Dokumentarfilm über das Phänomen der Fab Four The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years

Kultur

19. Dezember 2016

Neue Erkenntnisse über die Beatles? Eine aufregende Inszenierung? Nein, beides bietet der Dokumentarfilm nicht. Stattdessen kombiniert „The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years“ Live-Auftritte und Interviews auf eine zwar recht konventionelle, dafür aber auch sehr mitreissende Art, lässt die Zeit und das Phänomen der Fab Four wieder spürbar werden.

Die Beatles am Kennedy Airport, Febnruar 1964.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Die Beatles am Kennedy Airport, Febnruar 1964. Foto: Photographer Unknown (PD)

19. Dezember 2016
1
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Es sind Zahlen, die auch heute noch, ein rundes halbes Jahrhundert in Erstaunen versetzen. Zwischen 600 Millionen und einer Milliarde verkaufter Tonträger, 20 Nummer-eins-Hits in den amerikanischen Singlecharts, 15 Nummer-eins-Alben im heimischen Vereinigten Königreich, gleichzeitig alle ersten fünf Plätze in der Hitparade belegt – die Beatles können eine unglaubliche Zahl an Rekorden ihr eigen nennen, sind die erfolgreichste Musikband aller Zeiten, für viele auch die beste. Eigentlich gibt es da dann auch gar nicht mehr so viel über das Quartett zu sagen, das aus der Arbeiterklasse heraus die Welt eroberte. Zu zeigen dafür umso mehr, wie The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years demonstriert.

Wie der Untertitel schon verrät, konzentriert sich Regisseur Ron Howard (Inferno, Rush – Alles für den Sieg) dabei auf die Jahre, als die Beatles noch durch die Welt tourten und ihnen Millionen meist weiblicher Herzen zu Füssen lagen. Die späteren Jahre, als die Band ihre simplen Mitsingnummern zugunsten komplexerer Lieder aufgab und sich von Bühnen fernhielt, die werden hier nur im Schnellverfahren abgehandelt. Auch die Reibereien in der Endphase der Fab Four werden nur kurz angeschnitten. Ganz klar, wer die Gruppe als Ganzes erfahren möchte, der muss sich an andere Dokumentationen halten, allein schon aufgrund der Laufzeit von unter zwei Stunden könnte The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years grösseren inhaltlichen Ansprüchen gar nicht genügen.

Was dem amerikanischen Filmemacher aber sehr wohl gelingt, ist die damalige Zeit, vor allem die Hysterie um die Auftritte der vier wieder lebendig zu machen. An einer möglichen Diskussion um die Gründe des Phänomens beteiligt Howard sich nicht, er lässt lieber das Phänomen für sich sprechen. Oder auch kreischen. Immer wieder macht das weibliche Publikum einen derartigen Höllenlärm, dass kaum mehr etwas von der Musik übrig bleibt, die von der Bühne kommt – unterstützt von einer reichlich bescheidenen technischen Ausstattung, die im Film auch zur Sprache kommt.

Dabei haben die Lieder noch immer Ohrwurmcharakter, so viel sogar, dass sich einer der vielen Interviewpartner dazu veranlasst fühlt, den Output der Beatles mit dem von Mozart zu vergleichen. Ob das nun zulässig ist oder, darüber liesse sich streiten, die pure Energie, mit der ein Auftritt der Gruppe einherging, der ist jedoch unbestreitbar. Die einfachen Texte sind schnell vergessen, sind nur ein Mittel zum Zweck, die eingängigen und kraftvoll gespielten Songs auf das Publikum einprasseln zu lassen. Alles andere, die Kontroverse um den Jesus-Vergleich etwa, die absurde Geldmacherei mit den Beatles-Filmen oder auch das tatsächlich spannende Thema der Rassentrennung, all das hält nur einen Moment lang, wird sofort im Anschluss wieder von der Musik überlagert.

Am unterhaltsamsten ist The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years dann wie so oft bei Künstlerporträts, wenn man bereits Fan der Gruppe ist. Das Ergebnis hätte sicher noch mehr Tiefgang vertragen können oder auch grössere Ambitionen bei der Umsetzung – streng chronologisch werden Originalaufnahmen mit heutigen Interviews unter anderem mit Whoopi Goldberg und Sigourney Weaver verknüpft –, aber auch in der vorliegenden Form erfüllt die Musik-Doku mehr als ihren Zweck, nimmt einen mit zurück in eine ganz spezielle Zeit und lässt einen dabei öfter mit dem Fuss wippen, als man es sich vermutlich eingestehen möchte.

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 4.0) Lizenz.