Jacques Tati (1907-1982) Der Übergang zur Postmoderne

Kultur

11. Oktober 2018

„Heutzutage schämt man sich beinahe, dass man sich immer noch für Dinge schämt, für die man sich auch früher geschämt hat.” (Jacques Tati)

Jacques Tati, 1959.
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Jacques Tati, 1959. Foto: Arquivo Nacional Collection (PD)

11. Oktober 2018
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Jacques Tati (eigentlich: Tatischeff, *1907, †1982) gehörte und gehört wohl zu den aussergewöhnlichsten Schauspielern und Regisseuren der Filmgeschichte. Ursprünglich wie sein Vater Bilderrahmenbauer, in seiner Freizeit aber auch begeisterter Boxer und Rugby-Spieler, knüpfte Tati in seinen insgesamt „nur” sechs Spielfilmen an die grossen Stars des Stummfilmkinos an. Dialoge spielen in Tatis Geschichten nur selten eine Rolle, eigentlich nur in „Jour de fête” und „Mon Oncle”. Aber selbst in diesen Filmen zählen vor allem die Bilder einer dörflichen Gemeinschaft und die Verschrobenheit ihrer Bewohner. Eigentlich erzählt Tati gar keine Geschichten im üblichen Wortsinn.

Seine Filme sind eher zu meisterhaft verdichteten Bildern zusammengefasste intensive Beobachtungen menschlichen Verhaltens im Übergang zur Postmoderne, wie dies heute so unbeholfen genannt wird. Geräusche, wie die von Schuhen, Korkenziehern, modernen Sesseln aus Kunststoff, und Bewegungen, nicht nur seine eigenen als Monsieur Hulot, sind zentral für Tati. Buster Keaton meinte, Tati knüpfe dort an, wo er und andere wie Chaplin oder Langdon vierzig Jahre zuvor stehen geblieben seien.

Und tatsächlich wirken Tatis bewegte Gemälde der beginnenden Postmoderne wie erneuerte Stummfilme, die über sich selbst hinausgehen und das Geräusch, den Ton, die Gebärde auf einer höheren Ebene und in bezug auf eine veränderte Gesellschaft in den Film einführen, als seien sie dramaturgische Mittel und keine wirklichen Lebensäusserungen.

„Ich bin ein wenig Don Quichotte,
der mit Humor gegen die Windmühlen
anrennt. Die Windmühlen, das sind die
Rotlichter, Grünlichter, Pfeile, Spuren,
Über- und Unterführungen, Umfahrungen
und Ausfahrten. Mit all diesen
Vorschriften und Regeln, Verboten
und Hinweisen kommt man ja
überhaupt nicht mehr zurecht. Es
herrscht totale Konfusion.”
(Jacques Tati)

Ulrich Behrens