Flüchtlingskatastrophe Italien und die Flüchtlinge

Politik

20. April 2015

Die Medien wetteifern förmlich damit, wenn sie fast wöchentlich „von der schlimmsten Flüchtlingskatastrophe seit dem Tod von…“ im Mittelmeer berichten.

Gerettete Flüchtlinge auf einem Boot der italienischen Küstenwache vor Lampedusa.
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Gerettete Flüchtlinge auf einem Boot der italienischen Küstenwache vor Lampedusa. Foto: Vito Manzari (CC BY 2.0 cropped)

20. April 2015
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„Bis zu…(x-hundert) Menschen ertrunken…“ lauten die Schlagzeilen, und suggerieren zunächst, dass die Katastrophe im Elend und im Ertrinken der Flüchtlinge bestehe. Weit gefehlt, wer dies vermutet.

So berichtet die FAZ, im Zuge der im Herbst 2014 eingerichteten EU-Grenzschutzmission „Triton“ „…trägt der italienische Küstenschutz die volle Last… Italien fühlt sich alleingelassen“ und der italienische Aussenminister Gentiloni beklagt die zu geringen Finanzmittel aus Brüssel. Italien, im Vergleich zur restlichen EU, ist besonders vom „Flüchtlingsstrom“ betroffen, sieht also bei sich selbst die eigentliche Katastrophe. Wer die eigentliche Katastrophe bei sich sieht, will sie von sich fern halten – wie, darüber streiten Regierung und Opposition.

So rief der Innenminister Alfano die Regionen auf, „…weitere Lagerkapazitäten zu schaffen. Im Oktober hatte der Innenminister die Behörden noch einmal verpflichtet, die Identität jedes Einwanderers zu sichern und die nach den EU-Richtlinien nötigen Behördendurchläufe zu beschleunigen“. Klar, wer als auswärtiger Staatsangehöriger erfasst werden soll, muss natürlich jederzeit ‚greifbar' sein, so dass er dann, wenn Person und Herkunftsland geklärt sind, beschleunigt gezielt abgeschoben werden kann. Das betrifft, wie man vorher schon erfährt, mindestens 90% der Flüchtlinge.

So zu verfahren, also für das Aufnehmen und Abschieben, Finanzmittel, organisatorische Einrichtungen und Kräfte der italienischen Polizei u. a. zu Lasten Italiens aufzuwenden, hält der Parteichef der Lega, Salvani, für einen überflüssigen, für Italien schädlichen Weg. Sein Plädoyer: „… Immobilien (zu) blockieren, die die Regierung zur Unterbringung… von Flüchtlingen nutzen will. ‚Wir besetzen die Hotels!' Wenn er an der Regierung wäre, würde er der Küstenwache Anweisung geben, keinen einzigen Migranten an Bord zu nehmen, drohte Salvani.“ Beide Standpunkte bezwecken das Gleiche – die Flüchtlinge, abgeschreckt, auf ihre Elendslagen festzunageln oder wieder dorthin zu schicken.

Welcher Standpunkt ist der ‚kaltherzige, inhumane', und welcher ist von der ‚politischen Sorge um das Flüchtlingsproblem' beseelt?

Berthold Beimler

Zitate aus http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/400-fluechtlinge-im-mittelmeer-vor-libyens-kueste-ertrunken-13539345.html