Rezension zum Film von Stanley Kubrick Wege zum Ruhm

Kultur

16. April 2015

Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Humphrey Cobb inszenierte Stanley Kubrick mit dem Film «Wege zum Ruhm» nicht nur einen einprägenden Antikriegsfilm, sondern ging diversen Themen, aber vor allem der Frage nach Gerechtigkeit nach.

Kirk Douglas spielt in dem Antikriegsfilm den verzweifelten Idealisten Colonel Dax, der gegen ein Meer von Ja-Sagern ankämpft - und weiss dabei zu überzeugen.
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Kirk Douglas spielt in dem Antikriegsfilm den verzweifelten Idealisten Colonel Dax, der gegen ein Meer von Ja-Sagern ankämpft - und weiss dabei zu überzeugen. Foto: Herbert Behrens - Anefo (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

16. April 2015
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Streng genommen ist auch «Wege zum Ruhm» nicht mehr als ein B-Movie, was das Produktionsbudget betrifft. Gedreht wurde für unter einer Million Dollar – immerhin ein Vielfaches des Budgets für Stanley Kubricks letzten Film Die Rechnung ging nicht auf. Der eine oder andere mag sich wundern, wie Kubrick für ein derartiges Budget seinem Perfektionismus freien Lauf lassen konnte.

Man kann nur erahnen, wie oft der Regisseur beispielsweise die Schlachtszene auf dem Feld hat filmen lassen. Gerüchten zufolge liess Kubrick eine der wichtigsten Szenen des Films gegen Ende mit drei sich beim Essen befindenden Charakteren, 68mal filmen, bis er zufrieden war. Ein Zeitaufwand, der bei heutigen Hollywood-Filmen nicht mehr möglich wäre und der schon den Aufwand darlegt, der etwa mit Shining seinen perfektionistischen Höhepunkt erreichen sollte.

Paths of Glory wird nach wie vor als Antikriegsfilm beschrieben, dabei klagt Kubrick nicht primär den Krieg allgemein an, sondern den wahnsinnigen Patriotismus und die daraus resultierende Blindheit und Verantwortungslosigkeit zuständiger Personen – in diesem Fall der Generäle. Nicht umsonst soll Winston Churchill diesen Film als ein wunderbares Beispiel für die Irrtümer im militaristischen Denken bezeichnet haben.

1916 kämpfen die Franzosen gegen die Deutschen – der Erste Weltkrieg befindet sich in auf seinem Höhepunkt, als General George Brulard (Adolphe Menjou) bei General Mireau (George Macready), dem Befehlshaber über die französischen Truppen, vorstellig wird. Das Anliegen Brulards ist es, die sogenannte „Höhe 19“ mit den Soldaten zu stürmen. Mireau ist skeptisch und lehnt zunächst ab. Er ist sich sehr wohl darüber bewusst, dass die Anzahl der Kämpfenden für ein solches Unternehmen zu gering ist, dass die meisten in dieser Erstürmung schwer verletzt oder getötet werden würden.

Der Patriot Mireau steigert sich jedoch in diesen Gedanken hinein und befiehlt wenig später Colonel Dax (Kirk Douglas), mit all seinen Soldaten am nächsten Tag die Höhe 19 zu stürmen. Dax ist ebenso skeptisch wie es sein Vorgesetzter einst war – auch er weiss, dass dies kein Ruhmesblatt für die französischen Soldaten werden würde. Er wird jedoch gezwungen, dem Befehl des Generals Folge zu leisten und so geschieht es, dass Dax wenig später mit seinen Männern losstürmt, das Ziel zu erreichen. Wie zu erwarten, fallen während dieses Unternehmens viele der französischen Kämpfer, doch das Problem sowohl für Dax, als auch für Mireau liegt nicht in dem Tod der Soldaten, sondern an einigen Männern, die weiterhin in ihrem Stützengraben liegen, da sie aufgrund ohne Unterlass niederschlagender Bomben nicht vordringen können.

Mireau ist ausser sich und befiehlt, diese seine Männer zu bombardieren. Als dieser wahnsinnige Befehl nicht ausgeführt wird, stellt der General drei Vertreter dieser Soldaten vor das Kriegsgericht. Er wirft ihnen Feigheit vor dem Feind vor, eine Anklage, die, wenn sie nicht widerlegt werden kann, mit standrechtlichem Erschiessen bestraft wird. Colonel Dax beginnt, für das Leben seiner Männer zu kämpfen, doch es wird auch ein Kampf gegen grössenwahnsinnige Vorgesetzte, die den Sinn für das wahre Leben längst verloren haben…

Wege zum Ruhm ist gepflastert mit zahlreichen Szenen, die den übertriebenen, selbstzerstörerischen Patriotismus der sogenannten Kriegshelden direkt und unleugbar kritisieren, gar ins Lächerliche ziehen und so für tragikomische Momente sorgen. Der Besuch des Generals bei seinen Soldaten lässt ihn mit einem Mann zusammentreffen, der einen Nervenschock erlitten hat und ihm daraufhin nur wirre Sätze auf seine Fragen erwidern kann. Auf die Bemerkung eines Kameraden zum General, der Arme hätte einen Nervenschock erlitten, man möge ihm das bitte nachsehen, ertönt lediglich die Antwort des Generals, seine Soldaten würden keine Nervenschocks erleiden – alle seien gesund. Diese Szene ist symbolhaft für den Realitätsverlust, die Blindheit der Vorgesetzten, die hier ohne Unterlass kritisiert und an den Pranger gestellt werden.

Es ist schockierend und berührend zugleich, wie hier mit Menschenleben in Prozentzahlen gerechnet wird, wie zwei Soldaten nachts vor dem Angriff auf die Deutschen darüber diskutieren, durch was sie am liebsten sterben würden: durch eine MG oder durch ein Bajonett. Berührend ist es deshalb, da man diesen heute nur noch schwer zu begreifenden Irrsinn, der von Kubrick abgebildet wird, ohne Zweifel glaubt und zu jedem Zeitpunkt als realistisch empfindet.

Paths of Glory rechtfertigt seinen Status als Anti-Kriegsfilm in der Hinsicht, als dass der Regisseur hier Soldaten abbildet, die selten zuvor in dieser Weise dargestellt wurden, denn die Einzigen, die hinter diesem Krieg stehen, sind die Generäle und die parteiischen Vollstrecker des Kriegsgerichts. Alle anderen Charaktere sind verzweifelte Figuren, die nur ein Ziel haben: lebend aus dieser Hölle herauszukommen. Sie weinen nachts schamlos, weil sie um ihr Leben fürchten, ihre Ideologie haben sie längst verloren, den Glauben bereits verleumdet. Die Kämpfer sind Antihelden, durch ihre schwierige Situation miteinander verbunden.

Dem Fanatismus der Obersten ist es zu Schulden, dass – so ein Zitat aus dem Film – höhere Ziele als das Menschliche auf dem Spiel stehen, denn die menschliche Existenz ist unbedeutend. Was im Vordergrund steht, ist der Sieg über den Feind – koste es, was es wolle, denn die Soldaten sind „Jammerlappen, wenn ihre Totenschädel nicht den Boden bedecken“.

Obwohl, wie eingangs erwähnt, nicht die Kritik an Kriegen allgemein im Vordergrund steht, so wird auch dies thematisiert, in dem Kubrick die Unsichtbarkeit der Kriege zum Ausdruck bringt. So geschieht es, dass ein Soldat mit einer Handgranate einen Kameraden tötet – ein Unfall als Resultat angegriffener Nerven und der Undurchschaubarkeit der Situation. Der Kampf des Colonel Dax gegen den Wahnsinn seiner Vorgesetzten ist ein Krieg, der nur schwer zu gewinnen sein wird, das ist auch ihm bewusst, als er schliesslich als Verteidiger vor dem Kriegsgericht steht, mit einem Richter, der sich nicht im Mindesten die Mühe macht, seine Parteilichkeit zu verhehlen.

Der Kampf gegen dieses System, welches vorschreibt, die Soldaten müssen bei ihrer standrechtlichen Erschiessung bei vollem Bewusstsein sein, auch wenn sie im Sterben liegen und die Augen kaum offen halten können, wird eine harte Bewährungsprobe, die Dax nicht zum ersten Mal an der Kriegsmaschinerie zweifeln lässt. Nun kann man sich als Zuschauer die Frage stellen, wie dieser Kämpfer gegen das unmenschliche System es bis in diese Position gebracht hat. Dies ist vielleicht der einzige Punkt des gesamten Werkes, der einem nicht zufriedenstellend beantwortet werden kann, wo jedoch mit dem sprichwörtlichen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, zumindest der Versuch einer Erklärung hiermit gegeben sei.

Eines der Highlights ist die letzte Szene, in der Stanley Kubricks spätere Frau Christiane (eine Deutsche) auftritt, um den einsamen Soldaten ein Lied zu singen, welches diese derart berührt, dass manche feuchte Augen bekommen – etwas, dass man bei den obersten Generälen nie zu sehen bekam. Für boshafte Kritiker ist dies einer der seltenen Filme, in denen sich die Suche nach Kritikpunkten als eine undankbare Suche nach der Nadel im Heuhaufen entpuppt. Mit der Laufzeit von 84 Minuten, starken darstellerischen Leistungen, einer detaillierten Regieführung sowie einer zynischen Botschaft, berührenden Momenten der Trauer ohne sentimentale Verkitschung ist Wege zum Ruhm ein starker Teil der Filmgeschichte.

Stephan Eicke
film-rezensionen.de

Wege zum Ruhm

USA

1957

-

87 min.

Regie: Stanley Kubrick

Drehbuch: Stanley Kubrick, Calder Willingham, Jim Thompson

Darsteller: Kirk Douglas, Ralph Meeker, Adolphe Menjou

Produktion: James B. Harris, Stanley Kubrick

Musik: Gerald Fried

Kamera: Georg Krause

Schnitt: Eva Kroll

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.