Hoffnungslosigkeit des Daseins Die soziale Frage

Prosa

17. Februar 2002

"Noch'n Kind können wir uns nicht leisten - wenn uns nix einfällt kommts heut Abend weg!" Ungeduldig hatte er einen Moment abgepasst, in dem keines der Kinder hier in ihrer kleinen und stickigen Wohnküche herum sprang. Diese Art Dinge erfuhren sie noch früh genug.

Schattenriss des Mikrowelletelekommunikationturms -  Wellington, Neuseeland.
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Schattenriss des Mikrowelletelekommunikationturms - Wellington, Neuseeland. Foto: Tony Wills (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

17. Februar 2002
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Er hatte es sich nicht leichtgemacht. Wirklich nicht. Er hatte Arbeit, aber gut bezahlt wurde sie nicht. Weiss Gott! Hier in der Gegend gab es Landwirtschaft und das Werk. Und er war im Werk. Auf Gedeih und Verderb.

War man im Werk, war man im Werk.. Und nichts anderes. Für immer.

Seine Frau blickte ihn erschreckt an. "Aber... aber....?"
Resigniert verfiel sie in Schweigen, die weiteren Worte, zum Beispiel die Frage "gibt es nicht vielleicht doch noch eine andere Möglichkeit?" wusste sie, konnte sie sich sparen. Ihre Verhältnisse, finanziell und damit auch räumlich, sie wussten es beide genau, liessen nicht zu, ein weiteres Kind durchzubringen.

Sie schluchzte, bitter, resigniert.

Es war weniger die Aussicht, wieder auf dem Küchentisch durch die Manipulationen ihres Mannes eine Schwangerschaft abzubrechen, als die Wiederholung dieses dumpfen Zyklus aus kurzer Lust, oder auch nur pflichtbewusster Routine, verhängnisvoller Empfängnis und einer schmerzhaften, erniedrigenden, nicht ungefährlichen, sie war mehr als einmal fast verblutet, Prozedur mit ungeeigneten Gerätschaften.

Diese Schleife bildete die ganze Hoffnungslosigkeit ihres Daseins ab.
Sie wusste es. Er wusste es.

Sie waren Gefangene ihrer armseligen Existenz. Beide früh verbraucht, beide früh verbittert.

Sie hatte sich auf einen kleinen Schemel gesetzt, zitternd, und heulte in ihre Küchenschürze.

Ihm wurde es hier unerträglich.

Fast dankbar registrierte er den Umstand, dass es sowieso Zeit für ihn war. Er musste los. Zeit für die Schicht.

Ungeschickt versuchte er seiner Frau tröstend über ihr immer noch sehr volles, nur von wenig Grau durchsetztes Harr zu streicheln. Sie wollte keinen Kuss von ihm.
"Es muss sein.... 's muss halt sein....!" stammelte er, wie um eine Entschuldigung bemüht.
Er griff nach seinem Henkelmann und stürmte los.

Bdolf