Ein Statement von Noam Chomsky Hat Trump eine klare Politik?

Politik

27. März 2017

Avram Noam Chomsky (geboren am 7. Dezember 1928 in Philadelphia, Pennsylvania, USA) ist emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Noam Chomsky, April 2011.
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Noam Chomsky, April 2011. Foto: Andrew Rusk (CC BY-SA 4.0 cropped)

27. März 2017
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Der 88-jährige Anarchist ist einer der weltweit bekanntesten linken Intellektuellen. Noch vor den US-Wahlen äusserte er sich zu Donald Trump. Michael Schiffmann hat den folgenden Beitrag ins Deutsche übersetzt.

Donald Trumps verschiedene Stellungnahmen sind ein komplettes Durcheinander; er hat inzwischen so ungefähr alles gesagt, was man sich vorstellen kann, aber es gibt einige Bereiche, in denen seine Aussagen bisher sehr konsistent gewesen sind. Einer davon ist die Umwelt, und hier ist klar, dass er die Welt so schnell wie möglich in die Katstrophe treiben will. Ich meine das buchstäblich, nicht metaphorisch, und dabei ist höchst bemerkenswert, dass die Medien in den USA und im Rest der Welt noch nicht einmal darauf hinweisen.

Beides ist höchst erstaunlich.

Eine der grössten Krisen, denen wir heute gegenüberstehen und über die wir alle unbedingt Bescheid wissen sollten, ist die drohende Umweltkatastrophe. Trumps Position dazu ist sehr, sehr klar: Den Klimawandel gibt es gar nicht, und wir sollten die Verwendung fossiler Brennstoffe intensivieren, auch von Kohle, dem destruktivsten Brennstoff von allen. Wir sollten alle Umweltregulierungen beseitigen und die Behörde abschaffen, die für ihre Durchführung verantwortlich ist.

Wir sollten uns aus den Verhandlungen der Pariser Klimakonferenz Cop 21 zurückziehen, deren Beschlüsse gerade in Kraft treten, Beschlüsse, die ohnehin unzureichend sind, aber einem zumindest eine Hoffnung geben. Wir sollten uns aus all dem zurückziehen und uns weigern, armen Ländern wie Bangladesch irgendwelche Unterstützung zu geben, wenn sie versuchen, sich irgendwie auf nachhaltige Energie umzustellen - und überhaupt sollten wir so rasch wie nur möglich auf den Abgrund zu rennen.

Das ist der Kern seines Programms in Sachen Umwelt. Und das gilt nicht nur für Donald Trump, sondern für die gesamte Republikanische Partei! Wer sich die Vorwahlen angesehen hat, wird bemerkt haben, dass jeder der Präsidentschaftskandidaten dieser Partei entweder bestritten hat, dass es den Klimawandel gibt, oder gesagt hat, na ja, vielleicht gibt es ihn, aber wir sollten nichts dagegen tun. Mit anderen Worten, im reichsten und mächtigsten Land der Welt, dem mächtigsten Land der Geschichte, das mit Sicherheit der Zukunft einschliesslich der allernächsten Zukunft seinen Stempel aufdrücken wird, ruft eine der beiden grossen Parteien explizit praktisch zur Vernichtung der Spezies auf.

Noch erstaunlicher als das ist die Tatsache, dass das den Medien keinen Kommentar wert ist. Man versuche einmal, Kommentare dazu zu finden - da gibt es praktisch gar nichts!

Das ist also einer der Pfeiler der Politik Trumps.

Im Hinblick auf die Innenpolitik hat er immer wieder gesagt, dass wir die Steuern für die Reichen, die Mächtigen und die Grosskonzerne radikal reduzieren und das Militär weiter aufblähen müssen, das ohnehin schon so gross wie das der gesamten restlichen Welt zusammengenommen und technologisch weitaus fortgeschrittener ist. Gleichzeitig fasst er keine neuen Einnahmequellen ins Auge, und so kann man sich leicht ausmalen, was die innenpolitischen Konsequenzen sein werden.

Auf einem anderen Gebiet gibt seine Position zu grösserer Hoffnung auf das Überleben der menschlichen Spezies Anlass als die Hillary Clintons: Er strebt eine Reduktion der Spannungen mit Russland und in gewissem Mass auch mit China an, die eine sehr ernste Gefahr darstellen. Die Spannungen an der russischen Grenze - und man beachte, an der russischen Grenze, nicht an der zu Mexiko - die Spannung an der russischen Grenze sind sehr ernst und nehmen zu, und beide Seiten führen provokative Manöver durch, die selbst durch blossen Zufall zu einem tödlichen nuklearen Schlagabtausch führen können.

Beide Seiten rüsten ihre militärischen Kräfte auf, NATO-Truppen führen nur ein paar hundert Meter von der russischen Grenze entfernt Übungen durch, Düsenjäger beider Seiten schwirren umeinander herum: Es ist eine extrem gefährliche Situation. Vieles von alldem geht auf Entscheidungen zurück, die 1991 getroffen wurden, als die Sowjetunion zusammenbrach, Entscheidungen, über die wir ernsthaft nachdenken sollten.

Damals wurden der Welt zwei verschiedene Visionen präsentiert. Die eine war die Michail Gorbatschows und strebte das an, was er ein "gemeinsames europäisches Haus" nannte - ein integriertes Sicherheitssystem in ganz Europa, ein europäisch-asiatisches System ohne Militärblöcke und mit gegenseitiger Integration. Diese Vision wurde fallengelassen.

Der Westen bestand auf einer anderen Vision, nämlich der Zerstörung der Sowjetunion und der Expansion der NATO, zuerst nach Ostdeutschland und dann bis direkt an die russische Grenze; dazu kamen Angebote an die Ukraine zum Beitritt zur NATO, was schon in rein geopolitischen Begriffen eine ernste Bedrohung Russlands darstellte. Russland handelt seinerseits in vielerlei Hinsicht repressiv und gewaltsam. All das eskaliert derzeit, und man muss Trump zugutehalten, dass er sagt, sagen und tun wir doch etwas, um diese Spannungen zu dämpfen, statt sie weiter anzuheizen.

Insgesamt denke ich, dass dies die Dinge sind, die wir von einer Trump-Administration erwarten können, obwohl der Gedanke, dass jemand wie Trump die Kontrolle über die Option hat, einen Atomkrieg zu beginnen, der für die gesamte Welt tödlich ausgeht, für Sicherheitsanalysten über das gesamte Spektrum hinweg sehr beängstigend ist, weshalb sie sich auch alle sehr davor fürchten, dass er Präsident werden könnte.

Artikel aus: Graswurzelrevolution Nr. 417, März 2017, www.graswurzel.net