Doku über den gewaltfreien Protest Everyday Rebellion

Kultur

Alles liegen lassen und sich in gewaltfreien Protesten für die gute Sache einsetzen: Everyday Rebellion reist um die Welt und stellt Menschen vor, die genau das getan haben. Der Kontext kommt dabei etwas kurz und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema findet auch nicht statt.

Femen in front of COMBO's work.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Femen in front of COMBO's work. Foto: COMBO (CC BY-SA 3.0 unported - cropped)

10. Dezember 2014
0
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Was bewegt Menschen dazu, ihre sichere Existenz zu riskieren, um gegen übermächtige Gegner zu protestieren? Warum den Job aufgeben, Verhaftungen in Kauf nehmen, ja sogar körperliche Gewalt ertragen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, flogen die Riahi Brüder Arman und Arash einmal um die Welt, trafen Menschen in New York und in Teheran, Madrid und Kiew. Natürlich, ganz vergleichbar ist es nicht, ob man nun als Teil der Occupy-Bewegung gegen Grossbanken demonstriert, darum kämpft, nicht aus seiner Wohnung geworfen zu werden, oder für politische Grundrechte wie beim Arabischen Frühling.

Doch im Grunde – so scheint es zumindest bei Everyday Rebellion – sind das nur äusserliche Unterschiede, die Wünsche, Sehnsüchte und Überzeugungen dahinter von bemerkenswerter Ähnlichkeit. Und so beeinflussen sich die einzelnen Bewegungen auch gegenseitig, lernen voneinander neue Methoden des gewaltlosen Widerstands. Ob das nicht ein bisschen sehr vereinfacht, darüber liesse sich streiten. Auch wenn anfangs durchaus die verschiedenen Protestanten zu Wort kommen und erzählen dürfen, wie sie denn zu ihren jeweiligen Kämpfen gekommen sind, bleibt ein wenig das Gefühl zurück, immer nur die halbe Geschichte zu hören und den Kontext der Aussage unterzuordnen.

Und die lautet: Wehret euch, aber ohne Gewalt! Dafür werden auch jede Menge interessanter und überzeugender Beispiele gebracht, von Gelehrten bis zu Gandhi wird zitiert, wer auch nur irgendwas zu dem Thema beizutragen hat. Die Gegenseite bleibt dabei jedoch stumm, widersprechende Argumente werden erst gar nicht vorgebracht. Wer also erhofft hat, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema zu sehen, ein Abwägen von für und wider – daran hatten die Riahi Brüder offensichtlich kein Interesse. Da auch die zum Teil ernsten Konsequenzen keine Erwähnung finden, die Risiken und negativen Auswirkungen also tendenziell verharmlost werden, drängt sich der Eindruck auf, dass es hier gar nicht um eine Dokumentation ging, sondern ein Werbefilm für die gute Sache gedreht werden sollte.

Und also solcher ist Everyday Rebellion effektiv, sehr sogar. Die Befragten erzählen mit so viel ansteckendem Enthusiasmus und Herzblut, dass man nach den knapp zwei Stunden schwer in Versuchung ist, seine Sachen zu packen, alles zu spenden und sich der nächstbesten Protestbewegung anzuschliessen. Informativ und bewegend ist der Film also, streckenweise sogar richtig unterhaltsam, wenn von recht kuriosen Massnahmen berichtet wird. Zudem haben die beiden Regisseure ein sichtlich gutes Händchen für die Optik. Ein grüner Luftballon, der zwischen fahrenden Autos hin und her getrieben wird, kleine orangefarbene Bälle, die in Massen eine Treppe herabhüpfen – das sind Szenen, die einem in Anschluss fest im Gedächtnis bleiben und die eine beachtliche Symbolkraft haben. Ein Interesse für das Thema vorausgesetzt, lohnt sich der Film also zweifelsfrei, trotz seiner messianischen Tendenzen. - Drehbuch:Arash T. Riahi, Arman T. Riahi

Oliver Armknecht
film-rezensionen.de

Everyday Rebellion

Schweiz, Österreich, Deutschland

2014

-

110 min.

Regie: Arash T. Riahi, Arman T. Riahi

Produktion: Michael Seeber, Sabine Gruber

Musik: Hjalti Bager-Jonathansson

Kamera: Mario Minichmayr, Arman T. Riahi

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC-SA 3.0) Lizenz.