Europäische Aktion und Avalon Gemeinschaft Nazis suchen Überbau

Politik

Die Erkenntnis, dass NeonazistInnen nicht nur als SchlägerInnen auf der Strasse anzutreffen sind, sondern auch immer wieder versuchen ihre menschenverachtende Hetze als pseudowissenschaftliche «Erkenntnis» anzupreisen, ist ebenso alt wie trivial.

Teilweise rekonstruierte Thule Behausung aus dem alten Grönland.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Teilweise rekonstruierte Thule Behausung aus dem alten Grönland. Foto: Timkal (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

28. Juli 2014
0
0
5 min.
Drucken
Korrektur
Doch während gemeinhin angenommen wird, dass zwischen diesen beiden Formen rassistischer Propaganda sowohl inhaltlich als auch personell gewisse Gräben klaffen, bestätigen mindestens zwei Organisationen in der Schweiz, dass dem nicht so sein muss. Bereits in der letzten Ausgabe des lautstark! erschienen ausführliche Beiträge zu völkischer Esoterik, rechten Verschwörungstheorien und ähnlichem Unsinn, mit welchem NeonazistInnen versuchen ihre rassistische Hetze salonfähig zu machen und mit pseudowissenschaftlichen Argumenten zu stützen. In diesem Artikel sollen nun noch zwei der – zumindest in der Schweiz – wichtigsten Organisationen, die sich dieser Aufgabe verschrieben haben, beleuchtet werden – die Avalon-Gemeinschaft und die Europäische Aktion.

Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die Verbindungen dieser Organisationen mit Neonazis aus dem Umfeld freier Kameradschaften und rechter Skinheadgruppierungen gerichtet sein. Gelten doch gerade neonazistische und völkische «Intellektuelle» eher als abgeschotteter Zirkel innerhalb der extremen Rechten, die sich in aller Regel davor hüten mit den gewaltaffinen und meist nicht für übermäs-sig klug gehaltenen «Strassennazis» zu sehr in Verbindung gebracht zu werden. Typische Beispiele für solche Zirkel sind das rassistische Thule-Seminar um Pierre Krebs oder die Neuschwabenland-Treffen um die «Reichsbürger» Axel Stoll und Peter Schmidt.

Daneben gibt es jedoch gerade in der Schweiz Organisationen, welche zwar ebenfalls versuchen als «seriöse» Neonazis zu gelten (und deshalb teilweise auch kategorisch ablehnen würden sich als Neonazis bezeichnen zu lassen) jedoch nur sehr wenige Berührungsängste zu einschlägig bekannten Organisationen und Personen der extremen Rechten haben.

Avalon-Gemeinschaft – Ultima Thule auf Keltisch

Die Propagierung verquerer Formen nordisch-germanischer Mythologie ist unter Neonazis weit verbreitet. Die 1990 von Roger Wüthrich gegründete Avalon-Gemeinschaft bezieht sich klar auf dieses «Faible» von Neonazis für vorchristliche religiöse Anschauungen, stellt dem nordischen Bezug jedoch ein keltisches Pendant zur Seite. Während ihre Aktionsformen – Sonnwendfeiern, Erntedankfeste und Ähnliches – sich sehr stark auf diese rassistische Interpretation «helvetischer Wurzeln» beziehen, war sie schon zu Beginn ein Sammelbecken für verschiedenste Formen fortschrittsfeindlicher Überzeugungen. Von Altnazis über HolocaustleugnerInnen bis hin zu einem Islamisten (Ahmed Huber) war das gesamte Spektrum extrem rassistischer und patriarchaler Tendenzen vertreten. 2003 zog sich Roger Wüthrich als Präsident der Avalon-Gemeinschaft offiziell zurück und sein Amt wurde von Adrian Segessenmann übernommen, womit eine enge personelle Verknüpfung mit der rassistischen Skinheadszene weiter gefestigt wurde.

Adrian Segessenmann ist wohl einer der umtriebigsten Neonazis der deutschsprachigen Schweiz und betätigt sich aktiv im gesamten Spektrum extrem rechter Propaganda. Nicht nur ist er Präsident der Avalon-Gemeinschaft, deren Internetseite auf ihn registriert ist, auch der rechte Bücherversand Neue Zeitwende wird von ihm betrieben. Darüber hinaus ist er auch seit Jahren ein führendes Mitglied der Schweizer-Hammerskins und damit sowohl in der rechten Skinheadszene als auch im Rechtsrock-Bereich bestens verankert. Auch die Internetpräsenz der Schweizer-Hammerskins ist auf seinen Namen registriert. Schliesslich ist er seit Ende März 2012 auch im Präsidium der PNOS tätig.

Mit all diesen Standbeinen innerhalb der extremen Rechten stellt Segessenmann seit Jahren ein wichtiges Bindeglied zwischen verschiedenen Strömungen und Tätigkeitsfeldern dar. Er ist offensichtlich eine Person, welche relativ erfolgreich auf verschiedenen braunen Bühnen zu tanzen vermag – von der völkischen Sonnenwendfeier über Rechtsrock-Konzerte bis hin zu neonazistischen Lesezirkeln.

Europäische Aktion: Die VerteidigerInnen des «Freien Europas»

Die «Europäische Aktion – Bund freies Europa» (EA) wurde 2010 vom Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub ins Leben gerufen. Ihr Programm stellt eine Mischung aus identitärem völkischem Traditionalis-mus gepaart mit Geschichtsrevisionismus dar. Sowohl ihre wichtigsten Mitglieder, als auch die von ihnen geladenen RednerInnen stellen eine Art «who-is-who» von Europas führenden HolocaustleugnerInnen dar. An ihrem letzten Jahrestreffen am 08. und 09. September 2012 auf dem Mont Saint Odile im französischen Elsass waren etwa neben der britischen Holocaustleugnerin Michèle Renouf auch der Spanier Pedro Varela oder der Bulgare Bojan Rasate ver-treten. (1)

Bislang konnte die EA sowohl inhaltlich als auch personell als geradezu als typisch für eine Organisation, die sich völkisch-traditionalistischen Werten und Inhalten verpflichtet sieht, angesehen werden – und knüpfte damit direkt an Schaubs Vorgängerprojekt (den «Verein zur Rehabilitierung des wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten») an. Im November 2012 gab jedoch die Kameradschaft Waltstätterbund offiziell bekannt, dass sie sich auflöst und geschlossen der Europäischen Aktion beitritt.

Während das offizielle Ende des seit längerem schwächelnden Waldstätterbundes keine grosse Überraschung darstellt, muss doch deren kollektive Überführung in die EA mit einer gewissen Sorge betrachtet werden. Einerseits weil es einen weiteren Schritt der Konsolidierung dieser Organisation darstellt (nach der erfolgreichen Durchführung ihres zweiten Jahrestreffens). Andererseits weil damit diese Gruppierung nun auch offiziell für Rechtsextreme ausserhalb des Zirkels neonazistischer Intellektueller anschlussfähig geworden ist. Galt die EA doch bislang zwar als europaweit vernetzte Gruppierung, jedoch zugleich eher als elitärer Zirkel von GeschichtsrevisionistInnen. Nebst des eigenen Beitritts in diese Gruppe, hat der Waldstätterbund zeitgleich auch andere neonazistische Organisationen zum Beitritt in die Europäische Aktion aufgefordert und stützt so deren Bestrebungen zu einer strömungsübergreifenden, einigenden Kraft innerhalb der extremen Rechten zu werden.

Lautstark 21
Zeitung der Antifa Bern

(1) Für detailliertere Informationen zum letztjährigen Europa-Fest und den dortigen RednerInnen verweisen wir auf unseren Artikel in der Ausgabe Nr. 372 (Oktober 2012) des Megafons.