Spalter killen das Berliner Filmfestival “globale” Strunzverbohrte Ideologiegläubigkeit

Kultur

13. November 2017

Es ist mal wieder so ein klassisches linkes Trauerspiel. Da gibt es mit der “globale” für 13 Jahre ein nicht-kommerzielles Festival, das 2003 aus der globalisierungskritischen Bewegung entstanden ist.

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Symbolbild. Foto: sailko (CC BY-SA 3.0 filtered - cropped)

13. November 2017
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Das Festival findet jährlich statt und zeigt zahlreiche politische Filme und Dokumentationen, die sonst nirgendwo gezeigt werden. Das Festival ist ein alternativer Raum für Kultur. Ein Ort der radikalen Kritik, der Diversität und der Vernetzung. Es steht finanziell auf eigenen Beinen, hat fördernde Organisationen und wird gestemmt von einer undogmatischen Gruppe, die sich jedes Jahr nach Feierabend den Stress und die Strapazen einer Festivalorganisation gibt. So weit, so cool. Und gut, dass es sowas gibt in einer Zeit, in der linke Freiräume immer knapper werden.

Was dann passiert: Eine handvoll plenumsgestählter Dauerdiskutanten taucht 2016 bei den Vorbereitungstreffen auf. Doch die Beteiligung führt nicht zu einer produktiven Weiterentwicklung oder Stärkung des Festivals. Die Beteiligung sieht so aus, dass ab jetzt alles in Frage gestellt wird. Das Programm sei rassistisch, die Gruppe homogen, weiss, privilegiert, hierarchisch, das Festival ableistisch, die Filme nicht divers und so weiter. Die ganze Breitseite Elfenbeinturm wird abgefeuert, obwohl die Vorwürfe nicht stimmen. Ein tödlicher Mix aus falsch verstandener Awareness, hochgejazztem Hyperfeminismus und dummbatzig interpretierter Critical Whiteness überrollt die Festivalgruppe. Lähmende Diskussionen sind die Folge. Streit. Es geht nichts mehr. Am Ende wird die globale 2017 nicht stattfinden.

Die ganze Breitseite Elfenbeinturm

Monate der Diskussion gehen ins Haus. Krisentreffen. Die alte Festivalgruppe kann sich nicht durchringen, die Zerstörer:innen ihres Festivals herauszuwerfen. In einem entscheidenden Plenum bringen die Elfenbeintürmler einfach einen Haufen Claqueure mit, damit die Stimmenmehrheit gesichert ist. Es ist ja ein offenes Plenum. Danach gibt der Grossteil der alten Festivalgruppe entnervt auf, langjährige Aktivist:innen ziehen sich zurück. Die Spaltung ist gelungen. Monate vergehen, nichts passiert. Jetzt Anfang November 2017 verkündet die neue Gruppe die Übernahme des Festivals, schlägt auf der grössten linken Mailingliste Berlins noch einmal auf die alten Festivalschaffenden ein.

Die Spalter rufen nun dazu auf, sich für eine neue globale zu beteiligen. Doch wer da mitmacht, ist selber schuld. Denn die Protagonisten der Zerstörung des globale-Filmfestivals sind keine Unbekannten. Sie haben schon andere linke Zusammenhänge und ein Kneipenkollektiv auf dem Gewissen. Immer sind es die gleichen Debatten und Mechanismen, mit denen sie gewachsene Strukturen zerstören. Ihr Vorgehen mag nicht einmal Kalkül sein, sondern einfach nur strunzverbohrte Ideologiegläubigkeit.

Fest steht in jedem Fall: Wer solche Genossen hat, braucht wirklich keine Feinde mehr. Schade um ein weiteres alternatives Projekt, das durch autoritäre Dogmatiker:innen kaputtgespalten wurde.

Update:

Diesen Text hat ein Mitglied der Festivalgruppe bei Fefe eingereicht und wir bringen den auch mal für das bessere Verständnis:

als ein mitglied der alten festivalgruppe liegt mir allerdings folgende richtigstellung am herzen: es war nicht “die linke”, die das inszeniert hat […]

es war vielmehr eine einzelne person, die sich mit ihren anliegen bzw. ihren filmen in der gruppe nicht durchsetzen konnte. das wiederum lag daran, dass die bei der globale gezeigten filme vom plenum abgenickt und dafür gewissen mindeststandards genügen mussten, um es auf das festival zu schaffen. es handelte sich in diesem sinne also um ein kuratiertes festival, für das viele der von der fraglichen protagonistin vorgeschlagenen filme schlicht und ergreifend zu schlecht waren. diese ablehnung aus professionellen gründen wurde von der betreffenden person aber nicht als solche verstanden, sondern kam dort eben leider als rassistisch motiviert an, was natürlich bullshit war (und ist). diese falsch verstandene critical whiteness verstärkte bzw. versteifte sich im lauf der zeit, der rest der geschichte wurde zutreffend erzählt.

das tl;dr ist nun: weder die genannte person noch die von ihr mobilisierten claqueure würde ich als sonderlich links bezeichnen. sie sind jedenfalls kein fester oder integraler bestandteil der berliner linken. wir hatten auch nie ein problem mit “der linken”, es war primär die genannte person … ich wüsste auch nicht, dass es bei den anderen beiden auf ähnliche art gescheiterten berliner projekten – also transgenialer csd und tante horst – anders gewesen wäre, auch in diesen fällen waren es einzelne quertreiber und ihre peergroups. aber eben nicht “die linke”, die dafür auch viel zu inhomogen ist. was auch gut so ist …

Mikael in den Fahrt
metronaut.de

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