Ian Stuart Gedenkkonzert in Gamsen 'Es gibt keine Rechte Szene im Wallis'

Politik

Rund 400 Neonazis konnten zum Gedenken an den Faschisten Ian Stuart ungestört ein Gedenkkonzert in Gamsen (VS) veranstalten.

Ort des Konzertes - Das Crazy Palace in Gamsen.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Ort des Konzertes - Das Crazy Palace in Gamsen. Foto: Gemeinsam gegen Rechtsextremismus (CC BY-SA 2.0)

24. Oktober 2005
9
0
6 min.
Drucken
Korrektur
Die Polizei wusste von dem Anlass, kontrollierte aber nur einzelne Personen. Jean René Fournier, Polizeichef vom Wallis verkündete gestern in der lokalen Zeitung -Walliser Bote-, kurz WB, es gäbe "keine Rechte Szene im Oberwallis". Mit dieser Aussage findet er weder Zustimmung noch zeigt es das die den Rechtsextremismus im Wallis ernst nimmt.

17 . September 2005 ca. 16.00 Uhr: Immer mehr Autos und Busse mit kahl rasierten Neonazis parkieren vor dem Crazy Palace in Gamsen. Ein paar Dutzend Faschisten strömen zu Fuss dorthin.

Viele Passanten können nicht glauben was sich dort abspielt. Neonazis aus der Innerschweiz, Italien, Deutschland, Frankreich, Österreich, USA, Irland und weiteren Ländern sind angereist. Die Fenster sind abgeklebt, die Türen durch stramm stehende Nazis abgesichert. Im Innern zieren rechtsextreme Symbole die Wände - unter anderem auch Blood & Honour Flaggen aus Zürich und aus Vorarlberg in Österreich.

Das Konzert beginnt: Sieg Heil Rufe dröhnen aus dem Innern, draussen lässt sich nur erahnen welche hasserfüllte Szenen sich drinnen abspielen.

Anlass für das Konzert ist der Todestag des Faschisten Ian Stuart, Gründer der Organisation Blood & Honour und Bandmitglied von „Skrewdriver“. (mehr siehe unten) Die Polizei kontrolliert - nimmt aber niemanden fest. Insgesamt sollen an diesem Abend ungefähr 60 Neonazis kontrolliert worden sein. Die Walliser Kantonspolizei wurde am morgen von der Bundespolizei in Bern informiert, es werde ein rechtsextremes Konzert irgendwo im Wallis stattfinden.

Wo genau erfuhr die Polizei um 16.00 Uhr, als sich schon ein grosser Teil dort besammelt hat. Die Polizei befürchtet bei einer Untersagung Ausschreitungen und lässt das Konzert stattfinden, obwohl sie vom Gesetzes her dazu verpflichtet ist solche Konzerte aufzulösen (mehr siehe unten). Bands wie Sleipnir (Deutschland), Ultima Frontiera (Italien), Teardown (USA), Amok (Zürich), Feldherren (Deutschland) und Helvetica (Wallis) heizen die Stimmung auf. Auch wurde an diesem Konzert, massenweise rechtsextreme (z.T. gesetzeswidrige) CDs verkauft. Nach dem Konzert steigen die meisten Rechtsextremen in ihre Autos und Busse wo sie dann direkt ihren Heimweg antreten. Doch das Entsetzen der Bevölkerung über die Veranstaltung und das Nichtstun der Polizei bleibt.

Wer ist eigentlich Ian Stuart, und was ist Blood & Honour?

Ian Stuart war Leadsänger der Band „Skrewdriver“. „Skrewdriver entwickelte sich von einer anfänglich unpolitischen zu einer faschistischen Band.

So kam es auch das die Bandmitglieder samt Publikum nach einem Konzert auf Asylanten und Migranten einschlugen. Darauf folgend attackierten sie ein Jugendzentrum und demolierten dieses. 1993 starb Ian Stuart bei einem Autounfall. Ian Stuart war Gründer der ultrarechten Organisation „Blood & Honour“ (Blut & Ehre) die in Grossbritannien entstand. „Blood & Honour“ kämpft für die Einheit der weissen Nationen und bekämpft angebliche Feinde der arischen Rasse.

Blood & Honour vergibt Lizenzen für die Nutzung des Namens, vermarktet die angeschlossenen Bands, vertreibt CDs und Merchandising-Produkte und handelt für die Bands sogenannte "Pool-Verträge" aus, dass heisst, die bekannten Bands produzieren ihre CDs nur für Labels, die auch mehrere kleinere Bands unter Vertrag nehmen.

Es erschienen auch gleichnamige Sampler (z.B. „Blood & Honour Vol 1“).Für das Wallis ist Blood & Honour Alpensüdseite verantwortlich, die aber eher im Unterwallis aktiv sind. Blood & Honour ist in Deutschland verboten und auch in der Schweiz denkt man im Zuge der Revision des Bundesgesetzes, insbesondere Wahrung der Inneren Sicherheit, darüber nach diese Organisation zu verbieten.

Strafgesetzbuch Art. 261

Die Walliser Kantonspolizei wusste dass ein Neonazikonzert im Wallis stattfinden würde, dementsprechend hätte sie auch die Möglichkeit – ja von Gesetzes wegen gar die Pflicht gehabt, solch ein Konzert zu verhindern. Dieses Konzert hat eindeutig gegen das Antirassismus-Gesetz verstossen – ein Konzert mit politischen Bands und 400 Teilnehmern kann wohl kaum als privat durchgehen! Die Walliser Kantonspolizei stellte gemäss eigenen Aussagen ein Aufgebot von 30 Mann und kontrollierte 60 Personen. Vor dem Cray Palace befand sich jedoch kaum mehr als ein Polizei-Wagen.

In einem Fernsehbeitrag von SFDRS sprach ein Mitorganisator von einer guten Kooperation mit der Polizei während dem Konzert. Diese Kooperation ist nicht untypisch für die Walliser Kantonspolizei und wurde auch schon mehrmals nachweislich praktiziert.

So stürmten Neonazis vor den Augen der Polizei die Wohnung eines Familienvaters und verprügelten diesen. Die Polizei griff nicht ein, sondern regelte den Verkehr damit die Schläger sicher über die Strasse gelangen konnten und verabschiedete sich nach dem Angriff mit einem Handschütteln von der Polizei!

Oberwalliser Band im Aufwind

Mitorganisiert wurde der Anlass unter anderem von Gex-Collet S. und Martin S. in Zusammenarbeit mit der Neonazi-Organisation „Blood & Honour“. Gex-Collet S. und Martin S. sind bekannte Neonazis aus dem Oberwallis und selbst Bandmitglieder der rechtsextremen Band „Helvetica“, die auch in Gamsen als Ersatz für Ultima Frontiera eingesprungen sind. Besonders Martin S. ist für seine Brutalität als Nazischläger in Brig und Umgebung bekannt und ist heute noch gewalttätig. Helvetica trat vor ca. einem Jahr in Erscheinung und gewinnt neben „Indiziert“ schweizerisch immer mehr an Bedeutung. Die Band trat unter anderem auch schon bei Konzerten nahe Aarau und einem weiteren Innerschweizer Städtchen auf. Auch ist es nicht das erste rechtsextreme Konzert im Oberwallis. Schon im Oktober 2004 organisierten Oberwalliser Nazis einen Konzertabend der Bands „Indiziert“ und „Helvetica“? in Brig an dem über 150 Nazis teilnahmen.

“Saftige Bussen“

Nach dem Konkurs des Crazy Palace wurde dieses von diversen Personen ersteigert und von der Solid Gold Diner Gastro GmbH gemietet. Eine Drittperson war so für die Vermietung des Crazy Palace verantwortlich, doch vermietet wurde es von einem langjährigen Angestellten, der auch den Vertrag mit dem Neonazi abgeschlossen hat. Der Anlass wurde als Rock- Veranstaltung getarnt. Eine für solche Veranstaltung erforderliche Bewilligung wurde nicht eingeholt. Der Veranstalter des Konzertes muss gemäss Kantonspolizei mit einer saftigen Busse rechnen.

Nicht bloss ein „Gedenkkonzert“

Der Zweck solcher Konzerte ist weitaus gefährlicher, als es der Grossteil der Oberwalliser zu glauben scheint. Der Grund für solche rechtsextremen Veranstaltungen ist nicht (nur) sinnloses Besäufnis von pubertierenden rechtsextremer Skinheads, sondern vor allem der interne Aufbau von rechtsextremen Skinhead-Gruppen, insbesondere Blood & Honour. Die finanzielle Konsolidierung (unter anderem der Verkauf von rechtsextremen CD's), die "Rekrutierung" einzelner Skinheads und vor allem die Präsenz vor den Augen junger Oberwalliser, sind Gründe für diese Everts. Für die Zukunft müssen geschichtliche, sowie aktuelle Aufklärung über rechtsextreme Gruppen wie Blood & Honour unsere Mittel für die Bekämpfung faschistischen Gedankenguts sein. Rechtsextremismus muss aus den Köpfen der Menschen verbannt werden, mit Argumenten, Informationen und Aktionen.

Keine Plattform(en) für Faschisten!
Nazis den Ton abdrehen!

Antifa Oberwallis