktionen kommen automatisch in allen Mitgliedstaaten zur Anwendung).

4. Die EU-Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Sanktionen gegen Firmen, die in anderen Mitgliedstaaten wegen Korruption verurteilt wurden, in jedem Fall anzuwenden (wie in der EU-Direktive 2004/18/EC (Artikel 45.1 vorgesehen).

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