Wiederaufflammen der extremen Rechte Braune Netzwerke in Österreich

Politik

5. November 2002

Im braunen Sumpf Österreichs brodelt es wieder kräftig: Angespornt durch blau-braune Rülpser vom Unterbau bis zur Spitze der FPÖ mehren sich die Aktivitäten der (Neo-)Naziszene.

Gerhard Deimek - Pressekonferenz der FPÖ LR Haimbuchner (links) und NR Deimek (rechts).
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Gerhard Deimek - Pressekonferenz der FPÖ LR Haimbuchner (links) und NR Deimek (rechts). Foto: Cicero39 (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

5. November 2002
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So fand im April 2002 eine genehmigte Neonazidemo - mitorganisiert von deutschnationalen schlagenden Burschenschaftern aus dem FPÖ-Vorfeld - am Wiener Heldenplatz statt. Am 8. Mai - dem Tag der Befreiung - trauerten der ehemalige Kader der Anfang der 90er-Jahre behördlich aufgelösten Volkstreuen Ausserparlamentarischen Oposition (VAPO), Marcus Ullmann, (als Ordner), diverse Burschenschafter und FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler gemeinsam um ihre so hoch geehrten Nazi-Verbrecher. Teils agiert die österreichische Neonaziszene öffentlich, mit Demonstrationen, Flugblättern und mehr oder weniger peinlichen Webauftritten - teils auch im Untergrund - aber immer mit engen Kontakten zur freiheitlichen Partei.

Anfang August 2002 hob die Polizei eine Neonazizelle namens SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen aus, und stiess dabei auf ein umfangreiches Waffenlager, weitere Hausdurchsuchungen förderten NS-Propagandamaterial, Pläne und Sprengstoff zutage. Öffentliches Betätigungsfeld der Neonazis war die Döblinger Initiative Autofahrer Rechte (DIAR), die nach eigenen Angaben "1991 von einem Freundeskreis von zehn Kameraden gegründet wurde, die auch vorher schon politisch im rechten Lager aktiv waren". Unter dem Slogan "Aggression is our Sucess", finanziert durch "beträchtliche Eigenmittel" und "Spenden", blieb wohl genug Geld um sich mit diversen Waffen, Munition und Sprengstoff einzudecken.

Verbindungen in die FPÖ

Als Kopf der DIAR/SS-Kampfgemeinschaft galt der als extrem aggressiv bekannte und im Juni 2002 verstorbene Georg Gasser. Dieser - übrigens bis zum Jahr 2000 Mitglied in der FPÖ - begann seine Neonazi-Karriere in den späten 70er-Jahren bei der Aktion Neue Rechte (ANR) und war Vorstandsmitglied der Tafelrunde zu Wien, einer damals selbst in den rechtsextremen Kreisen als zu radikal verschrieenen Burschenschaft - dies gemeinsam mit einem gewissen Wolfgang Haberler.

Besagter ist heute nicht nur stellvertretender FPÖ-Landesparteiobmann in Niederösterreich und Gemeinderat in Wiener Neustadt, sondern auch sonst schon lange für sein äusserst freundschaftliches Verhältnis zur Neonaziszene bekannt: So schrieb er 1988 in der rechtsextremen Zeitschrift "Der Völkerfreund" über die verderblichen Auswirkungen des "Diktats von St.Germain", 1990 überliess er ein paar Jugendlichen die sich "Sturmgruppe Ost" nannten den Schlüssel zum FPÖ-Parteilokal, wo sie dann Plakate mit der Aufschrift "Österreich war deutsch, ist deutsch und bleibt deutsch" fabrizierten, 1994 sang er auf einer Sonnwendfeier das Horst-Wessel-Lied und andere Nazi-Lieder. Weiters lieferte er Waffen nach Kroatien und liess sich stolz in einem Schützengraben ablichten - all dies offensichtlich beste Vorraussetzungen für eine steile FPÖ-Parteikarriere.

Spuren führen im Zusammenhang mit der SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen auch zum ehemaligen Wiener FP-Bezirksrat Wolfgang Fröhlich. Ob die Behörden Fröhlich allerdings überhaupt finden wollen, ist zweifelhaft, kann der notorische Holcaustleugner doch - trotz eines seit zwei Jahren aufrechten Haftbefehls - ungehindert seine Propaganda von Österreich aus per Postversand betreiben. Der Autor des Pamphlets "Die Gaskammernlüge" lässt sich dabei sogar Post an eine Anschrift in Österreich schicken, und hebt regelmässig Geld von seinem Spendenkonto ab.

Rechtsextreme im Justizapparat

Doch nicht nur die FPÖ selbst hat beste Kontakte zur Neonaziszene, auch ihre Vertreter im Staatsapparat können davon deutsche Lieder singen: Ein sehr prominentes Beispiel dafür ist Harald Eisenmenger: Der auch unter dem Burschennamen "Wahnfried" bekannte Oberstaatsanwalt begann sein völkisches Engagement im Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) und war bei der Europaburschenschaft Arminia Zürich zu Wien. Die Arminia war in dem sogenannten Delegierten Convent Europäischer Corporationen (DCEC) organisiert, gemeinsam mit der oben schon erwähnten Tafelrunde zu Wien. Direkt gemeinsam aktiv mit Gasser war Eisenmenger in der ANR, in der sich beide bis zu deren Selbstauflösung, die einem bevorstehendes behördlichen Verbot zuvorkam - politisch (wieder) betätigten. Offensichtlich schadet eine solche Vergangenheit in Österreich nicht der Karriere - ganz im Gegenteil: Durfte doch Eisenmenger in seiner Funktion als Oberstaatsanwalt dafür sorgen, dass die Spitzelaffäre gegen Haider und Co. im Sande verlief.

Nationale Wohngemeinschaft

Ebenfalls in der Tafelrunde zu Wien aktiv war Wilhelm Ehemayer, den mit Gasser aber noch weitere Punkte seiner Lebensgeschichte verbinden: So war Gasser auch in Ehemayers National Konservativer Union (NAKU) politisch aktiv, die bei den letzten Nationalratswahlen zu einer Wahl der FPö aufgerufen hat. Kein Wunder, ist doch auch Ehemayer ehemaliger Funktionär des RFS.

Aktuell hielt Ehemayer nicht nur am 13. April 2002 im Rahmen der Neonazidemonstration gegen die Wehrmachtsausstellung die Ansprache an die versammelten Rechtsextremisten, sondern besitzt auch im zweiten Wiener Gemeindebezirk gemeinsam mit dem ehemaligen Anführer der VAPO - dem frühzeitig aus der Haft entlassenen Gottfried Küssel - ein Haus. Dort betreibt Küssel unter dem Namen Naturnah einen "nationalen Bioladen". Aber auch andere bekannte Rechstextremisten haben sich im Haus angesiedelt, wie etwa der - ebenfalls früher in der VAPO organisierte - Stefan Tanzcos. Gemeinsam werden rechtsextreme Projekte vorangetrieben, momentan aktuell ist eine "nationale" Hilfe für Hochwasseropfer (schliesslich befinden sich ja auch "eigene" Leute unter den Betroffenen wie mit dem Hinweis auf eine nicht nährer genannte "Familie in Langenlois" im Aufruf recht unverblümt festgestellt wird).

Besonders interessant liest sich übrigens die UnterstützerInnenliste: So finden sich auf dieser neben mehreren als rechtsextrem bekannten Organisationen - z.B. Ehemayers Initiative für Umwelt und Kultur, die Tafelrunde zu Wien, die pennale Burschenschaft Germania zu Wien - auch verschiedene Firmen der Rechtsextremisten - die Tanczos & Pirzl KEG Elektroanlagenbau, die Oberda und Zeidl KEG (Helmut Zeidl war jahrelang im Vorstand der Tafelrunde zu Wien) und Küssels Bioladen. In aller Eintracht daneben auf der Liste: Das Krone Hit-Radio, der Kopiershop Melzer und vor allem: Das Bundesministerium für Inneres.

Beste Kontakte hat Ehemayer auch zu Horst Jakob Rosenkranz, der die Zeitschrift Fakten herausgibt. Im Vorstand des ehemaligen Herausgebervereins sassen bis 1991 nicht weniger als fünf Mitglieder der VAPO - unter ihnen auch wieder Stefan Tanzcos. Verheiratet ist Rosenkranz übrigens mit der Klubobfrau der niederösterreichischen FPÖ, Barbara Rosenkranz, die auch schon mal offen bekennt, die Texte ihres Mannes Korrektur zu lesen.

Bombenbauer haben "Konjunktur"

Aber die Aktivisten SS Kampfgemeinschaft Prinz Eugen sind bei weitem nicht die einzigen Rechtsextremen, die gerne mit Sprengstoff hantieren: Ebenfalls erst vor kurzem publik wurde der Fall des Linzer Neonazis Stefan Topitz, der sich beim Versuch eine Bombe zu basteln selbst schwer verletzte. Topitz versucht sich in der Öffentlichkeit als unpolitisch darzustellen, das bei ihm gefundene umfangreiche NS-Propagandamaterial und auch seine Vorgeschichte sprechen da eine andere Sprache: So unterhielt er Kontakte zur NSDAP/AO und zur US-Neonazigruppe National Alliance (NA), deren kürzlich verstorbener Führer William Pierce mit den "Turner Diaries" DAS Terrorbuch der rechtsextremen Szene geschrieben hat, unter anderem dürfte es für die Anschläge in Oklahoma als Vorlage gedient haben.

Nur kurz einschlägig in den Medien war der Fall eines weiteren Bombenbauers: Der des 22-jährigen Sohn des Kärnter Landesschulratspräsidenten, Heiner Zechmann, welcher unumwuden ein Naheverhältnis zur FPÖ eingesteht. Mittlerweile wird konsequent versucht, den Fall zu entpolitisieren, der Bombenbauer wird zu diesem Zweck sogar psychiatrisiert, kein Wort mehr davon, dass er aus einer der traditionsreichsten rechtsextremen Familien Kärntens kommt. Nicht nur, dass Papa Zechmann in seinem Unterricht "berühmt" für rassistische und antisemitische Aussagen war, war auch dessen Grossvater Heinrich Zechmann NSDAP-Gauamtsleiter und später Mitbegründer der FPÖ.

Auch die anfangs in der Berichterstattung erwähnten Skinhead-Kontakte werden gezielt unter den Tisch gekehrt, ebenso wenig wird auf die Bauart der Bombe eingegangen: Bei der gefundenen handelt es sich nämlich um eine Rohrbombe gefüllt mit Nägeln, eine solche Bauart dient dazu möglichst viele Menschen zu töten, dementsprechend wurden ähnliche Bomben oft von Neonaziorganisationen wie der englischen Terrororganisation Combat 18 gegen politische Gegner und missliebige Gesellschaftsgruppen eingesetzt.

Wiederaufflammen

Klar zeigt sich an diesen aktuellen Fällen, dass die offizielle österreichische Version einer kaum vorhandenen rechtsextremen/neonazistischen Szene schlichtweg falsch ist. Viele Proponenten haben sich lediglich über die Jahre aus offen neonazistischen Gruppierungen in Vorfeldorganisationen der FPÖ zurückgezogen - so sind zum Beispiel weite Teile der VAPO in schlagenden deutschnationalen Burschenschaften gelandet - um dort ihre Propaganda unter deren Schutz weiterzuführen und mittels deren Seilschaften in verantwortungsvolle Stellen in Staat und Justiz zu gelangen. Aber seit der Regierungsbeteiligung der FPÖ im Jahre 2000 ist auch wieder eine verstärkte Aktivität von Neonazis ausserhalb der FPÖ und ihrer Vorfeldorganisationen zu bemerken, auch gibt es verstärkt Übergriffe von "Strassennazis" gegenüber MigrantInnen, Linke und deren Strukturen. Immer klarer zeigt sich die Notwendigkeit diesem Treiben etwas entgegenzusetzen.

Rosa Antifa Wien