Aktion für die Freilassung der drei verhafteten „Bereitschaftsjournalisten“ in der Türkei Kritik an Amnesty International Schweiz

Politik

Am vergangenen 30. Juni beteiligten wir uns an der von Amnesty International und „Journalisten ohne Grenze“ aufgerufenen Solidaritätskundgebung für die in der Türkei verhafteten Journalist*innen Erol Önderoglu, Sebnem Korur Fincani und Ahmet Aziz Nesin.

Aktion zur Freilassung der inhaftierten Journalisten in der Türkei auf dem Casinoplatz in Bern.
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Aktion zur Freilassung der inhaftierten Journalisten in der Türkei auf dem Casinoplatz in Bern. Foto: zVg

12. Juli 2016
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Wir mobilisierten auf die Aktion hin und waren während der Kundgebung mit einem Transparent präsent. Mittels Transparent wiesen wir darauf hin, dass der türkische Staat viele Voraussetzungen eines faschistischen Systems teilt. So werden Menschen systematisch verfolgt, es werden Massaker an ganzen Bevölkerungsgruppen vollzogen, kritische Medien werden mit Gewalt unterdrückt, die politische Opposition wird kriminalisiert, es gibt einen krassen Führerkult …usw. Das Transparent unterzeichneten wir als Revolutionäre Jugendgruppe mit Hammer und Sichel sowie dem A im Kreis. Diese zwei Symbole verwenden wir seit längerem bewusst, um zu zeigen, dass ein Kampf gegen das unterdrückende und ausbeuterische System nur mit einer gemeinsam kämpfenden, revolutionären, linken Bewegung erfolgreich sein kann.

Zu Beginn der Aktion auf dem Casinoplatz richteten wir unser Transparent an die vorbeigehenden Passant*innen und die Wartenden an der Tramstation. So konnten die zahlreichen Fotografen die A.I. Aktion in Szene setzen und abfotografieren. Nach einer gewissen Zeit wurden wir von revolutionären, kommunistischen Genoss*innen aus der Türkei und Kurdistan gebeten unser Transparent an die anwesenden Protestierenden zu richten, so wie dies mit rund zwei dutzend A.I. Schilder im Halbkreis getan wurde. Wir taten dies und unverzüglich kamen zwei Vertreter von A.I. zu uns und wollten das Zeigen des Transparentes in Richtung Kundgebung verhindern. Da wir die Aktion an sich wichtig fanden, drehten wir unser Transparent wieder von der Demo weg.

Nach der Kundgebung informierten wir uns, was zu solch einer harschen Reaktion seitens der Organisator*innen geführt habe, schliesslich wollten wir uns nur mit den Gefangenen solidarisieren und aufzeigen, dass die Unterstützung breiter getragen wird als nur von zwei Organisationen. Wir erhielten die Antwort, dass an dieser Kundgebung das kommunistische Symbol „Hammer und Sichel“ verboten sei, da es einen schlechten Einfluss auf den Prozess in der Türkei haben könnte. Ausserdem wurde uns gesagt, dass das kommunistische Symbol von Stalin (!) käme und heute an der Kundgebung nicht erlaubt sei.

Die Aussage, das Symbol könnte einen negativen Einfluss auf den Prozess der drei Angeklagten haben, ist keine Begründung sondern lediglich eine heuchlerische und verlogene Ausrede der anwesenden A.I. Vertreter. Denn bei den drei Angeklagten handelt es sich nicht um unwissende, unpolitische Menschen, die sich ein bisschen für Menschenrechte einsetzen. Nein, es handelt sich um äusserst politische, kritische und bewusste Menschen. Ihr Schritt sich mit der kurdischen Tageszeitung Özgür Gündem zu solidarisieren war ein klar politischer Akt. Er richtete sich gegen die Medienzensur, gegen die Verhaftung der Özgür Gündem Journalist*innen und allgemein gegen die brutale Verfolgung der kurdischen Bewegung. Dies zu ignorieren und politische Symbole an einer Solidaritätskundgebung zu verbieten ist sicherlich nicht im Sinne der drei Angeklagten.

Vielmehr ging es bei dem Verbot von kurdischen Fahnen, Parteilogos oder wie in unserem Fall dem zeigen des kommunistischen Symbols darum, eine lupenreine und leicht verdaubare PR Aktion für Amnesty International durchzuführen. Bei der wird Systemkritik und der Aufruf zu einer revolutionären Veränderung leider nicht gerne gesehen.

Wie bei den von uns unterstützten Kampagnen zu den (ex-) Gefangenen, türkisch/kurdischen Revolutionär*innen wie Erdogan E., Vicdan, Seda, Mehmet Acunbay und aktuell Mehmet Yesilcali sehen wir es auch in Zukunft als unsere Aufgabe, sowohl für die Gefangenen zu kämpfen, wie auch ihre Anliegen und Inhalte weiterhin präsent zu halten und im Kampf um ihre Freilassung aufzunehmen und weiterzutragen. Wir dürfen die Gefangenen nicht als Opfer darstellen und wir dürfen ihre Motivation, ihre Kämpfe, ihr politisches Engagement und ihre Einsatzbereitschaft nicht leugnen.

Wir finden es sehr schade, dass es nicht möglich war die Kritik von Medienaktivist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und revolutionären, Kommunist*innen und Anarchist*innen gemeinsam mit Amnesty International zu äussern. Wir hoffen jedoch, dass wir in absehbarer Zeit z.B. für Nekane Txapartegi wieder gemeinsam und solidarisch auf der Strasse stehen werden, dann hoffentlich ohne dass revolutionäre Symbolik untersagt wird!

Freiheit für alle politischen Gefangenen! Hoch die transnationale Solidarität!

rjg