Mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen EU-Mitgliedstaaten verabreden mehr Überwachung von Zügen und Passagieren

Politik

Europäische Sicherheitsbehörden fordern Kontrollen und Überwachung im europäischen Bahnverkehr. Dies geht aus einer Erklärung hervor, die von den EU-Verkehrs- und Innenministern nach einem Treffen in Paris veröffentlicht wurde.

Eine TGV-Zugkomposition der staatlichen Eisenbahngesellschaft Frankreichs im Bahnhof Montparnasse in Paris.
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Eine TGV-Zugkomposition der staatlichen Eisenbahngesellschaft Frankreichs im Bahnhof Montparnasse in Paris. Foto: Nelso Silva (CC BY-SA 2.0 cropped)

7. September 2015
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Demnach sollen Züge und Bahnsteige besser überwacht werden, auch Passagiere und Gepäck müssten verstärkt kontrolliert werden („visual inspection and luggage control, both in stations and onboard trains”). In einigen Zügen soll mehr Sicherheitspersonal mitfahren. Auf bestimmten Strecken könnten nun „koordinierte und simultane Kontrolloperationen” durchgeführt werden. Um welche Strecken es sich handelt, bleibt unklar, vermutlich geht es aber um ausschliesslich Hochgeschwindigkeitszüge.

Eine Woche zuvor hatte der marokkanische Staatsangehörige Ayoub El K. im Thalys-Zug zwischen Amsterdam und Paris um sich geschossen. Die Zusammenkunft in Paris war eine Reaktion auf den mutmasslich geplanten Anschlag. Aus Deutschland nahmen der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) an dem Treffen teil. Weitere Minister kamen aus Belgien, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, der Schweiz und Spanien. Auch die EU-Kommissare Dimitris Avramopoulos (Inneres und Migration) und Violeta Bulc (Verkehr) sowie der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove, waren vertreten.

Nutzung polizeilicher Informationssysteme

Laut der Erklärung müssten alle polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeitsformen in Europa intensiver genutzt werden, insbesondere das Schengener Informationssystem (SIS II). Gemeint ist die Möglichkeit der „verdeckten Fahndung“, wonach die Betroffenen nicht kontrolliert, aber jeder Kontakt mit Sicherheitsbehörden an die ausschreibende Polizeidienststelle weitergegeben wird. Auch der Bundesinnenminister befürwortet die vermehrte Speicherung von Terrorismus-Verdächtigen im SIS II, allerdings müssten diese „eher zur offenen als zur verdeckten Fahndung ausgeschrieben werden“.

Nach einem Bericht des RBB Berlin sei auch Ayoub K. auf diese Weise im SIS II ausgeschrieben gewesen. Trotzdem sei er bei der Kontrolle „intensiv“ kontrolliert worden. Das Bundesinnenministerium hatte diese Darstellung Anfang der Woche dementiert, wollte aber zu Speicherungen des Ayoub K. in polizeilichen Informationssystemen keine Auskunft geben.

Die Erklärung von Paris fordert eine „informationsbasierte“ („information led“) Sicherheitsherangehensweise. Gewöhnlich meint eine solche Formulierung den Ausbau der Gefahrenabwehr gegenüber der Strafverfolgung. Möglich ist auch die Verarbeitung geheimdienstlicher Erkenntnisse. Unter Umständen könnten dann weitere „zielgerichtete Kontrollen“ erfolgen. Verabredet wurde die Verbesserung des Datentausches zwischen allen nationalen und europäischen Sicherheitsbehörden, die für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zuständig sind. Geplant ist auch, das Zugpersonal besser auf etwaige Sicherheitsrisiken vorzubereiten. Auch hier bleibt das Papier aus Paris allerdings vage.

Mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen

Die bereits existierenden gemeinsamen Streifen im Rahmen der Gemeinsamen Zoll- und Polizeizentren, wie sie in grosser Zahl mittlerweile an den Binnengrenzen errichtet wurden, sollen ebenfalls ausgebaut werden. Angestrebt ist mehr Kooperation mit Zollbehörden. Zudem müssten existierende, grenzüberschreitende Polizeinetzwerke genutzt werden. Genannt werden das Netzwerk der Eisenbahnpolizeien (TISPOL), das Netzwerk polizeilicher Spezialkräfte ATLAS sowie das International Rail Transport Committee.

Auch die Kooperation mit der „Land Transport Security Expert Group“ (LANDSEC) könne verstärkt werden. Die Gruppe ist unter anderem für Sicherheitsforschungsprojekte zuständig. In der Erklärung findet sich auch eine Aufforderung zur Einführung von „neuen Technologien“ zur Verstärkung der Sicherheit im Schienenverkehr zu nutzen. Das findet Anklang im Bundesinnenministerium: Laut de Maizière könnte für Deutschland ein bereits existierender Investitionsplan „für die bessere Nutzung von Kameras in deutschen Bahnhöfen“ genutzt werden. Vermutlich meint der Minister die andauernde Modernisierung der Videoüberwachung an deutschen Bahnhöfen.

Die UnterzeichnerInnen der Pariser Erklärung fordern zu prüfen, inwiefern Bahnfahrkarten für Hochgeschwindigkeitszüge im europäischen Bahnnetz zukünftig nur noch mit Namen personalisiert vergeben werden könnten („implementation of nominative tickets for long-range international trains“). Das Bundesinnenministerium will hierzu ein Gutachten einholen.

Weitere Konferenz geplant

Die europäischen Minister regen an, Sicherheitskonzepte für Flugreisen auch auf Schienentransporte zu übertragen. Diesbezüglich hatte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung vor einiger Zeit gefordert, auch für Zugreisen Fluggastdaten zu verarbeiten. Ähnlich wie im Luftverkehr soll nun die „Cybersicherheit“ für Schieneninfrastrukturen gestärkt werden.

Sämtliche Vorhaben müssten laut der Pariser Erklärung verhältnismässig sein, damit Bahnreisende nicht auf Flug- oder Busreisen ausweichen. Trotzdem könnte weitere Massnahmen beschlossen werden, wenn sich demnächst alle europäischen Behörden und Dienstleister, die für Schienentransport und -sicherheit verantwortlich sind, zu einer weiteren Konferenz verabreden werden.

Matthias Monroy
netzpolitik.org

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