Rezension zum Film von Jim Jarmusch Broken Flowers

Kultur

24. Februar 2016

Nachdem der New Yorker Regisseur und Drehbuchautor Jim Jarmusch bereits in Coffe And Cigarettes mit Bill Murray (Lost in Translation, Die Tiefseetaucher) zusammengearbeitet hatte, verpasst der Kultfilmemacher dem Routinier eine Hauptrolle in Broken Flowers.

Wie in vielen Jarmusch-Filmen zuvor, dreht sich auch dieser Streifen um Kommunikation und Raum. Oder besser: um Kommunikationsprobleme, die entstehen, wenn unterschiedliche Kulturen oder Persönlichkeiten aufeinandertreffen.
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Wie in vielen Jarmusch-Filmen zuvor, dreht sich auch dieser Streifen um Kommunikation und Raum. Oder besser: um Kommunikationsprobleme, die entstehen, wenn unterschiedliche Kulturen oder Persönlichkeiten aufeinandertreffen. Foto: Olivier06400 (CC BY-SA 3.0 cropped)

24. Februar 2016
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Don Johnston (Bill Murray) ist ein älterer Geschäftsmann einer IT-Firma. Gerade wird er von seiner derzeitigen Freundin (Julie Delpy) verlassen, was den Phlegmatiker kaum zu interessieren scheint. Vielmehr richtet sich seine Aufmerksamkeit auf einen anonymen, mit Schreibmaschine verfassten Brief, den er gerade erhalten hat. Darin offenbart ihm scheinbar eine seiner ehemaligen Liebschaften, dass Don, ohne es bisher gewusst zu haben, Vater eines gemeinsamen Sohnes ist. Gleichgültig begibt sich Don wieder auf sein Sofa.

Erst sein Nachbar und Freund Winston (Jeffrey Wright) überzeugt Don den Brief ernst zu nehmen. Denn Winston, an dem ein Privatdetektiv verloren gegangen zu sein scheint, entwickelt einen Ehrgeiz, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Nachdem die Beiden die Auswahl der möglichen Kandidatinnen aus Dons Vergangenheit begrenzt haben, stachelt Winston seinen Nachbar an alle vier übriggebliebenen Ex-Freundinnen aufzusuchen. So beginnt Johnstons eher unfreiwilliger Trip in seine Vergangenheit, die die Frage um die unbekannte Verfasserin des Briefes und seinen eventuellen Sohn endgültigen klären soll.

Wie in vielen Jarmusch-Filmen zuvor, dreht sich auch dieser Streifen um Kommunikation und Raum. Oder besser: um Kommunikationsprobleme, die entstehen, wenn unterschiedliche Kulturen oder Persönlichkeiten aufeinandertreffen. Beispielsweise treffen die ungleichen Helden in Down By Law in einem Gefängnis aufeinander. In Night On Earth bilden die Taxifahrten, die auf dem gesamten Globus verteilt sind, eine Grundlage für das Zusammentreffen unterschiedlichster Charaktere. Schliesslich dient in Coffee And Cigarettes in reduktionistischer Manier gleich nur ein Zimmer mit Tisch und Stühlen als Ort von Kommunikation.

So ist es in Broken Flowers ein (Road-)Trip durch die Staaten – bzw. durch Dons Vergangenheit –, der zu verschiedenen Aufeinandertreffen u.a. mit Tilda Swinton (Adaption, Michael Clayton) oder Sharon Stone (Casino, Alpha Dog) führt. Wie immer entstehen auf diese Weise skurrile Situationen, Alltägliches und Rückschläge, die es einzustecken gilt.

Zwischen den Begegnungen gönnt Jarmusch den Zuschauern jedoch kurze Ruhepausen, deren geistig-regenerativer Charakter durch den Groove-lastigen Soundtrack untermalt werden. Ähnlich, wie bereits in Jarmusch' Ghost Dog, entsteht hier ein Raum innerhalb des Films. Dieser Raum wird in Ghost Dog zur Sammlung für die bevorstehende Prüfung genutzt – was durch die angespannten, kampfbereiten Texte der Hip Hop-Musik, die der Protagonist hört, unterstrichen wird. Dagegen fungiert der Zwischenraum in Broken Flowers als Kommunikationsbrücke zwischen Regisseur und Zuschauer: So blickt dieser zusammen mit Don entspannt auf die zurückliegenden Ereignisse zurück.

Ausser Frage steht die Leistung von Murray. Er punktet durch seinen trockenen Humor, die er durch seine Gestik perfekt übertragen kann. Seine phlegmatische Ausstrahlung nimmt man ihm sofort ab. Und wenn er dem Jungen am Ende des Films folgenden philosophischen Ratschlag erteilt, wirkt er nicht altklug, sondern wie eine wehmütige, aber nichtsdestoweniger resolute Zusammenfassung seines Trips:

«Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft ist noch nicht hier. Daher, denke ich, gibt es nur das Jetzt.»

Was auf den ersten Blick so banal oder minimalistisch klingt, kann auf den zweiten Blick eine Bedeutungsschwere entfalten, die sich mit den gängigen fernöstlichen Weisheiten, z.B. eines Lao-Tse, messen lassen. Für Don bedeutet das nach 107 Minuten jedenfalls, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und seinen Blick wieder vor seine Haustür zu richten – anstatt nur in den Fernseher –, wo sich die Gegenwart abspielt. Und für Jarmusch bedeutet Broken Flowers einen weiteren Kultfilm geschaffen zu haben.

Marco Behringer
film-rezensionen.de

Broken Flowers

USA, Frankreich

2005

-

101 min.

Regie: Jim Jarmusch

Drehbuch: Jim Jarmusch

Darsteller: Bill Murray, Jessica Lange, Sharon Stone

Produktion: Jim Jarmusch, Jon Kilik, Stacey E. Smith

Musik: Mulatu Astatke

Kamera: Frederick Elmes

Schnitt: Jay Rabinowitz

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.