Ausländer und Migranten - die neue Konkurrenz „Die Flüchtlinge nehmen uns Deutschen die Arbeitsplätze weg“

Politik

Wer so denkt und redet, sieht äusserst grosszügig von den Gegensätzen und Zumutungen ab, die das Leben im deutschen Vaterland beinhaltet.

Aufbau von Wohncontainern auf der Exe in Flensburg am 13. Oktober 2015 zur Unterbringung von Flüchtlingen.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Aufbau von Wohncontainern auf der Exe in Flensburg am 13. Oktober 2015 zur Unterbringung von Flüchtlingen. Foto: Ferdinand Reus (CC BY-SA 4.0 cropped)

19. Oktober 2015
1
0
3 min.
Drucken
Korrektur
1. Arbeitsplätze, wem auch immer, „wegnehmen“ können nur die, die sie eingerichtet haben. Die Deutschen setzen sich zusammen aus solchen, die andere für ihren Gewinn arbeiten lassen und mehr Gewinn erzielen, wenn sie wenig für die Arbeit bezahlen. Und aus solchen, die für den Gewinn der anderen arbeiten und von dem leben müssen, was sie dafür kriegen.

2. Die Zugangsberechtigung (= „Qualifikation“) für bestimmte berufliche Tätigkeiten erlangt man in einem Bildungswesen, das als Konkurrenzveranstaltung abläuft, weil es seine Absolventen einigermassen passgenau auf die durchaus unterschiedlich bezahlten Berufsgruppen zu verteilen sucht.

3. Um einen Arbeitsplatz müssen sich alle, die nicht von vornherein reich sind, auf dem Arbeitsmarkt bemühen. Da konkurrieren sie mit all denen, die sich in der Bildungskonkurrenz ebenfalls bis zu dieser oder einer höheren Qualifikationsstufe durchsetzen konnten, und wie sie einen Arbeitsplatz brauchen.

4. Ob sie einen kriegen, hängt nur bedingt von ihrer Qualifikation ab. Es muss sich ein Arbeitgeber finden, der … vgl. 1.

5. Wie viel sie am gefundenen Arbeitsplatz verdienen, hängt wiederum nur bedingt von dem Platz in der Berufshierarchie ab, für den sie qualifiziert sind. Ein Arbeitgeber bezahlt nur so viel, wie er muss, und wenn viele ähnlich qualifizierte Anwärter im Personalbüro bzw. auf der Strasse stehen, dann muss er entsprechend wenig zahlen.

6. Ob sie den Arbeitsplatz behalten, hängt schon wieder nicht von ihnen ab, sondern von der Geschäftskalkulation und dem Geschäftserfolg ihres Arbeitgebers. Einsparung von bezahlter Arbeit ist für den ebenso Erfolgsmittel, wie Geschäftsverlagerung ins kostengünstigere Ausland. Geschäftstüchtige deutsche Kapitalisten nutzen inzwischen die Armen aller Erdteile als billige Arbeitskraft.

Das alles winkt der gestandene Patriot als zur heimatlichen Kultur gehörige Normalität durch. Mir san mir, und da wo mir daheim san, da geht's halt so zu. Kritik am heimatlichen System ökonomischer Gegensätze und existenzieller Konkurrenz – Fehlanzeige.

Pampig wird er erst, wenn sich an dieser Konkurrenz und in der gleichen abhängigen Position wie er selber, Figuren beteiligen dürfen, die er – im Unterschied zu denen, für deren Gewinn er arbeiten muss – nicht zum heimischen „wir“ zählt. Ausländer, Migranten, Flüchtlinge brauchen, wie er selber einen Arbeitsplatz? Da kommt Feindschaft auf; und zwar nicht gegen die Arbeitgeber, die das zusätzliche Arbeitsangebot zur Erpressung aller Lohnabhängigen nutzen – vgl. 5. und 6. -, sondern gegen die, die hier ihre Arbeit verkaufen müssen. Vom deutschen Staat, wird verlangt, dass er ihnen das nicht erlauben darf. Und wenn er es doch tut, mit welchen Einschränkungen auch immer, dann vergeht er sich am deutschen Volk und tatkräftige Deutsche schreiten zum Protest oder zur Tat.

Berthold Beimler