Vervielfältigungsapparat oder Maschinengewehr? Rechte Adbustings oder die Ambilvalenz des Verstehens

Politik

11. Mai 2020

Rechte Adbustings sind vermutlich genauso alt wie linke Kommunikationsguerilla. Trotzdem sorgt die Verwendung dieser Aktionsformen auch durch Nazis für Irritationen.

Adbusting in Berlin.
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Adbusting in Berlin. Foto: indymedia (CC BY-NC-SA 3.0 cropped) (CC BY-NC-SA 3.0 cropped)

11. Mai 2020
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Dahinter steckt ein Missverständnis, dass darauf beruht, dass linke Politik oft als Subkultur agiert. Handlung und Inhalt werden deshalb oft gleichgesetzt oder verwechselt. Ein selbstkritischer Umgang mit diesem Problem könnte helfen, Vereinahmungsversuchen von Rechts zu begegnen.

Sind Adbustings rechts?

Im Februar 2019 ging ein Stürmchen durch die Hauptstadtpresse: »Auch Rechtsextreme kapern Werbeflächen. Am Samstag hingen in Werbekästen der Wall AG plötzlich Plakate der IB« (1). Der Nachrichtenwert scheint sich dabei vor allem aus dem dritten Satz zu ergeben: »Eine linke Gruppe war wenige Tage zuvor mit einer ähnlichen Aktion aufgefallen.« In schönst vollendeter Extremismustheorie-Apologie (2) wird das Thema am Ende des Artikels wieder aufgenommen: »Ob ein Zusammenhang zwischen der Aktion der Identitären und der eher links einzuordnenden Gruppe Rocco und seine Brüder besteht, darüber wollte die Unternehmenssprecherin der Wall AG nicht mutmassen.«

Mensch sieht hier sehr deutlich, wie die mutmassliche ›Journalist*in‹ sowohl versucht, der Pressesprecher*in ihren Spin in den Mund zu legen, als auch die Pressesprecher*in als vermeintliche Kronzeug*in für einen hufeisenförmigen Zusammenhang heranzuziehen. Um den Effekt zu verstärken, geht es mit Belanglosigkeit weiter: »Klar ist aber auch: Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Videos der ›Rocco‹-Gruppe wurden die Identitären aktiv.« Auch in linken Kreisen gab es Reaktionen a la ›Adbusting? Das macht doch auch die IB?‹ Die Frage ist Teil eines grösseren Problems. Die Reflexhaftigkeit der Frage zeigt sich daran, dass niemand mit der Frage ›Demos? Das machen doch auch Nazis?‹ die mit Abstand am häufigsten von Linken verwendete Aktionsform in Frage stellt. Doch was hat es damit auf sich?

Ein doppeltes Missverständnis

Hinter diesem Missverständnis stehen mindestens zwei tiefere Probleme. Das erste ist die mangelnde tiefer reichende Reflexion über das Verhältnis von Politik und Subkultur. Die linksradikalen Mosaike in Deutschland sind bis auf wenige Ausnahmen Subkulturen. Sie verstehen sich aber als politische Bewegungen. Leider funktioniert beides nach völlig unterschiedlichen Logiken. Das Schlimmste, was einer Subkultur passieren kann, ist, dass ihre Formensprache Mainstream wird. Wenn es alle wie die Subkultur machen, ist Subkultur erledigt. Politik funktioniert genau anders herum: Wenn der Mainstream linksradikale Inhalte übernimmt, haben wir gewonnen (3). Ein Denken in subkulturellen Logiken steht dem leider im Weg.

Handlung vs. Inhalt

Das zweite Problem der subkulturellen Logik ergibt sich bei der Betrachtung des Unterschiedes zwischen subkulturellen Handlungen und politischen Inhalten. Die Zugehörigkeit zu einer Subkultur konstituiert sich durch bestimmte Handlungen: Ich gehöre dazu, wenn ich bestimmte Kleidung trage; ich gehöre dazu, wenn ich eine bestimmte Musik höre; ich gehöre dazu, wenn ich bestimmte Sachen sage; ich gehöre dazu, wenn ich auf bestimmte Demos gehe.

Ritualisierte Handlungen

Diese subkulturelle Logik zeigt sich in der erwähnten Frage: »Adbusting? Macht das nicht auch die IB?« Anstatt nach dem Inhalt einer Aktion zu fragen, geht's nur um die Handlung. Aus dem selben Grund wird in linken Kreisen fast nie hinterfragt, ob im konkreten, politischen Kontext eine Demo überhaupt sinnvoll ist. Stattdessen nimmt die subkulturelle ›DNA‹ den Auseinandersetzungsprozess vorweg. Irgendwas Schlimmes, uns emotional Berührendes passiert, also machen wir selbstverständlich eine Demo. Denn in Subkulturen geht es um die ritualisierte Handlung, die Gemeinsamkeit schafft. Eine bestimmte Politik definiert sich hingegen eher über den Inhalt.

Aktionsformen als Werkzeugkasten

Ein politischer Blick sieht Aktionsformen als Werkzeuge. Je nach politischer Situationseinschätzung würde mensch ein der Vermittlung des politischen Inhaltes angemessenes ›Aktions-Tool‹ wählen, wie es bei neoliberalen NGOs neudeutsch treffenderweise heisst. In der linken Subkultur nimmt mensch stattdessen immer den Demo-Hammer, egal, ob man Schrauben oder Nägel in der Wand haben möchte.

Adbustings von antiken Nazis?

Wenn mensch Aktionsformen als Werkzeuge sieht, verwundert es nicht, dass auch Nazis Demos und Adbustings für ihre Anliegen nutzen. Dies zeigt auch der Blick in die Geschichte. Ob die geschilderten Adbustings aus Pompeji emanzipatorischen Charakter hatten, darf angesichts der erkennbaren Aktionstaktik (Dirty-Campaigning) und der fehlenden Quellenlage zum historischen Geschehen gerne bezweifelt werden. Mindestens seit 1957 ist die Aktionsform Adbusting in der rechten Filterblase belegbar. Im von Nazis gern gelesenen Buch Der totale Widerstand von Hans von Dach (4) werden bereits Adbustings als Aktionsform vorgeschlagen.

Vervielfältigungsapparat oder Maschinengewehr?

Der Autor, ein Schweitzer Major, nimmt an, dass eine ausländische, kommunistische Macht die helvetische Konföderation besetzt. Allen Soldat*innen, die beim Rückzugsgefecht abgeschnitten werden, und Zivilist*innen, denen aufgrund ihrer politischen oder sozialen Positionierung Repression und Erschiessung drohen, empfiehlt er lieber »aufrecht« mit der Knarre in der Hand zu sterben. Um das zu erleichtern, versucht er den Anführer*innen ein Handbuch zu geben. Erwartungsgemäss geht es im Buch viel ums Leute liquidieren und Sachen in die Luft jagen. Aber von Dach schreibt auch: »Die politische Polizei fürchtet illegale Schriften fast noch mehr als Schusswaffen und Sprengmittel. […]. Eine Schreibmaschine ist oft wichtiger als eine Pistole. Ein Vervielfältigungsapparat ist so viel wert wie ein Leichtes Maschinengewehr« (5).

»Alles Lüge!«

Auch einfache Formen von ›Adbusting‹ beschreibt von Dach: „[…] Propaganda-Plakate, die für die feindliche Ideologie werben, müssen bekämpft werden. […] Setze hierzu Spezialtrupps ein, welche die Plakate abreissen, abkratzen, überkleben, überschmieren oder mit Gegenplakaten überkleben.“ Auch dass Kommunikationsguerilla gerade in der Defensive als Taktik sinnvoll ist, erkennt von Dach: »Wenn die gegnerische Strassenüberwachung scharf und wirksam ist, begnügt man sich damit, einen relativ kleinen Klebestreifen in schreiender Farbe mit dem Aufdruck ›Alles Lüge!‹ quer über das amtliche Plakat zu kleben.« Denn: »Das braucht wenig Zeit und macht keinen Lärm.«

Die geheime Macht der Widerstandsbewegung

Im Angesicht der kommunistischen Gefahr kann sich der rechte Militär sogar für das bürgerliche Schreckgespenst Graffiti erwärmen: „Mauerparolen, in grosser Zahl Nacht für Nacht angeschmiert, machen den Gegner nervös und heben das Selbstvertrauen der Bevölkerung. Sie dokumentieren die geheime Macht der Widerstandsbewegung“ (6).

Gut organisierte Gruppierung?

Der serbische OTPOR-Aktivist Srdja Popovic beschreibt 54 Jahre später mit anderen Worten genau dasselbe: »[…] in einer Nacht konnten wir 300 geballte Fäuste sprühen, und eines Morgens wachten die Bürger von Belgrad auf und sahen, dass der gesamte Platz der Republik mit Graffiti-Fäusten verziert war. Damals hatten alle Angst vor Milosevic und die Aktion vermittelte den Leuten den Eindruck, dass sich hinter den Kulissen eine grosse und gut organisierte Gruppierung formiert hatte. Und bald war dies tatsächlich der Fall. Junge Leute, die die Faust mit der Unterschrift ›Widerstand‹ überall sahen, wollten natürlich mehr über diese neue, coole Sache erfahren. Sie wollten dabei sein« (7).

Inhalt ist entscheidend

Das dürfte den Werkzeugcharakter dieser Aktionsformen zeigen und deutlich machen, dass sich linksradikale Politik von rechter Politik vor allem durch den politischen Inhalt unterscheidet – und nicht dadurch, dass die einen Demos und die anderen Adbustings (8) machen würden. Das mag trivial klingen, angesichts der Extremismustheorie u.a. bei Tagesspiegel und dem subkulturellen Denken in der Linksradikalen scheinen uns diese Klarstellungen aber notwendig.

Der gesellschaftliche Kontext

Es ist noch aus anderen Gründen wichtig. Kommunikationsguerilla ist gut im Erzeugen von Aufmerksamkeit und eher schlecht im Vermitteln von Inhalten. Für Adbustings gilt dies umso mehr, da sie mit der plakativen, zuspitzenden Logik von Reklame arbeiten (müssen). Darüber hinaus ist das Wirken von Kommunikationsguerilla immer abhängig vom gesellschaftlichen Kontext, in dem sie stattfindet. Das führt dazu, dass sich die Wirkung nicht immer 100% vorhersehen lässt, da die Betrachtenden bei der Interpretation des jeweiligen Adbustings auf ihre eigenen Wissensschätze und das, was sie für real halten, zurückgreifen müssen.

Machtgeil, oder...

Als Beispiel für dieses Problem möge das eingangs gezeigte Adbusting eines SPD-Wahlplakates aus dem Jahr 2005 herhalten (→ siehe Seite 109). Das originale Plakat zeigt den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (9) mit den Slogan: ›Kraftvoll, Mutig, Menschlich.‹ Schröder wird so als kerniger Typ voller toxischer Männlichkeit inszeniert. Diesen Slogan wandelten Adbuster*innen um in: ›Kraftvoll, Mutig, Machtgeil‹. 2005 dürfte das Publikum diesen Slogan als irgendwie ›linke‹ Kritik an einem sexistischen und autoritären Politiker verstanden haben.

...konsequente Machtpolitik?

Heute dürften Linke das vermutlich immer noch so sehen, aber auch AfDler*innen und ihre Fans könnten mit dem Slogan etwas anfangen, wenn er z.B. mit Merkels Gesicht verbunden würde. Beim Landesparteitag der CDU-Mecklenburg in Kühlungsborn 2017 kam es z.B. zum Eklat, weil ein Delegierter die auf dem Podium sitzende Kanzlerin beschimpfte. »Noch nie war ein Kanzler so machtgeil und unpatriotisch, besser antipatriotisch«, sagte Wolfgang Grieger. »Wenn jemand 12 Jahre einen bestimmten Stil fährt und 12 Jahre konsequente Machtpolitik betreibt, dann ist das geringste Übel, dass wir mal ihre Majestät Merkel von ihrem Thron stossen« (10).

Ambivalentes Adbusting

Das ›Machtgeil‹-Adbusting ist also von Links wie Rechts lesbar. Je nachdem, ob in 2005 oder 2019, oder welches Publikum mensch fragt, werden die gesellschaftlichen und persönlichen Hintergründe des Publikums andere Interpretationsspielräume offen lassen. Verschärfend kommt hinzu, dass die plakative Logik von veränderten Plakaten zwar Aufmerksamkeit und Interesse schafft, aber nicht wirklich viel vermittelt. Um das ›Machtgeil‹­Adbusting in einen definitiv linken Kontext zu stellen, hätte sich z.B. das Einfügen einer weiteren Zeile, die mehr Informationen bietet, angeboten oder beispielsweise ein an Tabakwerbung angelehnter Kasten mit schwarzen Rand unten rechts, der auf die Gefahren von Herrschaft aufmerksam macht (11).

Rechte Flanke der Konsumkritik

Zur Ambivalenz von Adbusting gehört aber auch, dass gerade Konsumkritiker*innen oft an rechts anschlussfähige Inhalte vertreten. Gerade der häufig zitierte ›Godfather‹ of Adbusting, Kalle Lasn, ist dafür ein Beispiel. Lasn lebt in Kanada und vereinnahmt mit seinen Adbusters Magazin und der Adbusting Media Foundation gleich eine ganze Aktionsform. Dass sie Adbusting, also eine Tätigkeit – unabhängig vom Inhalt – zur Bewegung erklären, zeigt schon, wie subkulturell dort gedacht wird. Entsprechend erweckungssektenartig und avantgardistisch ist auch die Rhetorik: »Wir müssen die Menschen erreichen, die in einer Medien-Konsum-Trance leben, vollkommen unbewusst, was in der Welt passiert. Wir müssen diese Menschen aufwecken [...] Der Schritt danach ist, sich zu radikalisieren, um ein Cultural Jammer auf dem höchsten Level zu werden« (12).

Weltweit und milliardenschwer?

Doch die Argumentation ist auch nach rechts anschlussfähig: »Werbung hat sich langsam zu einer weltweiten einer Milliarden Dollar schweren Industrie entwickelt, die nicht aufhört, uns zu erzählen, wie glücklich wir sein können, solange wir Dinge kaufen […] Wir haben aufgehört Bürger zu sein und begannen, Konsumenten zu sein. « Hier wird das Bild von der Verschwörung, die die Leute manipuliert, angedeutet. Der Verweis auf eine »weltweit« operierende Industrie ist anschlussfähig an Diskurse von Menschen, die nicht an die eigene nationale Scholle gebundene, kosmopolitische Intelligenzen schon immer problematisch fanden. Und zum kosmopolitisch kommt auch noch milliardenschwer dazu. Na? Was für Leute stecken da wohl hinter?

Die Juden-Liste

Das fragte sich auch Kalle. In seiner Zeitschrift veröffentlichte er 2004 den Artikel »Warum sagt niemand, dass sie jüdisch sind?« (13). Der Artikel kritisiert die neokonservative Ideologie in den USA. Dabei hob er die seiner Meinung nach jüdischen Namen der von ihm kritisierten Unternehmer*innen, Politiker*innen und Propagandist*innen hervor und erstellte eine Liste. Kalle kann bis heute nicht erkennen, was daran antisemitisch sein soll, wenn man die Übel des Kapitalismus personalisiert, und warum es problematisch sein könnte, Leute als ›Juden‹ zu konstruieren und sie auf Listen zu setzen… (14).

Von Israel-Kritik zum offenen Antisemitismus

Interessant ist, dass er nicht zufällig dort landet, sondern über ›Israel-Kritik‹: »Es ist bereits viel Tinte verwendet worden, um die pro-israelische Ausrichtung der amerikanische Neocons und den Fakt, dass ein überproportionaler Anteil von ihnen jüdisch ist, zu dokumentieren« (15). Klar: Wer aus der konsumeristischen Trance aufgewacht ist, hat auch sofort den Durchblick, um einen der verwickeltsten der Dekolonisierungskonflikte, die es gerade weltweit gibt, zu lösen.

Freundliche Übernahme

Wenig überraschend wurde das von Lasn und seinen Leuten mit gestartete Occupy Wall Street Camp in New York innerhalb kürzester Zeit von Rechten nicht nur vereinnahmt, sondern regelrecht eingenommen. Die konsumkritischen Linken, die den Protest gestartet hatten, konnten dem aufgrund mangelnder theoretischer Auseinandersetzung mit Antisemitismus nichts entgegensetzen (16).

Emanzipation ist eine inhaltliche Frage

Adbusting ist ein Werkzeug im Werkzeugkasten der Kommunikationsguerilla. Ob Adbusting Teil einer emanzipatorischen Politik sein kann, hängt davon ab, mit welchen Inhalten die durch die Aktionen auf der Strasse erzeugten Aufmerksamkeits­korridore gefüllt werden. Das Beispiel von Kalle und den Adbusters zeigt: Wenn die Kommunikationsguerilla keine emanzipatorischen Inhalte entwickelt, braucht es gar keine rechten Adbustings, um autoritären Ideologien Vorschub zu leisten.

BBSC

Auszug aus dem Buch "Unerhört! Adbusting gegen die Gesamtscheisse", veröffentlicht vom Berlin Busters Social Club (BBSC) im Unrast Verlag 2020. 136 Seiten. 67 farbige Abbildungen. ca. 14,00 EUR ISBN 978-3-89771-281-2

Fussnoten:

(1) Fröhlich, Alexander: Auch Rechte kapern Werbeflächen. In: Tagesspiegel, 11.2.2019, im Internet einsehbar unter tagesspiegel.de/berlin/identitaere-bewegung-in-berlin-auch-rechtsextreme-kapern-werbeflaechen/23975570.html

(2) Folgt man der Extremismustheorie, dann besteht die Gesellschaft aus einer demokratischen Mitte, in der es zwar von links bis rechts Meinungsverschiedenheiten gibt, die aber die Spielregeln des demokratischen Verfassungsstaates annerkennt. An den Rändern des politischen Spektrums befinden sich dagegen die ›Extremist*innen‹, die sich dadurch auszeichnen, dass sie den demokratischen Verfassungsstaat ablehnen und bekämpfen. Wer so denkt, der haut Links und Rechts umstandslos gemeinsam in Pfanne und ist blind dafür, dass die Ausländer anzündenden ›besorgten Bürger*innen‹ und abschiebende Cops die Mitte der Gesellschaft sind, aber mit Demokratie und Rechtsstaat in der Regel nicht viel am Schwarz-Rot-Goldenen Anglerhut haben.

(3) Die Probleme Vereinnahmung und Integration seien hier einmal ausgeblendet. Bei weitergehendem Interesse seien die Seiten der Projektwerkstatt Saasen empfohlen. Auch wenn das schwierige Leute sein mögen, gibt es im deutschsprächigen Raum vermutlich nichts, wo Vereinnahmung und Integration so dauerhaft und konsequent kritisiert werden: projektwerkstatt.de/index.php?domain_id=1&p=13756

(4) Dach, Hans von: Der totale Widerstand. Kleinkriegsanleitung für Jedermann. Schweizerischer Unteroffiziersverein (Hg.). Irgendwo in der helvetieschen Konföderation, vermutlich 1957.

(5) Ebenda, S. 145

(6) Ebenda, S. 146.

(7). Vgl. Popovics, Srdja: Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt. Frankfurt a. M. 2015. S. 15ff.

(8) Ein bisschen Recht hat das Känguru alllerdings auch, wenn es den Unterschied zwischen Rechten und Linken über unterschiedliche Aktionsformen identifiziert. Denn in der gewählten Aktionsform zeigt sich die vertretende Ideologie. Deshalb macht man ja Aktionen... „Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ob Links-oder Rechtsextremismus – da sehe ich keinen Unterschied.« »Doch, doch«, ruft das Känguru laut dazwischen. »Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.«

(9) Gerhard Schröder war 1998 bis 2005 nach Helmut Kohl und vor Angela Merkel Kanzler. Aus seiner rot-grünen Regierungszeit stammen Hartz IV, die Praxisgebühr, eine 40-jährige Betriebsgenehmigung für Atomkraftwerke, jede Menge Überwachungsgesetze und die deutschen Kriege 1999 in Jugoslawien und seit 2001 in Afghanistan. Sein Demokratieverständnis prägte das ›Machtwort‹. Heute bekommt er für wenig Arbeit viel Geld im Aufsichtsrat bei GAZPROM.

(10) Delegierter greift Merkel an: »Machtgeil und unpatriotisch«. In: Die Welt, 25.11.17. Im Internet unter welt.de/politik/deutschland/article170960258/Delegierter-greift-Merkel-an-machtgeil-und-unpatriotisch.html Ein Video gibt's hier: youtube.com/watch?v=Z4UJPI7Z7rQ Da kann man sich auch gleich angucken, wie die Nazis das feiern.

(11) Oder was ganz anderes kleben. Was bitte ist denn daran schlimm, wenn eine Parteivorsitzende und Kanzlerin 12 Jahre ihren Job, also »konsequente Machtpolitik«, macht? Was sich daran zeigt, ist, dass der in Deutschland im Bildungsbürger*innentum vorherrschende Diskurs zum Thema ›Macht‹ dazu neigt, diese als etwas Schlechtes, den Charakter verderbendes, darzustellen. Dies ist das Erbe der ideologischen Reaktion des Bildungsbürger*innentums auf die gescheiterte Revolution 1848. Damals versagte das durch die industrielle Revolution zum gesellschaftlich einflussreichen Milieu gewordene deutsche Bildungsbürger*innentum dabei, dem ökonomisch abgehalfterten Adel die politische Macht zu entreissen. Daraufhin entwickelte das Bürger*innentum das Biedermeier. Es tat einfach so, als sei Macht was Schlechtes und als habe es sie nie gewollt. Wie selbstverständlich moralisiert das Bürger*innentum dabei: Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut. Politik und Macht galten damit als etwas Schlechtes, mit dem die guten, braven Bürger*innen nichts zu tun haben wollen. Und so überliessen sie diese dem ohnehin schon charakterlich minderwertigen Adel, um sich aufs »anständig« sein und Geld verdienen zu konzentrieren. Eine Farce zu dieser Tragödie findet mensch z.B. bei der 1918-19 gehaltenen Vorlesungsreihe »Politik als Beruf« von Max Weber. Aus genau dieser moralischen Position heraus rät der Papst der Soziologie dem Bürger*innentum von politischer Partizipation ab und diskreditiert die zur Abdankung der Fürsten führende Revolution aufs Schärfste. Das heutige linksradikale Mosaik geht mit diesem Erbe zwiespältig um. Wie oben gezeigt, ist der ›Machtgeil‹-Diskurs fester Bestandteil linker Diskurse. Gleichzeitig lehnt sich das linke Mosaik theoretisch auch an Hannah Arendts Revolutionstheorie und Popitz' Machtverständnis an. In diesem Traditionspfad entsteht Macht durch Vernetzung von Individuen als Gleiche unter Gleichen auf Augenhöhe und gibt diesen die Gestaltungsmacht, ihr Leben selbstbestimmt zu führen und ihre Umwelt gleichberechtigt zu gestalten. Oder es gibt ihnen die Macht, sich einzureden, dass demokratische Herrschaft voll super sei. ›Macht‹ wird hier also als etwas eher Neutrales mit Werkzeugcharakter verstanden. Schlagwörter wie Definitionsmacht, Arbeiter*innenmacht, Gegenmacht, Organisationsmacht und ähnliche Positivbezüge auf Macht sind Konzepte, die von diesem Erbe zeugen.

(12) Adbusting - Spraydose gegen Konsum. ZDF.kultur, 2011. Im Internet einsehbar unter youtube.com/watch?v=7bu3asr4ZAg

(13) Lasn, Kalle: »Why won't anyone say they are jewish?« In: Adbusters, März/April 2004. Im Internet einsehbar unter canadiancoalition.com/adbusters01

(14) Vgl. Sunshine, Spencer: Die rechte Hand von Occupy Wall Street. In: jungle world, 11.12.2014. Im Internet einsehbar unter jungle.world/artikel/2014/50/die-rechte-hand-von-occupy-wall-street

(15) »A lot of ink has been spilled chronicling the pro-Israel leanings of American neocons and fact that a the disproportionate percentage of them are Jewish.« Lasn, Kalle: »Why won't anyone say they are jewish?« In: Adbusters, März/April 2004 (s.o.)

(16) Vgl. Sunshine, Spencer: Die rechte Hand von Occupy Wall Street. In: jungle world, 11.12.2014.