Wer sind die Produzenten dieses Systems und worin liegt ihr Nutzen? Migration: Fluchtgrund Imperialismus

Politik

27. Oktober 2015

Derzeit beherrschen dramatische Bilder von scheinbar unaufhaltsamen Flüchtlingsströmen die Morgenlektüre und die Abendnachrichten. Nun sind die Flüchtlinge nicht mehr im fernen Kos oder auf Lampedusa – sie kommen jetzt auch massenhaft in Deutschland an.

Migranten in Ungarn nahe der serbischen Grenze.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Migranten in Ungarn nahe der serbischen Grenze. Foto: Gémes Sándor - SzomSzed (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

27. Oktober 2015
0
0
6 min.
Drucken
Korrektur
In Politik, Medien und Gesellschaft sorgt dies von Links bis Rechts für so manchen Aufreger. Leider ist wenig erhellendes dabei zu finden und das hat seinen guten Grund, jedenfalls für die herrschende Klasse.

Die herrschende Klasse in Deutschland will die derzeitige Flüchtlingsbewegung auf eine „Asyldebatte“ eindampfen. Dabei ist der Ausdruck „Asyldebatte“ an und für sich schon irreführend, denn politische Verfolgung als Asylgrund greift bei der sich derzeit abspielenden Situation zu kurz. Bei den heutigen Flucht- und Wanderbewegungen handelt es sich im Kern um Flucht vor lebensfeindlichen Bedingungen allgemein. Neben politischer und ethnischer Verfolgung sind dies auch Armut, Unterdrückung und Umweltzerstörung, also Faktoren, die das Leben der Menschen soweit beeinträchtigen, dass sie lieber eine ungewisse Zukunft in der Ferne in Kauf nehmen, als in ihrer zerstörten Heimat zu bleiben. Damit sind die Fluchtgründe der sogenannten, und mit diesem Ausdruck diskreditierten, „Wirtschaftsflüchtlinge“ mindestens genauso legitim wie die der als „politisch“ Bezeichneten.

Nach UNHCR Angaben sind derzeit ca. 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Dabei sind jene Menschen, die sich auf Wanderschaft machen, in der Hoffnung auf bessere Lebens- und Arbeitsbedingen noch gar nicht mitgerechnet. Was hat diese neue „Völkerwanderung“ ausgelöst, warum sind heute so viele Menschen auf der Flucht?

Die Ursache liegt in der immensen destabilisierenden Wirkung die die imperialistische Politik seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts ungehindert entfachen konnte.

Setzte bis dahin die Sowjetunion diesem zügellosen Treiben der westlichen Mächte noch gewisse Schranken, so ist seit dem Wegfall dieses Regulats die hemmungslose Politik des Imperialismus bis in den letzten Winkel des Planeten spürbar. Konsequent hat der Imperialismus grosse Weltregionen komplett ins Chaos gestürzt. Angefangen von den ehemaligen Ostblockstaaten bis hin zur Ukraine, der arabischen Welt, Irak, Libyen, Syrien, bis nach Afghanistan. Angeblich um „Demokratie zu bringen“ oder „den Kampf gegen den Terror zu führen.“ Alles nur Propagandalügen um ihre aggressive Expansionspolitik zu bemänteln.

Die skrupellose Ausbeutung Afrikas hat ausgeblutete Regionen geschaffen deren Menschen keinen anderen Ausweg mehr sehen, als sich auf den gefährlichen Weg nach Europa zu machen - um eines vermeintlich besseren Lebens willen. Die Menschen Osteuropas, deren Volkswirtschaften mittlerweile in einem mehr als desolaten Zustand sind, zieht die Aussicht auf Lohn und Brot nach Westen. Die Menschen der arabischen Bürgerkriegsregionen, die ihr vorheriges normales Leben verloren haben, versuchen das nackte Leben zu retten, aber auch die Menschen der europäischen Peripherie sehen in ihren vom kapitalistischen Markt niedergerungenen Ländern keine Perspektive mehr und machen sich auf in die vermeintlichen Zentren des Wohlstands – in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die Imperialisten hingegen, die für diese chaotischen Zustände die Verantwortung tragen reagieren wie immer mit Angriff. Sie führen den Krieg gegen die Armen, anstatt gegen die Armut. Sie bauen eine Mauer um Europa und versuchen sich so der Folgen ihrer Politik zu entledigen. Das ist die Antwort eines Systems, das nur Profitmaximierung als Prämisse kennt. Deshalb ist es im Grunde sinnlos sich an den „Problemlösungen“ innerhalb dieses Systems zu beteiligen, so notwendig und humanitär geboten es teilweise ist. Ohne den politischen Kampf gegen dieses mörderische System, als Ursache der derzeitigen Situation, sind alle anderen Massnahmen sinnlos.

So wichtig es ist die Ursachen die hinter dieser humanitären Katastrophe, welche die Flüchtlingsbewegung darstellt, aufzudecken, so wichtig ist es die Verursacher und Nutzniesser dieses Desasters zu benennen.

Richtig ist, dass im menschenverachtenden imperialistischen System als solches die Wurzel allen Übels angelegt ist. Es verursacht Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung, Hunger und Verelendung - alles Gründe die Menschen zur Flucht zwingen. Aber so sicher es ist, dass das System seiner inneren Logik nach funktioniert, mit den eben beschriebenen negativen Folgen, so sicher ist es, dass dieses System von realen Menschen gemacht, genutzt und am Laufen gehalten wird.

Der Gegner hat Name und Anschrift

Die Antwort kennt im Grunde jeder: Die herrschende kapitalistische Klasse und es geht ihnen darum aus jeder Situation Profit für sich herauszuschlagen. Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung sind keine Naturkatastrophen oder zwangsläufige physikalische Abläufe, nein, sie sind bewusste, von Menschen erdachte, produzierte und aufrechterhaltene Instrumente, mit dem Ziel ihre Macht zu erhalten und ihren Reichtum zu mehren. Und deshalb muss es hier nicht nur um „abstrakte“ Ursachen gehen, sondern auch um konkrete Schuld, die zugewiesen – und bezahlt werden muss. Schuld an der verzweifelten Lage eines grossen Teils der Menschheit, welche jetzt die Fluchtbewegungen ausgelöst hat, sind die Kapitalisten in ihren skrupellosen, rachgierigen Streben nach Reichtum. Sie sind es die ganze Weltregionen destabilisiert und den Menschen dort die Zukunftsperspektive und die Heimat genommen haben.

Die Folgen sollen nun mal wieder alle bezahlen. Es ist richtig, wenn die Menschen in Europa heute praktische Hilfe für die Flüchtlinge leisten, denn auch sie haben Mitverantwortung. Aber so wichtig es ist Menschen zu helfen und zu unterstützen, aus Humanität und um der internationalen Solidarität willen, so wichtig ist es die Verursacher und Nutzniesser der Krise zur Rechenschaft zu ziehen. So wie bei der Banken“Krise“ und der Griechenland “Rettung“ die arbeitende Bevölkerung zu Kasse gebeten wurde, so soll heute wieder die Allgemeinheit die Folgen imperialistischer Vertreibungspolitik tragen. Nicht wir ArbeiterInnen haben Hochrisikogeschäfte abgewickelt oder Waffen in Kriegsgebiete verkauft und uns dabei dumm und dämlich verdient – es sind die Kapitalisten und ihre Helfershelfer. Deshalb kann Solidarität mit den Flüchtlingen nicht gedacht werden ohne den Kampf gegen den Imperialismus zu führen und ohne den Verursachern in den Arm zu fallen. Dies ist keine Instrumentalisierung des Themas, sondern es ist das Thema. Alle anderen Ansätze greifen zu kurz.

Die Kriegsgewinnler, Brandstifter, Ausbeuter, Umweltverschmutzer und Unterdrücker müssen zur Verantwortung gezogen werden. Ihre Villen sollen mit Asylsuchenden belegt und ihr Geld dazu benutzt werden den Schaden aufzuräumen, den sie verursacht haben. Denn erst durch Gerechtigkeit kann es Frieden geben und deshalb müssen die Mächtigen für das was sie angerichtet haben bezahlen! Mitbezahlen sollen auch alle Politiker, Bürokraten, Bullen und Militärs die durch ihre „Arbeit“ das System erst funktionsfähig machen. Sowie alle Nazis und Rassistenschweine die durch ihre menschenverachtende Ideologie zur Untermauerung des Systems beitragen und den Flüchtlingen die Schuld an der derzeitigen Lage zuweisen. Eine üble Verdrehung der Tatsachen und eine hinterlistige Verschleierung der Wahrheit.

Deshalb gilt unsere Solidarität den Flüchtlingen und unser Kampf der herrschenden Klasse und wir fordern alle fortschrittlichen, humanitären und nach Gerechtigkeit strebenden Menschen auf sich an diesen Kampf in irgendeiner Form zu beteiligen. Es geht um nicht weniger als um eine Welt in der alle Menschen frei von Ausbeutung und Unterdrückung in Frieden und Wohlstand leben können. Dies ist das Bedürfnis des grössten Teils der Menschheit. Und diese Welt ist möglich.

organisierte autonomie