Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft nach 12 Monaten eingestellt Zu dem Gewaltanschlag auf meine Wohnung vom 22. August 2012

Politik

14. August 2013

Unbekannte hatten vor einem Jahr nachts einen Gewaltanschlag auf das Wohnhaus meiner Familie in Adlershof verübt, die Fenster des Wohnzimmers mit Pflastersteinen eingeworfen und den Briefkasten gesprengt.

N-Neonazi Demonstration in Berlin.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

N-Neonazi Demonstration in Berlin. Foto: No machine-readable author provided (CC BY-SA 3.0 unported) (PD)

14. August 2013
0
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Die Polizei hielt einen rechten Hintergrund für sehr wahrscheinlich und wollte Zusammenhänge mit ähnlichen Anschlägen im Bezirk prüfen. Der Ermittlungsdruck auf die rechte Szene sollte erhöht werden, forderten Parteien, es war von Null-Toleranz-Strategie die Rede. Innensenator Henkel hatte erklärt, der Staatschutz ermittle mit Hochdruck. Ein Jahr später ist die Luft raus, kein Täter gefasst.

Es ist ziemlich unbefriedigend und frustrierend – und zwar für meine ganze Familie, denn der Anschlag vom August vorigen Jahres richtete sich ja auf meine Privatsphäre - , das trotz des gleichen Musters bei den damals dicht aufeinander folgenden Gewaltanschlägen und einer recht überschaubaren Gruppe von Neonaziakteuren als Tatverdächtigen nach monatelangen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft nichts Greifbares herauskommt. In meinem Fall ging es „nur“ um Sachbeschädigung, beschädigt sehe ich aber auch in diesem Fall den Ruf der Polizei und der Justiz.

Exakt 12 Monate nach dem Anschlag erreichte mich die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin, das keine belastbaren Hinweise auf mögliche Tatbeteiligte vorliegen, Tatzeugen nicht zur Verfügung stünden, auch eine Funkzellenauswertung keinen Erfolg brachte und daher das Verfahren eingestellt wurde.

Der oder die Gewalttäter laufen also immer noch frei herum und an den immer neuen rechtsextremen Vorkommnissen in Schöneweide und Johannisthal ist zu sehen, dass sie weiter ungebremst aktiv sind. Aber auch ich werde weiter aktiv sein, denn mit Intoleranten kann es keine Toleranz geben. Der NPD-Landesvorsitzende Schmidtke hat mir bei einer Begegnung vor wenigen Wochen auf der Brückenstrasse, wo er wohnt, scheinheilig die Frage gestellt, ob der Anschlag auf mein Haus nicht ein selbstinszenierter Versicherungsbetrug gewesen wäre. Als ich ihm antwortete, dass diese bösartige Unterstellung eine Verleumdungsklage nach sich ziehen würde, meinte er nur süffisant, das sei doch nur eine Frage gewesen.

Der Johannisthaler Neonazi Julian B. sprach mich bei einem der antifaschistischen Kiezspaziergänge, die er mit seinen Kumpanen zumeist störend begleitet mit dem Vornamen an und fragte, wie es denn meinem Briefkasten ginge. Sollte damit die gezielte Einschüchterung von Engagierten fortgesetzt werden? Auch nur eine Frage. Bei all diesen unfeinen Begegnungen waren immer LKA-Beamte in Sicht- und Hörweite präsent, die Staatsschützer können also nicht sagen, sie wüssten von nichts. Viel wissen ist aber wohl weit entfernt von viel tun.

Ich erneuere bei dieser Gelegenheit meine vehemente Kritik an der Sicherheitsstruktur dieses Staates – mag sein, das zuständige Stellen etwas wissen und auch einiges tun, aber es folgen kaum oder keine Konsequenzen. Das Versagen der Sicherheitsbehörden im Allgemeinen bei der Mordserie des NSU setzt sich fort im Kleinen bei der fehlenden Aufklärung von politischen Straftaten wie in meinem Fall. Keine schöne Erkenntnis, aber auch kein Grund zum Nachlassen des zivilgesellschaftlichen Engagements.

Hans Erxleben