Querelle „Each man kills the thing he loves”

Kultur

2. Dezember 2020

„Querelle” ist vielleicht Fassbinders am schwersten zugänglicher Film. Vielleicht. Aber auch nur vielleicht.

Franco Nero spielt in Fassbinders Film die Rolle von Lieutenant Seblon.
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Franco Nero spielt in Fassbinders Film die Rolle von Lieutenant Seblon. Foto: Alan Light (CC BY 2.0 cropped)

2. Dezember 2020
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„Jemand muss sich in die tiefsten Tiefen
dieser Gesellschaft begeben, um sich für
eine neue zu befreien oder sich befreien
zu können. Dass jemand, der das tut, wie
auch immer faszinierend ist, ist klar. [...]
Das Thema ist die Identität des Einzelnen
und wie er sich diese verschafft. Das hängt
damit zusammen [...] , dass man, um
vollständig zu sein, sich selber noch einmal
braucht. [...] Jeder, der sich an Grenzen begibt,
oder an gesellschaftliche Grenzen, oder alles,
was sie übertritt, muss zwangsläufig in dieser
Gesellschaft pornographisch sein, und jede
denkbare Utopie birgt natürlich in sich die
Gefahr faschistoider Momente. Das ist ganz
klar.”
(Rainer Werner Fassbinder) (1)

Alles scheint künstlich und zeitlos, selbst das Medium, die Kulisse, die Figuren, die Dialoge. Ein Erzähler aus dem Off und eingeblendete Texte vermitteln. Die künstliche Sonne hängt am Horizont, zumeist verdeckt durch Häuser schmettert sie in die Zwischenräume, die die Szenerie beherrschen und doch ein Ganzes, eine Art Homogenes bilden, das grelle Licht zwischen Orange und Gelb – fast immer gleich bleibend. Nur ab und an strömt ein kaltes Blau durch die Räume, die so für immer festgelegt scheinen wie die Figuren, die sich in ihnen bewegen. Der Hafen von Brest, ein Schiff ist angekommen, der Zerstörer „Vengeur”. Doch es scheint anders. Es scheint, als ob in dieser Szenerie immer alles schon so war, wie es jetzt ist, und es scheint zu bleiben. Der Raum bildet sich aus Hafen, Schiff, dem Bordell „Feria” und den mal engen, mal etwas breiteren Gassen von Brest.

„Querelle”, dem die Verleihfirma aus kommerziellen Gründen den Zusatztitel „Ein Pakt mit dem Teufel” verpasste, ist vielleicht Fassbinders am schwersten zugänglicher Film. Vielleicht. Aber auch nur vielleicht. Die literarische Vorlage von Jean Genet, einem der aussergewöhnlichsten (französischen) Schriftsteller, „Querelle de Brest”, erschien 1947, war zeitweise verboten aufgrund der Schilderung homoerotischer Szenen.

Ein Matrose, Querelle (Brad Davis), geht von Bord und will in dem Bordell „Feria” Opium verkaufen, das er zusammen mit seinem Komplizen Vic (Dieter Schidor) geschmuggelt hat. Abnehmer ist der Besitzer des „Feria”, Nono (Günther Kaufmann). In dem Bordell ist der reiche Polizist Mario (Burkhard Driest) Stammgast. Unter seinen Augen und mit seiner Zustimmung verkauft Querelle das Rauschgift. Im „Feria” trifft er auch seinen Bruder Robert (Hanno Pöschl), der ein Verhältnis mit Nonos Frau Lysiane (Jeanne Moreau) hat.

Mario macht auf Querelle einen starken Eindruck; er ist fasziniert von der Macht und stets präsenten Körperlichkeit des Polizisten. Und aus diesem Grund, sozusagen um ihm allein und einzig ebenbürtig zu werden, tötet Querelle seinen Komplizen Vic, indem er ihm die Kehle durchtrennt. Um diesen Mord zu sühnen, gibt sich Querelle zum ersten Mal in seinem Leben einem Mann hin: Beim Würfelspiel mit Nono verliert Querelle. Hätte er gewonnen, hätte er Lysiane bekommen. Jetzt muss er sich Nono hingeben. Aber Querelle ist danach nicht geschlagen und verloren – im Gegenteil: er fühlt sich wieder sicher und stark. Alle scheinen ihn zu bewundern: Lysiane, sein Vorgesetzter Leutnant Seblon (Franco Nero), der von Querelle träumt, und auch Mario, dem er sich ebenfalls hingibt.

Dann lernt er Gil (Hanno Pöschl) kennen, einen Maurer, der seinen Vorgesetzten Theo (Neil Bell) mit einer Flasche getötet hat, weil der seine Ehre verletzt hatte. Querelle versteckt Gil, zieht ihn an wie seinen Bruder Robert, samt Bärtchen, und zwischen beiden entwickelt sich so etwas wie tiefe Freundschaft und Zuneigung. Um diese Freundschaft zu verewigen, verrät Querelle Gil an die Polizei; er opfert ihn, um sich selbst unsterblich zu machen.

Querelle wird fast zum Idol aller im Hafen Anwesenden. Auch Lysiane versucht, ihn für sich zu gewinnen. Vergeblich. Nur Leutnant Seblon gelingt es, Querelle durch seine uneigennützige Liebe für sich zu gewinnen. Die „Vengeur” und mit ihr Seblon und Querelle verlassen Brest.

„Zum ersten Mal küsste Querelle einen
Mann auf den Mund. Es schien ihm, als
stosse er sein Gesicht gegen einen Spiegel,
der sein eigenes Bild zurückwarf, als
wühle seine Zunge im starren Inneren
eines granitenen Kopfes.” (3)

Diese Geschichte, die vor allem aussergewöhnlich scheint, weil Querelles Verhalten widersprüchlich erscheint, erschliesst sich kaum aus der Wiedergabe ihrer wesentlichen Punkte. Man hat behauptet, dieser Film sei Fassbinders Vermächtnis. Doch sein Tod ist für mich nur ein schwaches Argument für diese These, zumal man in fast jedem seiner Filme so etwas wie Vermächtnis sehen könnte. Ich sehe in „Querelle” eher einen weiteren Schritt in Fassbinders Werk, der sich logisch aus seinen früheren Filmen erschliessen lässt. Dass Liebe und Tod in seinen Filmen eine immense Bedeutung spielten, ebenso die Frage danach, wie jemand Identität erlangen könne, ist sowieso ein offenes Geheimnis.

Spiegelungen sind in „Querelle” ein Schlüssel zum Verständnis dieses letzten Films von Fassbinder, den er nicht mehr selbst montieren konnte. Fassbinder starb am 10. Juni 1982, der Film kam am 17. September 1982 in die Kinos. Querelle z.B. spiegelt sich in seinem Bruder Robert, mit dem ihn eine Art Hassliebe verbindet; aber auch mit Gil, der Querelles Bruder äusserlich immer ähnlicher wird, der den „richtigen” Bruder Querelles repräsentiert, während Robert das Negative, das Objekt seines Hasses verkörpert. Was für Querelle gilt, gilt aber auch für alle anderen Personen, für Lysiane etwa, die als Ausgeschlossene in einer Männerwelt zuerst Robert und dann seinen Bruder als männliches Pedant zu sich selbst sucht. Auch Leutnant Seblon spiegelt sich in Querelle als Ausdruck seiner unerfüllten Liebe.

Dieses wechselseitigen Spiegelungen montiert Fassbinder in eine künstliche Welt, oder wie er sagt: in eine surrealistische Landschaft (2), in der der Raum und die in ihm Agierenden wie Kunstprodukte erscheinen, fast wie märchenhafte Figuren einer weit entfernten Welt, die der unsrigen entrückt zu sein scheint. Aber in dieser Entrückung liegt wiederum ein Rückbezug zu uns selbst. Der Hafen als zeitweiliger Ankerplatz, als Ruhepunkt, aber auch als Unruheherd, und das Schiff in seiner Bestimmung als Permanenz der Bewegung, der Suche, des Risikos, des Unbekannten und als Machtinstrument symbolisieren in gewisser Weise den Raum, in dem die Suche nach vollkommener Identität der Agierenden stattfindet.

Eine Zugang zu „Querelle” ist für mich nur möglich, wenn ich diesen Film in einer Art systemischen Perspektive betrachte, in einer Gesamtschau der (symbolischen) Beziehungen, die die Personen zueinander eingehen, und eben nicht in der Betrachtung der einzelnen Figuren für sich selbst. Identität erscheint dabei weniger als ein fester, fixierter Zustand eines einzelnen, sondern als Prozess, in dem sich einzelne ihrer Identität in Beziehung zu anderen vergewissern wollen, dies zumindest versuchen.

Seblon ist äusserlich betrachtet ein Träumer, aber einer, der es am „perfektesten” versteht, seine eigene sexuelle Energie in Macht umzusetzen. Er zeichnet seine Wünsche, Erlebnisse usw. auf Tonband auf. Er repräsentiert sozusagen die medial ummantelte Macht „als solche”, eine Macht, die zu sich selbst gekommen ist, die ständig nur protokolliert, das sie zum personifizierten Zeichen „der Macht” geworden ist. Seblon existiert in diesem Sinne ganz allgemein als schützende Mutter seiner Matrosen, als Schutzmechanismus für eine Männerwelt, in der das Homoerotische ein Geheimnis bleibt und unter Strafe (bei Enthüllung) bleiben muss. Man kann ihn aber auch als Vater sehen; das bleibt offen.

Querelle ist für Seblon eine Art Sohn, und in ihm offenbart sich letztlich – wiederum Zeichen, das zur Realität Bezug nimmt – ein dem Gottvater-Jesus analoges Verhältnis, nur das Seblon hier eher als Stellvertreter, als Funktionär einer höheren Macht handelt, sozusagen als weltlicher Papst, der in seinen Aufzeichnungen auch auf den defizitären Zustand seiner selbst verweist: auf die gefühlvolle Gefühllosigkeit des Einsamen.

Demgegenüber und in Bezug darauf repräsentiert Lysiane die vom Thron gestürzte Weiblichkeit. Auch Lysiane kann sich medial vermitteln, nicht durch Aufzeichnungen, sondern indem sie Robert zuflüstert oder indem sie singt „Each man kills the thing he loves”. Sie steht für die Mutter eines Kindes (Robert), für die Heilige Maria, die Unberührte, denn in dieser Männerwelt ist für wirkliche Frauen kein Platz. Lysiane ist das Sinnbild einer Frau, der entmachteten Frau, die erfahren muss, dass sich die Männer nicht für sie interessieren, sondern für das Würfelspiel der Macht (Nono), für Rache (Querelle).

Und Mario? Er ist der andere Stellvertreter der weltlichen Macht, der in seinem Handeln allerdings durchaus flexibel reagieren kann. Während er den Drogendeal nicht verfolgt, weil er Nono auf seiner Seite weiss und behalten will, möchte er Querelle gerne verhaften, verliert diesen Kampf aber letztlich gegen Seblon und dessen Machtbereich, so dass er sich auf den anderen Mörder konzentriert: auf Gil, das zweite Spiegelbild Querelles.

Nono ist ein nüchterner Machtmensch. Das Würfelspiel versetzt ihn spielerisch in die Lage, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Und er weiss Mario als schützende Staatsmacht an seiner Seite. Non ist ein nach Kriterien der Vernunft Handelnder, das Würfelspiel symbolisiert die Waage zwischen Erfolg und Verlust und garantiert Nono eine Art ausgeglichenes Leben.

Robert ist sozusagen weniger wirklicher Bruder Querelles als sein Alter Ego. Er ist der gescheiterte Versuch Querelles, sein Spiegelbild zu finden, ein Mann, der das Heterosexuelle verkörpert und in dem Weibliches offenbar geblieben ist. Zum Schluss behauptet Lysiane, Robert habe nie wirklich existiert, sondern nur in der Vorstellung Querelles. Robert ist ein Trugbild in dieser Männerwelt.

Und Robert ist zugleich Gil, der ungeschickte, weil aus Spontaneität handelnde Mörder, den Querelle opfert. Gil sehnt sich nach Paulette, also nach dem Weiblichen, das für ihn aber unerreichbar bleibt. In seiner Nähe ist nur Paulettes Bruder, Roger, in der er Paulette wiederzuerkennen glaubt, dem er sich nähert. Gil ist so zugleich der gescheiterte Heterosexuelle, der zum wirklichen Opfer, nicht nur Querelles, sondern des Systems der Beziehungen in „Querelle” wird.

„Querelle war eine Art von unausgesprochenem Pakt mit dem Teufel eingegangen. Nicht seine Seele oder seinen Leib verschrieb er ihm, sondern etwas, was ebenso kostbar ist: einen Freund. Und der Tod dieses Freundes heiligt seine Verbrechen. Unsere Aufgabe ist es, das Universelle eines besonderen Phänomens auszudrücken. Es geht nicht mehr um ein Kunstwerk – denn das Kunstwerk ist frei.”

Querelle schliesslich steht letztendlich – man könnte sagen – für den normalen Bürger, den einzelnen, der in eine Welt geboren wurde, in der alles fertig zu sein scheint. Er steht am Scheideweg zwischen teuflischem Tod-Bringer und himmlischem Engel. Seine erste Bluttat, der Mord an seinem Komplizen Vic, ist zum einen sozusagen der Weg aus der kindlichen Unschuld in die erwachsene Schuld. Querelle „kauft” sich in die (Männer-)Welt ein. Er will Opium schmuggeln, was zweierlei bedeutet: Er verschafft sich Zugang zum „Geschäft” im allgemeinen, zu der Art von Tätigkeit, die Einfluss, Geld verspricht. Zugleich ist dieses spezielle Geschäft illegal. Mario deckt jedoch das Geschäft, d.h. Querelle bekommt staatliche Erlaubnis, natürlich auch, weil das Geschäft mit Nono abgeschlossen werden soll. Mario integriert Querelle durch diese Handlung in die erwachsene Männerwelt und bei Nono verschafft sich Querelle durch den ersten Geschlechtsakt mit einem Mann die Sühne, die innere Strafe, mit der allein er den Mord an Vic seelisch überwinden kann.

Der Mord an Vic ist damit vor allem anderen Zeichen für die Aufnahme eines nur scheinbaren Rebellen in die Machtstrukturen. Vic hingegen symbolisiert das notwendige Opfer dieser Strukturen. Dass er, so will es scheinen, gar „freiwillig” dieses Schicksal akzeptiert, sich vor dem Tötungsakt auszieht, steht für nichts anderes als den Glauben, er, Vic, werde durch einen Liebesakt jetzt ebenso in diese Männerwelt aufgenommen. Der Tod jedoch, der es nie zu diesem Liebesakt kommen lässt, erscheint damit als höchste Auszeichnung eben dieser Machtstrukturen.

Dies wird umso deutlicher, als Querelle – was unserem Empfinden zu widerstreben scheint – den einzigen Menschen, zu dem er eine wirkliche Freundschaft, ja Liebe empfindet, am Schluss an Mario verrät: Gil. Dieser Verrat integriert Querelle in das Machtgefüge; er wird sozusagen zum vom System geduldeten Mörder, denn eigentlich ist er es, der Gil durch seinen Verrat tötet. Und er wird durch die zu Marios Staatsmacht parallele Machtstruktur Seblons unter den Schutz des Systems gestellt.

Die im Film gezeigten homosexuellen Handlungen können als entscheidende Schnittpunkte der Handlung, der Geschichte Querelles, seines Weges, gesehen werden. Sie sind zugleich Unterwerfungsakte (Mario), aber eben auch Stationen auf dem Weg Querelles zur Integration in das Machtgefüge dieser Männerwelt, hinter der letztlich nichts anderes als die Moderne lauert: integrative Unterwerfungsakte, geprägt durch eine visuell deutlich präsente Körperlichkeit sowohl Marios (der mit Leder und Ketten bekleidete Polizist) und Nonos (an dessen physischer Präsenz kaum ein Zweifel aufkommen kann).

Obwohl Fassbinders letzter Film visuell, darstellerisch und textlich „aus der Reihe zu tanzen” scheint, ist er doch eine konsequente Fortführung des Bemühens, Gesellschaft und Individuum der Moderne, insbesondere des 20. Jahrhunderts zu verstehen. Im magischen Dreieck von Macht (Seblon, Mario), Geld (Nono, Querelle) und Sexualität (als Unterwerfungs- und Integrationsstrategie) offenbart sich Macht als Organisationsprinzip von Gesellschaft, die – ganz im Foucaultschen Sinne – weniger das Instrument einer herrschenden Klasse repräsentiert, als das Zentrum, um das sich eine ganze Gesellschaft samt ihrer Geschichte und damit auch den Mythen, die sich um diese Geschichte bilden, gruppiert.

Das bedeutet in Bezug auf „Querelle”, dass die Herrschaft des „Alles oder nichts”, des männlichen Prinzips, das seinen Schlusspunkt eben im Tod und in der Handlung „zum Tod”, im Mord, findet, durch Fassbinder in einer, wie er sagt surrealistischen Art, ich würde sagen, in einer überhöht artifiziellen Art und Weise thematisiert wird.

Dabei ist Mord sowohl im wörtlichen, vor allem aber im symbolischen Sinn zu verstehen. Denn die Tötungen finden, führt man die Handlung im systemischen Blick auf sie auf eine „realistische” Ebene herunter, in der Tötung von etwas ihren Grund, das in den Personen selbst liegt. Unterwerfung zum Beispiel ist vor allem ein Akt, der etwas in einem selbst auslöscht, in dem man einem anderen etwas von sich „abtritt”, und zugleich etwas „Neues” projiziert: die Bereitschaft, sich dem Prinzip der Macht als Organisationsprinzip von Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

Querelles Weg ist damit sozusagen der Weg des zivilisierten Menschen – immer nahe am Übergang zum Faschismus oder zur Humanität. Die Entmachtung des weiblichen Prinzips, repräsentiert durch Lysiane, kontrastiert mit einer Suche nach Identität, die den Tod, das heisst die vollkommene Identität, permanent als Möglichkeit einbezieht. Hier genau liegen die Verknüpfungselemente zu den vorangegangenen Filmen Fassbinders. Die Rückkehr des „Todesengels”, des „apokalyptischen Reiters” ist in Querelle immer gegenwärtig – aber ebenso der Befreier, das Gute, der Erlöser, je nachdem, auf wen Querelle trifft. Querelle entscheidet sich im Film letztlich gegen Lysiane und für Seblon, also für das System.

Fassbinders Inszenierung ist in dieser Hinsicht zwar logisch, aber nicht eindeutig in dem Sinne, dass Querelle keine andere Wahl geblieben wäre. Die Alternative, die an jedem Punkt des Films „lauert”, wäre hier die Flucht mit Lysiane gewesen – vielleicht auf dem Schiff Seblons vielleicht auch auf anderen Wegen.

Ulrich Behrens

Fussnoten:

(1) Zitiert nach: Dieter Schidor: Rainer Werner Fassbinder dreht „Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel”, München 1982, S. 130, 136 f., 128.

(2) „Ich kann mir die Welt des Jean Genet, also zwangsläufig auch die Beschäftigung mit dieser Welt, nicht an Originalschauplätzen vorstellen, da jedwede Handlung, die in dieser Welt geschieht, jede Geste, jeder Blick, immer anderes bedeutet, immer wesentlich mehr und immer Grösseres, meist Heiliges. Ich habe mich daher [...] dafür entschieden, dass der Film ‚Jean Genet's Querelle' in einer Art surrealistischen Landschaft gedreht wird, die sich aus spezifischen Teilen und Signalen aller angesprochenen Motive zusammensetzt. In dieser Landschaft stehen einige Projektionswände, die ermöglichen, durch Aufprojektionen diese Kunstwelt mit Partikeln der Wirklichkeit ins Unendliche zu verlängern. Ein ganz wesentlicher Aspekt [...] ist, dass in jeder Szene die Möglichkeit besteht, jedwedes andere Motiv in etwa kontrapunktisch mit ins Bild zu bringen, [...] ." Rainer Werner Fassbinder: Querelle Filmbuch, München 1982, S. 11.

(3) Im Film eingeblendete Zwischentexte.

Hinweise:

Tobias Markus Strebel: Male entangled animals. Sex, Macht und Medium. Bilder, Codes und Grenzen von Männlichkeit und der Kult der Differenz, ausgehend von Rainer Werner Fassbinders „Querelle”, 2004

Dirk Schneider: Querelle – Geschlossene Ästhetik, grelle Kunstwelten und Identitätssuche, 2002

Querelle

Deutschland

1982

-

108 min.

Regie: R. W. Fassbinder

Drehbuch: R. W. Fassbinder, Burkhard Driest

Darsteller: Brad Davis, Franco Nero, Jeanne Moreau

Produktion: Michael Fengler, Michael McLernon, Renzo Rossellini, Dieter Schidor, Christian Zertz, Daniel Toscan du Plantier

Musik: Peer Raben

Kamera: Xaver Schwarzenberger

Schnitt: Juliane Lorenz