Auf Wolof gegen Hautbleichungscreme Rap aus Westafrika

Kultur

26. November 2002

CD-Player besitzen im Senegal nur wenige. Wer gehört werden will, produziert eine Kassette. Auch Senegals Rapper tun das und führen damit kein Nischendasein auf dem dortigen Musikmarkt. Im Gegenteil - sie sind Stars.

Battle in der Hauptstadt Daka, Senegal.
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Battle in der Hauptstadt Daka, Senegal. Foto: senegalbattles SNB

26. November 2002
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Am besten verkaufen sich Kassetten mit Mbalax, Senegals kommerzieller Popmusik. An zweiter Stelle liegen religiöse Aufnahmen: Die Reden bekannter Marabouts - muslimischer Gelehrter - gehen in zehntausender Auflagen über die Ladentheken. Ihnen folgen in den Verkaufscharts die Hip-Hop-Tapes.

Seit etwa zehn Jahren gibt es den Hip-Hop im Senegal und er ist die Sprache der Jugend geworden. 80 Prozent der senegalesischen Bevölkerung ist unter 30 Jahre alt und mit dem Rap aufgewachsen. Bands aus ganz Westafrika kommen nach Dakar, Senegals Hauptstadt, um dort ihre Kassetten aufzunehmen und schliesslich in den kleinen Tapestores der Metropole zu verkaufen.

Senegal hat neun Millionen Einwohner. Fast die Hälfte davon lebt in den Städten. Bestimmende Religion ist der "schwarze Islam". Die Marabouts sind mächtig und einflussreich. Doch auch äusserst weltliche Probleme prägen die ehemalige französische Kolonie: Die Wirtschaftslage ist schlecht, die Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent und etwa zwei Drittel der Bevölkerung sind Analphabeten. Die senegalesischen Rapper singen auf Französisch, Englisch oder dem afrikanischen Wolof über die Probleme des Landes, der Jugend und der urbanen Hip-Hop-Posses. Korruption und nicht eingehaltene Wahlversprechen werden ebenso gegeisselt wie die Gewohnheit afrikanischer Frauen, sich die Haut mit Aufhellungscremes zu bleichen.

Die senegalesischen Rapper haben Namen wie Abass Abass, Sen Kumpe oder Pee Froiss, ihre Songs nennen sie Urgence, Lou Deux Bi Lath oder Jalgaty. Obwohl ihre Szene genauso männerdominiert ist, wie die der amerikanischen Rapper, kopieren die westafrikanischen Hip-Hopper ihre Kollegen von der anderen Seite des Atlantiks keinesfalls, sondern haben ihren eigenen, melodischeren Stil gefunden. Der klassische Hip-Hop mischt sich mit afrikanischer Musik, wabernden Melodien und Reggaeanleihen. Einfallsreiche Samples ergänzen sich mit den gesungenen und gerappten Texten, deren Wut und Schwermut über bestehende Verhältnisse und dem Charme des senegalesischen Französisch.

Der für die liebevolle Veröffentlichung von aussergewöhnlichen, vergessenen und alten Musikperlen bekannte Münchener Trikont Verlag hat auf der CD "Africa Raps" die wichtigsten Rapper aus dem Senegal zusammengestellt. Dazu gesellen sich Hip-Hopper aus der jungen Szene des englischsprachigen Gambia, eine vom Staatsgebiet Senegals eingeschlossene Enklave, und aus Bamako, der Hauptstadt des östlichen Nachbarn Mali.

Freunde des gerappten Wortes und der gesampelten Toncollagen finden in "Africa Raps" eine Bereicherung ihrer Musik-Sammlung und einen spannenden Blick über den Rand des europäisch-amerikanischen Plattentellers.

Jan Dörner / Artikel aus: Graswurzelrevolution Nr. 272, Oktober 2002, www.graswurzel.net