Freizeitgestaltung im Wandel der Arbeitsgesellschaft Die Vollbeschäftigung am Ende

Gesellschaft

Mit der Industrialisierung vor gut 200 Jahren ging die Einführung des Lohnarbeitssystems einher. Der Kapitalismus hielt Einzug und mit ihm die Entfremdung der Arbeit, wie es Karl Marx bereits Mitte des 19. Jahrhunderts formulierte. Dies prägte bis heute unser Verständnis von Arbeit.

Die Vollbeschäftigung am Ende
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Die Vollbeschäftigung am Ende Foto: Jascha Hoste

12. April 2009
2
0
79 min.
Drucken
Korrektur
Die Abhängigkeit der Menschen von der Lohnarbeit nahm stetig zu. Der Kapitalismus, die Entstehung einer Konsumgesellschaft, sowie die zum Sozialstaat führen den Errungenschaften der Arbeiterklasse trugen dazu bei, dass die Erwerbsarbeit zum zentralen Mittelpunkt im Leben der Menschen avancierte.

Erwerbsarbeit sichert nicht nur unsere Existenz, sondern vermittelt Anerkennung, Status und Identität. Zudem ist sie massgebend für die soziale Integration der Individuen in die Gesellschaft. Seit der Industrialisierung produzieren menschliche Arbeitskräfte Seite an Seite mit Maschinen Waren und Dienstleitungen.

Im heutigen Informationszeitalter, wo die Rationalisierung der Produktionsabläufe nochmals um ein vielfaches intensiviert wird, ersetzen zunehmend Computer die menschliche Arbeitskraft. In rascher Folge werden Bereiche in der Industrie, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsbereich automatisiert. Die menschliche Arbeitskraft wird langsam, aber stetig von Maschinen verdrängt. Sogar die weit entwickelten Nationen des Westens sehen sich beständig von hoher und chronischer Arbeitslosigkeit geplagt.

Diese Entwicklungen deuten auf einen Wandel des Wesens der Arbeit hin, der tiefgreifende Konsequenzen für die Gesellschaft und die darin lebenden Individuen hat. Die Erwerbsarbeit ist schon lange nicht mehr für alle eine Selbstverständlichkeit. Immer mehr Menschen sehen sich mit den Folgen der schwindenden Erwerbsarbeit konfrontiert.

Neben materiellen Aspekten tangiert der Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt auch immaterielle Bereiche im Leben der Individuen. Verlieren die Individuen ihre Erwerbsarbeit, verlieren sie oft auch wichtige Bezugspunkte in ihrem Leben: Identität, Status und soziale Integration. Dies hat nicht selten psychische Erkrankungen zur Folge. Dazu kommt, dass Unsicherheit, Stress und Druck in der Arbeitswelt zunehmen und immer mehr Menschen sich mit prekären Arbeitsverhältnissen konfrontiert sehen.

Wenn sich die Erwerbsarbeit als zentraler Mittelpunkt in unserer Gesellschaft erschüttert sieht, müssen materielle und immaterielle Aspekte in andere Bereiche verlagert werden. Woher beziehen die Individuen daher in Zukunft ihre Existenz, ihre Anerkennung, ihre Identität, ihren Status und ihre soziale Integration?

Was tritt an die Stelle der frei gewordenen Zeit? Wenn sich die Arbeit wandelt, muss dann nicht auch die Gesellschaft einen Wertewandel durchlaufen? Gibt es Alternativen zur heutigen Form der Erwerbsarbeit Rolle soll der Beruf einnehmen und mit welchen Haltungen kann auf den Schwund der Erwerbsarbeit reagiert werden?

Die zentrale Bedeutung der Erwerbsarbeit für das Individuum

Wir leben in einer Gesellschaft, die rund um die Erwerbsarbeit konstruiert ist. Erwerbsarbeit bestimmt nicht nur Einkommen, sondern auch Sozialprestige, Selbstachtung und nicht zuletzt die Art, nach der der Mensch sein Leben organisiert.

Erwerbsarbeit erlaubt dem Individuum, eine positive Identität aufzubauen und soziale Wertschätzung zu erlangen. Ziel des ersten Kapitels ist es, die zentrale Bedeutung der Erwerbsarbeit für das Individuum ganzheitlich zu analysieren, um so die Auswirkungen des Endes der Vollbeschäftigung beschreiben zu können.

Dabei wird zwischen der materiellen und der immateriellen Bedeutung der Erwerbsarbeit unterschieden. Um die für das Individuum zentralen Aspekte der Erwerbsarbeit zu erläutern, ist es in einem ersten Schritt notwendig, den Begriff der Arbeit zu differenzieren.

Die Erwerbsarbeit als Erfindung der Moderne

Thierry Lalive d'Epinay definiert Arbeit in einem umfassenden Sinn als "jede Tätigkeit, die Güter oder Dienstleistungen produziert". Die Arbeit lässt sich folglich unterteilen in die Erwerbsarbeit, die bezahlte Arbeit also, und in die unvergütete Arbeit, wie zum Beispiel Erziehung, Hausarbeit oder anderweitige Freiwilligenarbeit. Jürgen Kocka sagt dazu, dass Erwerbsarbeit Arbeit meint, die zur Herstellung von Gütern oder Erbringungen von Leistungen zum Zweck des Tausches auf dem Markt dient, mit der man ein Einkommen erzielen kann.

Sie meint Arbeit, von der man lebt, durch die man verdient, indem man seine Arbeitskraft verkauft. Diese Form der Arbeit, die wir als Erwerbsarbeit bezeichnen, und die damit verbundene Entlöhnung (Arbeitseinkommen) ist jedoch eine Erfindung der Moderne.

Erst seit Beginn der Industrialisierung vor rund 200 Jahren gibt es Erwerbsarbeit im heutigen Verständnis. In der vorindustriellen Gesellschaft waren Hausgemeinschaft und Arbeitsstätte im Bauernhof oder in der Werkstätte des Handwerkers für die grosse Mehrheit der Bevölkerung in der Regel miteinander verbunden. Die Familie war der Kern der Verbindung von Hausgemeinschaft und Arbeitsstätte.

Noch vor 200 Jahren mussten die meisten Familien auf dem Land vieles zum Leben Notwendiges selbst herstellen. Die Leute hatten kaum Geld, und von wandernden Händlern konnte man nur wenige Waren kaufen. Die Arbeit hatte also primär eine selbstversorgende Funktion. Die Erwerbsarbeit in der Form einer Anstellung und einem Lohn als Gegenleistung zur Arbeit existierte nicht. Das änderte sich durch die Einführung der grossen Maschinen in Fabriken und neuen Betrieben.

Die erwerbstätigen Personen mussten die Hausgemeinschaft verlassen, um den Lebensinhalt für sich und ihre Familien zu verdienen.

Die Fabrik war am Anfang des 19. Jahrhunderts das erste Beispiel des modernen, industrialisierten Betriebs. Jürgen Kocka ergänzt, dass erst mit der Aufhebung der feudal-ständischen Ordnung der Kapitalismus zum allgemeinen Prinzip des wirtschaftlichen Lebens avancierte. Er drang tief in die Welt der Arbeit ein und wandelte sie zu marktvermittelter Arbeit.

Die Abhängigkeit der Arbeit vom Markt war früher durch soziale Einbindungen begrenzt gewesen. Diese Einbindungen zerfielen nun. Die Arbeitskräfte wurden freigesetzt und traten auf sich rasch ausweitende Märkte ein, teils als selbständige Anbieter von Produkten und Leistungen, teils als Lohnarbeiter. Erst jetzt wurde Arbeit im grossen Stil zum Gegenstand marktwirtschaftlicher Tauschvorgänge, zur Ware.

Die materielle Bedeutung der Erwerbsarbeit

Die Erwerbsarbeit hat primär eine materielle Funktion. Seit jeher dient die Arbeit dazu, unser Überleben zu sichern und Grundbedürfnisse zu decken.

Heute ist es der Lohn, der uns unseren Lebensunterhalt und einen bestimmten Lebensstandard sichert. Betrachten wir jedoch die westlichen Industriestaaten, so müssen wir feststellen, dass dank den nach dem zweiten Weltkrieg aufgebauten Wohlfahrtssysteme auch jenen eine Existenz gesichert wird, welche keiner Erwerbsarbeit nachgehen.

Die Frage stellt sich, ob die Erwerbsarbeit in der heutigen Zeit ihre materielle Funktion verloren hat. Können wir überhaupt noch von einer existenzsichernden Funktion der Erwerbsarbeit sprechen?

Erwerbsarbeit als Existenzsicherung?

Unser schweizerischer Sozialstaat basiert auf dem Konzept der Erwerbsarbeit. Die Verteilung des Wohlstandes, die Sicherung bei Unfall oder Krankheit und auch die materielle Absicherung im Alter, basieren auf dieser Idee.

Martin Flügel merkt an, dass die Erwerbsarbeit nicht nur Lohn generiert, sondern im Sozialstaat auch Ansprüche auf Leistungen der Sozialversicherungen schafft, welche die Existenz sowie den Erhalt des erreichten Lebensstandards auch im Alter oder bei Arbeitsunfähigkeit (Unfall, Krankheit) absichern sollen.

Kocka ergänzt, das Erwerbsarbeit als Basis für die Errichtung des Sozialstaates seit den 1880er Jahren dient. Die Arbeiter/innen und nicht die Armen wurden zu Adressaten und Adressatinnen staatlicher Sozialversicherungen. Das System wird über die Beiträge der Arbeiter/innen und der Arbeitgeber/innen, nicht aber über Steuern oder Ersparnisse finanziert. Erwerbsarbeit und soziale Sicherheit sind also aufs engste miteinander verknüpft.

Die soziale Sicherheit, so Uwe Koch, ist also mehrheitlich Lohnarbeit zentriert, was bedeutet, dass die Existenzsicherung unmittelbar mit Erwerbsarbeit verbunden ist. Gleichzeitig gilt, dass der auf dem Solidaritätsprinzip basierende Sozialstaat als Absicherung des Bürgers gegen verschiedenste Risiken nicht nur zum Ziel hat, dem oder der Erwerbstätigen soziale Sicherheit zu garantieren, sondern ebenfalls jenen, welche von der Arbeit ausgeschlossen sind.

In der Schweiz ist die öffentliche Sozialhilfe das "Netz unter dem Netz" und bildet somit die subsidiäre Existenzsicherung schlechthin.

In der Bundesverfassung vom 17. Mai 2009 unter Artikel 12 heisst es: "Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind". Wie gezeigt wurde, hat also die Erwerbsarbeit in der Schweiz dank eines gut funktionierenden Sozialstaates ihre existenzsichernde Funktion verloren.

Der Staat garantiert gemäss Bundesverfassung dem in der Schweiz lebenden Individuum nebst einem beheizten Obdach ein "physisches Existenzminimum" im Sinne eines Minimums an Nahrung und Kleidung auf Lebenszeit. Zudem garantiert die obligatorische Krankenversicherung auch dem nicht Erwerbstätigen eine medizinische Grundversorgung.

In einer Wohlstandsgesellschaft wie der Schweiz muss jedoch, der Begriff der Existenz über die pure physische Ebene hinaus erweitert werden. Deshalb wird im Folgenden zwischen dem Begriff der physischen Existenz und jenem der sozialen Existenz unterschieden.

Erwerbsarbeit zur Sicherung der sozialen Existenz

Für das Individuum zeigt sich, so Martin Flügel, dass länger dauernde Erwerbslosigkeit zur Konsequenz hat, dass der gewohnte Lebensstandard (soziale Existenz) aufgegeben werden muss. Das ist oft mit grossem materiellem Verzicht verbunden. Denn die materielle Existenzsicherung, die von den Sozialwerken oder der Sozialhilfe abgedeckt wird, liegt meist deutlich unter dem Einkommen, das durch Erwerbsarbeit erzielt wurde.

Das bedeutet also, dass all jene Aktivitäten oder Güter, welche über das definierte physische Existenzminimum hinausgehen, wie zum Beispiel Ferien, kostspielige Freizeitaktivitäten oder Luxusgüter, nur über die Erwerbsarbeit finanziert werden können. Im Weiteren ist mit dem Verlust des Arbeitseinkommens und der darauffolgenden Übernahme der Sozialhilfe auch der Wegfall vieler Entscheidungsfreiheiten verbunden.
b010_1.jpg

Bild: Beelitz

Neben dem materiellen Verzicht geht also auch ein Teil der Souveränität über das eigene Leben verloren; eine Auswirkung, die bereits über den rein materiellen Aspekt hinausweist. Erwerbstätigkeit schützt aber heutzutage nicht mehr zwingend vor Armut.Gemäss Carlo Knöpfel verfügen in der Schweiz 15,2 Prozent der Erwerbstätigen nur über geringe finanzielle Mittel.

Der Anteil der steuerpflichtigen Personen mit sehr geringen Mitteln im Erwerbsalter beträgt 10,1 Prozent. In Zahlen bedeutet dies, dass rund 600'000 Erwachsene mit geringem und rund 360'000 Erwachsene mit sehr geringen finanziellen Mitteln auskommen müssen.

Dieses Phänomen der working poor's, also deren, die sich trotz Erwerbstätigkeit mit der Armut konfrontiert sehen, stammt ursprünglich aus den USA, ist aber auch in Europa und der Schweiz zu einer grossen sozialen Herausforderung geworden. Die Erwerbsarbeit ist also keine Garantie mehr für materiellen Wohlstand.

Dennoch ermöglicht das Arbeitseinkommen vielen Erwerbstätigen den Kauf von Luxusgütern (Kleider, Auto, Wohnung, Ferien), die unter anderem unseren sozialen Status definieren. Eine gut entlöhnte Erwerbstätigkeit ermöglicht zudem die Teilhabe an in der Schweiz oft kostspieligen Aktivitäten, wie zum Beispiel Konzert- und Kinobesuche, Skiausflüge, Erlebnisparks, auswärts essen gehen etc.

Das Fehlen finanzieller Mittel für diese Aktivitäten aufgrund von Erwerbslosigkeit kann zu sozialer Ausgrenzung führen, wie später noch erläutert wird. Wie wir gesehen haben, ist die physische Existenz des Individuums auch ohne Erwerbstätigkeit gesichert. Sprechen wir hingegen von der sozialen Existenz, so hat die Erwerbsarbeit heute durchaus eine existenzsichernde Funktion.

Sie ermöglicht uns nebst der sozialen Integration einen materiellen Lebensstandard, über den wir unseren sozialen Status und unsere soziale Identität definieren.

Die immaterielle Bedeutung der Erwerbsarbeit

Neben der materiellen Bedeutung spielt die immaterielle Bedeutung der Erwerbsarbeit für das Individuum heutzutage eine zentrale Rolle. Die Erwerbsarbeit ist mehr als nur Existenzsicherung. Sie stiftet Sinn und vermittelt Identität und ist wesentlich mitbestimmend für die soziale Integration in die Gesellschaft.

Wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, existiert beim Individuum nicht nur das unabdingbare Bedürfnis nach einem ausreichenden und sicheren Einkommen, sondern ebenfalls der Wunsch, von anderen anerkannt zu werden, zu wirken, zu werken und zu handeln, sowie sich an anderen zu messen.

Nach André Gorz verkoppelt der Kapitalismus systematisch diese beiden Bedürfnisse. Er verschmilzt diese und gründet darauf die Macht des Kapitals und seine ideologische Vorherrschaft. "Das unabdingbare Bedürfnis nach einem ausreichenden Einkommen dient als Vehikel, um ein unabdingbares Bedürfnis nach Arbeit einzuschmuggeln".

Erwerbsarbeit als sozialer Hauptintegrationsfaktor

Nebst den Bereichen Beziehungen und Wohnen kann die Arbeit als dritter Grundpfeiler des heutigen Lebens betrachtet werden. Wie Gerhard W. Lauth und Peter Viehbahn in ihrem Buch "Soziale Isolierung" schreiben, kommt die Arbeit einer Reihe von menschlichen Bedürfnissen und Motivationen entgegen. Arbeit strukturiert Zeit, stiftet zwischenmenschliche Kontakte, ermöglicht Leistungsentfaltung, vermittelt Anerkennung und trägt zur personalen und sozialen Identität bei . In der Arbeitsgesellschaft ist die Erwerbsarbeit der wesentliche Hauptpfeiler der sozialen Integration.

Ulrich Beck beschreibt in seinem 1999 erschienen Buch "Schöne neue Arbeitswelt", dass im antiken Griechenland und Rom sich die Freiheit durch frei sein von der Arbeit definierte.

Man galt nicht als Mitmensch der Gesellschaft, wenn man arbeiten musste, man war unfrei. Gesellschaft bestand und entstand vielmehr im öffentlichen und politischen Handeln. Gesellschaft selbst wurde als Gegenwelt zur Arbeit definiert und durch die Kunst des öffentlichen Austausches, der Musse und des politischen Handelns ausgefüllt. Allerdings setzte dies ein klagloses Reich der Notwendigkeit in Form der unmenschlichen Sklavenarbeit und der Unterdrückung der Frau voraus.

Hier baute die Freiheit der wenigen auf der Unfreiheit, ja dem Ausschluss vieler aus der Gesellschaft auf. Schloss damals Arbeit die Menschen von der Gesellschaft aus, so ist Arbeit heute zum Wert- und Integrationskern der modernen Gesellschaft geworden. Diese radikale Umwertung der Arbeit, so Beck, vollzog sich im Gefolge des Sieges von Reformation, bürgerlicher Revolution und politischer Ökonomie. Insofern stellt die Moderne eine wirkliche Revolution dar.

Von nun an definiert sich der Mensch durch das, was im Altertum zum Ausschluss aus der Gesellschaft führte, nämlich durch seine Erwerbsarbeit.

Identität und soziale Anerkennung

Ein Teil der sozialen Integration bildet die Anerkennung im Beruf. Im Jahr 2004 hat uns ein erschütterndes Ereignis darauf aufmerksam gemacht, wie zentral die Anerkennung am Arbeitsplatz für den Menschen ist. Ein Bankangestellter der ZKB erschoss mehrere Mitarbeiter und richtete sich dann selbst.

Mangelnde Anerkennung, Enttäuschung und eine starke Identifikation mit dem Beruf haben unter anderem zu dieser schrecklichen Tat geführt. Dieses tragische Beispiel zeigt uns, von welch grosser Bedeutung die Anerkennung im Beruf ist. Viele Menschen definieren sich über ihre berufliche Tätigkeit. Fällt diese Anerkennung im Beruf weg, findet man sich in einer schwer zu definierenden Existenz wieder.

In keiner anderen gesellschaftlichen Ordnung ist die Arbeit zudem so mitbestimmend für unsere gegenseitige Identifikation wie in der heutigen Erwerbsgesellschaft. Dies verdeutlicht eine treffende Aussage von Beck: Wenn wir den Beruf unseres Gegenübers kennen, glauben wir, ihn (sie) zu kennen. Der Beruf dient zur wechselseitigen Identifikationsschablone, mit deren Hilfe wir Menschen, die ihn "haben" einschätzen in ihren persönlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten, ihrer ökonomischen und sozialen Stellung.

So seltsam es ist, die Person mit dem Beruf gleichzusetzen, den sie hat. In der Gesellschaft, in der das Leben auf dem Faden des Berufs aufgereiht ist, enthält dieser tatsächlich einige Schlüsselinformationen: Einkommen, Status, sprachliche Fähigkeiten, mögliche Interessen und Sozialkontakte. Demzufolge ist die Erwerbsarbeit nicht nur eine wesentliche Quelle von sozialer Anerkennung, sondern verleiht uns ebenfalls eine personale und soziale Identität. Erwerbsarbeit definiert den Platz, den wir in der Gesellschaft einnehmen.

Erwerbsarbeit als Achse der Lebensführung

Lebenskontinuität und Berufskontinuität hängen heute eng zusammen. Wir sind bereit, den Wohnsitz und damit die soziale und regionale Umwelt des Berufes wegen zu wechseln. Die Arbeit wird also oft sogar den beiden Grundpfeilern Beziehungen und Wohnen übergeordnet. Für erwerbstätige Menschen ist der Arbeitsplatz zudem ein zentraler Ort zum Aufbau und zur Pflege sozialer Kontakte.

Martin Flügel spricht davon, dass viele Erwerbstätige am Arbeitsplatz den intensivsten sozialen Kontakt mit anderen Menschen pflegen und sich so austauschen können. Dazu kommt, dass der Erwerbsstatus, also die Einbindung in die Arbeitswelt, das gesamte Muster unseres Beziehungsnetzes prägt.

Ulrich Beck meint dazu: "Erwerbsarbeit und Beruf sind im Industriezeitalter zur Achse der Lebensführung geworden. Zusammen mit der Familie bildet sie das zweipolige Koordinatensystem, in dem das Leben in dieser Epoche befestigt ist".

Erwerbsarbeit als Sinnstiftung

Unter dem starken Einfluss der Protestantischen Ethik und bürgerlichen Tugenden, so Karl- Heinz Hillmann, haben moralische Arbeits- und Berufswerte im dominierenden Wertesystem der Gesellschaft seit langem eine zentrale Stellung inne.

Infolge von kulturrevolutionären Tendenzen, welche Mitte der 1960er Jahre die Arbeits- und Berufswerte in Form von neomarxistisch-antiautoritären Protestbewegungen erschütterten, ergab sich in den westlichen Gesellschaften jedoch eine allmähliche Verschiebung von ‚materialistischen' Werten, bei denen die Betonung vor allem auf ökonomischer und körperlicher Sicherheit lag, hin zu ‚postmaterialistischen' Prioritäten, welche Selbstverwirklichung und Lebensqualität betonen.

Gemäss Gerhard Willke verblasst das Moment der Pflichterfüllung und Arbeit wird Mittel zu persönlicher Bedürfnisbefriedigung. An Arbeit wird zunehmend der Anspruch gestellt, dass sie Freude, Sinnstiftung, Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung ermöglichen soll.

Die Zentralität der Arbeit

Der Aufstieg der Erwerbsarbeit während der Industrialisierung zu einer zentralen gesellschaftlichen Kategorie ging einher mit dem Niedergang identitätsstiftender Strukturen wie Kirche, Familie, Haus und Hof. Wie Gerhard Willke zusammenfasst, wurde Erwerbsarbeit "zum zentralen Lebensinhalt, zum Anker in einer Welt, deren Strukturen und Traditionen sich schleichend auflösten".

Die Wichtigkeit der Erwerbsarbeit geht in den westlichen Ländern und der Schweiz weit über die materielle Dimension hinaus. Sie vermittelt soziale Anerkennung und eine Identität, strukturiert Zeit und organisiert unsere Lebensführung. Erwerbsarbeit ist der Hauptintegrationsfaktor unserer Gesellschaft und somit der zentrale Mittelpunkt unserer Lebensführung.

Die Krise der Arbeitsgesellschaft

Die aktuelle Wirtschaftskrise gibt Anlass zu heftigen Kontroversen weltweit. Erhöhte Arbeitslosigkeit betrifft und verunsichert einen grossen Teil der Bevölkerung, auch in der Schweiz. Die NZZ schreibt am 3. Juli 2009, dass uns die Rezession die höchste Arbeitslosenquote in den 16 Euro-Ländern seit 10 Jahren beschert hat. In den vergangenen zwölf Monaten verloren 3,4 Millionen Personen im Währungsgebiet ihren Job.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Unternehmen ihren Stellenabbau fortsetzen werden. Im Jahr 2010 sei mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 11,5% zu rechnen. Steckt die Arbeitsgesellschaft, wie wir sie kennen, nur in einem vorübergehenden Tief oder in einer tiefgreifenden Krise?

Handelt es sich schlicht um konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit, die wir bald wieder überwinden werden? Oder handelt es sich womöglich um die Spitze eines Eisberges, welcher uns zwingt, die Arbeit in unserer Gesellschaft neu zu überdenken?

Um die Krisen und Umbrüche der Arbeitsgesellschaft der Gegenwart verstehen zu können, erscheint es notwendig, den geschichtlichen Hintergrund der Erwerbsarbeit zu erläutern, wie Jürgen Kocka unterstreicht: "Die Voraussage der Zukunft ist schwierig, aber ohne Kenntnis der Vergangenheit unmöglich".

In einem ersten Schritt wird dargelegt, wie die Produktionsabläufe im Zuge der Industrialisierung stetig rationalisiert wurden und sich so das Wesen der Arbeit auf struktureller Ebene grundlegend veränderte.

In einem zweiten Schritt wird die These erläutert, welche "das Ende der Arbeitsgesellschaft" und die zunehmende Arbeitslosigkeit nur als konjunkturelle und somit als vorübergehende Schwankung betrachtet. Diese These wird in einem dritten Teil aus einem kritischen Standpunkt heraus und in einer differenzierten Auseinandersetzung untersucht.

Darauf aufbauend wird im Fazit die Ausgangsfrage beantwortet, ob die Arbeitsgesellschaft in einem vorübergehenden Tief oder in einer tiefgreifenden Krise steckt.

Von der ersten zur dritten Industriellen Revolution

Während Jahrtausenden war die Existenz der Menschen stark von der Natur abhängig. Das Überleben der Menschen war über weite Strecken der Geschichte hinweg an die Fruchtbarkeit des Bodens und an die Jahreszeiten gebunden.

Erst im späten Mittelalter wurde die Grundlage für den Übergang in das Maschinenzeitalter gelegt. Neue Handelsrouten wurden erschlossen, die Städte und das Wirtschaftsleben erblühten, und die Erwerbsarbeit wurde zum zentralen Mittelpunkt, um der sich von nun an das Leben drehte.

Es erscheint notwendig, einen Überblick über wesentliche Veränderungen der Erwerbsarbeit aufzuzeigen, um so die aktuellen Wandlungstendenzen der Arbeitsgesellschaft besser zu verstehen.

Es würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen, auf alle Aspekte der Geschichte der Erwerbsarbeit einzugehen. Deshalb wird der Fokus hauptsächlich auf die stetige Rationalisierung der Produktionsabläufe gerichtet, um so zu einer möglichen Erklärung der Krise der Arbeitsgesellschaft zu gelangen. Dabei wird hauptsächlich Literatur verwendet, die in der Entwicklung der Arbeit das Augenmerk auf die Veränderung der Produktionsprozesse legt.

Die erste Industrielle Revolution: von der Muskelkraft zur Dampfmaschine

Mit dem Ersatz von Holz durch Kohle als Brennstoff, der Verwendung von Stahl als Baustoff, sowie der Erfindung der Dampfmaschine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wurde die erste Industrielle Revolution eingeleitet.

Die energetische Nutzung des Wasserdampfes revolutionierte die wirtschaftliche Produktion. Die Dampfmaschine wurde zur Erzgewinnung, zur Textilherstellung und zur Produktion einer ganzen Palette von Gütern eingesetzt, welche bis zu diesem Zeitpunkt in Handarbeit hergestellt worden waren.

Die Kraft des Dampfmotors übertraf jene der Tiere und Menschen um ein Vielfaches. Der Dampfmotor wurde zum neuen Arbeitssklaven dieser Zeit. Für die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung waren die Folgen gravierend: Fabrikarbeit, Bevölkerungswachstum, Landflucht, Urbanisierung und somit neue grosse, soziale Herausforderungen.

Die zweite Industrielle Revolution: die beschleunigte Produktion

Die zweite Industrielle Revolution, welche in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts ihren Anfang nahm, war einerseits dadurch charakterisiert, dass Erdöl neben der Kohle zum zweiten energetischen Standbein der Industriegesellschaft avancierte. Andererseits wurde elektrische Energie umfassend genutzt. Der Strom beschleunigte die Kommunikation der Menschen untereinander, und durch die Entwicklung des Elektromotors konnten ganze Städte elektrisch beleuchtet werden.
b005_01.jpg

Bild: Beelitz

Die Erfindungen der zweiten Industriellen Revolution führten dazu, dass die Arbeit von Maschinen mehr und mehr an Bedeutung gewann. Fabrikarbeiter wurden von Handwerkern, die an der Planung des Produktionsprozesses und der Lösung von Problemen selbst beteiligt waren, zu blossen Handarbeitern, welche schlicht das ausführten, was von den Managern geplant wurde.

Dies versetzte die Arbeiterschaft in eine strategisch schwache Position. Da sie über keine spezifischen Fähigkeiten mehr verfügen mussten, wurden sie leicht ersetzbar.

Mit dem Einzug der zweiten Industriellen Revolution begann auch die Zeit der Massenproduktion und des Massenkonsums. Die Begriffe "Taylorismus" und "Fordismus", sowie die damit verbundene Rationalisierung der Wirtschaft zur gezielten Produktionssteigerung prägten diese Zeit. Dies hatte weitreichende Folgen für die Produktionsprozesse, die Gesellschaft und das Verständnis von Arbeit.

Taylorismus: Profitmaximierung durch Rationalisierung

Frederick Winslow Taylor begründete die sogenannte "wissenschaftliche Betriebsführung", welche zum Ziel hatte, die Produktivität durch eine optimale Nutzung der Arbeitskraft zu steigern. Es galt, die Arbeit des einzelnen Arbeiters in kleine, standardisierte und beschleunigt durchführbare Schritte zu zerlegen.

Dies sollte zu einer maximalen Produktion führen, bei geringst möglichem Zeitverlust, gleich bleibender Qualität und grösstmöglicher Ausnützung von Maschinen und Arbeitskraft. Der Taylorismus wurde von Anfang an von der Arbeiterschaft heftig kritisiert. Denn die stumpfsinnige Routinearbeit wurde als entwürdigend und entfremdend empfunden. Ein bekannter Ausspruch von Taylor unterstrich dies deutlich: "Arbeiter gehorchen ähnlichen Gesetzen wie Teile einer Maschine".

Die Rationalisierungseffekte des Taylorismus verhalfen der amerikanischen Wirtschaft zu einer Produktivitätssteigerung, worauf er sich weltweit durchsetzte.

Fordismus: Modern Times und die Stärkung der Arbeiterschaft

Am konsequentesten wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts Taylors betriebswirtschaftliche Lehre von Henry Ford umgesetzt, was später unter dem Begriff des "Fordismus" bekannt wurde. 1909 führte Henry Ford zur Fertigung des Ford T die Fliessbandproduktion mit extremer Arbeitsteilung ein.

Seine Hoffnung war die Entlastung des Menschen von unwürdiger Arbeit sowie die Erleichterung der körperlichen Arbeit. Wegen der monotonen und anspruchslosen Arbeit am Fliessband herrschte jedoch unter Fords Angestellten eine unzufriedene Stimmung.

Dies führte zu Aufständen und Revolten in den Fabriken, welche zur Folge hatten, dass die Rechte der Arbeiterschaft ausgebaut wurden und sich später in den Industriestaaten sozialstaatliche Strukturen durchsetzen konnten. Hinzu kam, dass Ford seine Arbeiterschaft doppelt so gut bezahlen musste, wie in anderen Fabriken. Ford war also dazu gezwungen, einen recht hohen Teil des Produktivitätsgewinns an die Arbeiterschaft abzutreten. Durch höhere Löhne erfolgte der ökonomische Aufstieg der Arbeiterschaft.

Die dadurch gestiegene Kaufkraft ermöglichte es ihnen, sich eigene Ford Ts zu kaufen, so dass es zur Massenproduktion von Autos kam. Diese wiederum wurde zu einer wichtigen Stütze der amerikanischen Wirtschaft. Im Fordismus verband sich also der Taylorismus mit dem ökonomischen Aufstieg der Arbeiterschaft.

Dem Fordismus wurde grosse Kritik entgegengebracht, da er eine Maschinisierung der Körper, eine Sinnentleerung der Arbeit, eine Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft, sowie die Entfremdung der Arbeit verkörperte. Daraus folgten in den Industriestaaten sozialstaatliche Strukturen, der Ausbau der Rechte der Arbeiterschaft, sowie verrechtlichte Arbeitsverhältnisse und sinkende Arbeitszeiten.

Die dritte Industrielle Revolution: Wissens- und Informationsgesellschaft

Die technologischen Innovationen der dritten Industriellen Revolution fanden zu einer Zeit statt, als der Durchbruch der zweiten noch nicht einmal vollzogen war. Bestand die grösste Veränderung der ersten Industriellen Revolution darin, menschliche Muskelkraft durch Maschinenkraft zu ersetzen, so lag das Charakteristikum der zweiten Industriellen Revolution darin, die im Maschinensystem tätige menschliche Arbeitskraft zu rationalisieren.

Das zentrale Merkmal der dritten Industriellen Revolution besteht darin, dass durch gesteuerte Automaten und Informationssysteme Arbeit wegrationalisiert wird.

Gerhard Willke sagt dazu, dass sich die Arbeitsgesellschaft im Umbruch befindet: "(…) vom mechanischen über das elektronische zum Informationszeitalter, von der Fabrikarbeit der Industriegesellschaft über die Büroarbeit der Dienstleistungsgesellschaft hin zur computergestützten "Kopf- und Denkarbeit" der Wissensgesellschaft". An der Erfindung des Computers kann also die technologische Revolution festgemacht werden. Informationstechnologien steigen zunehmend in ihrer Bedeutung.

Die strukturelle Veränderung der Produktionsabläufe

Die meisten Wirtschaftszweige wurden im Laufe der Geschichte zunehmend automatisiert. Dies hatte zur Folge, dass die Produktion und Produktivität stetig stieg. Ulrich Beck sagt dazu: (…) dass Produktivität, die diesen Namen verdient, auch immer eine Abschaffung der menschlichen Arbeit bedeutet".

In der heutigen dritten Industriellen Revolution werden körperliche und geistige Arbeit zunehmend von Computern und intelligenten Maschinen erledigt.

Massenentlassungen, steigende Sozialhilfeausgaben und eine hohe Arbeitslosigkeit sind in den meisten 20 Industriestaaten die Folge davon. Jeremy Rifkin prophezeit, dass in weniger als einem Jahrhundert die industrielle Massenbeschäftigung in allen entwickelten Ländern der Welt der Vergangenheit angehören wird.

Die Arbeitswelt wird von einer neuen, leistungsfähigeren Generation von Computer- und Informationstechnologien verändert werden und so zahllose Menschenarbeit- oder gar brotlos machen. In den mittleren Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts soll die kommerzielle Sphäre über alles technologisch Notwendige und die Organisationsfähigkeit verfügen, um Waren und Grunddienstleistungen für eine wachsende Bevölkerung mit einem Bruchteil der heute beschäftigten Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die menschliche Arbeit auf Grund der fortwährenden Rationalisierung der Produktionsabläufe zusehends aus dem Produktionsprozess verbannt wird. Demzufolge findet eine strukturelle Abnahme der Erwerbsarbeit statt - und dies unabhängig von konjunkturellen Schwankungen.

Die Arbeitsgesellschaft existiert weiter

Ökonomische Thesen des letzten Jahrhunderts sprechen eine andere Sprache. Sie behaupten, dass neue Technologien die Produktivität steigern und somit Produktionskosten senken. Dies wiederum ermöglicht es, das Angebot an billigen Waren zu vergrössern. Folglich wachsen die Kaufkraft und die Märkte, wodurch wiederum neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die mehrheitliche Meinung von Politik und Wirtschaft ist noch heute, dass die Arbeitslosigkeit auf konjunkturelle Schwankungen der Wirtschaft zurückzuführen ist und somit immer zeitlich begrenzt ist. Hinzu kommt, dass viele Ökonominnen und Ökonomen in der Dienstleistungsbranche sowie im Wissensbereich eine Hoffnung auf neue Arbeitsplätze sehen.

Im folgenden Kapitel wird auf diese Argumentationen eingegangen, um so zu verdeutlichen, dass "das Ende der Arbeitsgesellschaft" keineswegs eine unabwendbare Tatsache sein muss.

Die Verlagerung in die Dienstleistungsbranche: das Jobwunder

In den vergangenen hundert Jahren ist auf dem Schweizerischen Arbeitsmarkt eine deutliche Verschiebung in den Dienstleistungssektor auszumachen. Angesichts des kontinuierlichen Rückgangs der Sektoren Industrie und Landwirtschaft setzen viele Ökonominnen und Ökonomen sowie Politiker/innen deshalb auf die Dienstleistungsbranche, welche die Millionen von Arbeitssuchenden aufnehmen soll.
b014_01.jpg

Bild: Beelitz

Demnach ist die Hoffnung berechtigt, dass die Automatisierung in der Landwirtschaft und in Industrie/Bau zwar Stellen abbaut, gleichzeitig aber zunehmend neue Erwerbsmöglichkeiten im Dienstleistungsbereich entstehen. Gerhard Willke sagt, dass durch Maschinen und Automaten die Arbeit nicht abgeschafft, sondern in Dienstleistungsarbeiten verlagert wird.

Wissensaneignung und Lernen werden wichtiger und bestimmen die künftigen Arbeitsinhalte. Zudem komme dem Zusammenführen von Experten und Expertinnen eine zentrale Rolle in der Dienstleistungsproduktion zu.

Gemäss Marianne Mäder haben Dienstleistungen in der Schweizer Wirtschaft eine hohe Bedeutung und sind ein zentraler Wirtschaftsfaktor.

Drei von vier Unternehmen in der Schweiz sind im Dienstleistungssektor tätig, und vier von fünf neu gegründeten Unternehmen sind Dienstleistungsunternehmen. Der Dienstleistungssektor trägt in der Schweiz mit mehr als 70 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Am bedeutendsten sind dabei Finanzdienstleistungen von Banken und Versicherungen, gefolgt von Dienstleistungen des Gross- und Detailhandels.

Sieben von zehn Erwerbstätigen arbeiten in der Schweiz im tertiären Sektor und acht von zehn neu geschaffenen Stellen gehen auf das Konto des Dienstleistungssektors. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa und weltweit ist die grösste Dynamik und das stärkste Wirtschaftswachstum im Bereich der Dienstleistungen zu verzeichnen.

Aufgrund dieser Zahlen ist es offensichtlich, dass die Dienstleistungsbranche in der Lage ist, die Entlassungen in anderen Wirtschaftbereichen abzufedern und somit einer Vielzahl von Personen eine Erwerbsmöglichkeit zu garantieren.

Die Wissensgesellschaft: Die Zukunftsbranche der Erwerbsarbeit

In den Augen jener, welche die These des Endes der Arbeitsgesellschaft als Utopie betrachten, verlagert sich die Arbeit in jene Bereiche, welche ein spezialisiertes Fachwissen und hohe Qualifikationen in der Wissensverarbeitung und den Informationstechnologien voraussetzen.

Demnach befinden wir uns erneut inmitten eines Strukturwandels, in dem die Wissensgesellschaft das Industriezeitalter kontinuierlich ablöst. Wir erleben, so Willke, eine Unterwanderung der alten Arbeitsgesellschaft durch neue Informations- und Kommunikationstechniken. Deren Arbeitsformen und Inhalte verlangen auch neue und bessere Qualifikationen.

Nach Ulrich Beck wird zukünftig Wissen und nicht Arbeit zur Quelle gesellschaftlichen Reichtums. Jene Personen, welche über diese ökonomische Ressource verfügen, sowie über die Fähigkeiten und Kenntnisse, ihr spezialisiertes Wissen gewinnbringend einzusetzen, werden zur privilegierten Gruppe in der Gesellschaft werden.

Die Anzahl der Beschäftigten in der Informations- und Wissensbranche, wo hohe Qualifikationen vorausgesetzt werden, wie sie zum Beispiel Führungskräfte, Akademiker und Techniker mitbringen, steigt im Vergleich zu anderen Branchen besonders stark an. Es besteht also durchaus Hoffnung, dass der Wissensbereich in der Lage sein wird, einen Teil der durch die Automatisierung weggefallenen Arbeitsplätze zu ersetzen.

Gemäss Willke bedingen neue Technologien und veränderte Arbeitsinhalte höhere fachliche Qualifikationen und Schlüsselqualifikationen. Arbeitnehmer/innen, welche von diesen Veränderungen betroffen sind, müssen durch berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungen die nötigen Qualifikationen erwerben.

Im Wandel der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft wird demnach Wissen zu einer Schlüsselressource und eine höhere Bildung zu einer Bedingung für einen sicheren Arbeitsplatz. Neben der Dienstleistungsbranche entsteht also ein neuer, auf den Informationstechnologien basierender Wirtschaftszweig, welcher neue Erwerbsmöglichkeiten bietet.

Mehr Erwerbsarbeit durch höhere Produktivität

Nach dem "Sayschen Theorem", welches in die neoklassische Theorie einging, erhöhen neue und arbeitssparende Technologien die Produktivität. Gemäss Jeremy Rifkin erlaubt dies den Anbietern, bei geringeren Kosten mehr Güter herzustellen. Dieses erhöhte Angebot an billigeren Waren schafft - so das neoklassische Argument - seine eigene Nachfrage.

Die auf Grund der erhöhten Produktivität sinkenden Preise werden also eine erhöhte Nachfrage der Konsumenten erzeugen. Grössere Nachfrage wird wiederum eine erhöhte Produktion nach sich ziehen, diese wiederum eine erhöhte Nachfrage und so weiter in einem unendlichen Kreislauf von Produktion und Konsum.

Der gestiegene Güterumsatz wird jeden anfänglichen, aufgrund der technischen Verbesserungen eingetretenen Verlust an Arbeitsplätzen wieder wettmachen. Denn um die erhöhte Nachfrage befriedigen zu können, müssen mehr Leute eingestellt werden. Ausserdem haben die Konsumenten dank der gesunkenen Preise Geld übrig, um andere Produkte zu kaufen und so auch in anderen Wirtschaftbereichen für eine erhöhte Nachfrage zu sorgen.

Aus der Angebotstheorie lässt sich der Schluss ziehen, dass das Problem der Arbeitslosigkeit sich trotzt technisch bedingter Entlassungen letztlich von selbst lösen wird. Steigende Arbeitslosenzahlen werden zu niedrigeren Löhnen führen, und diese wiederum werden die Unternehmer veranlassen, mehr Leute einzustellen. Auf diese Weise werden die negativen Beschäftigungseffekte neuer Technologien abgeschwächt.

Die organisierte Unzufriedenheit

Damit die Angebotstheorie jedoch Früchte trägt, ist ein gesteigerter Konsum der Menschen nötig. Um die Jahrhundertwende bemerkten Ökonomen, so Jeremy Rifkin , dass die meisten arbeitenden Menschen zufrieden waren, wenn ihr Lohn für das Decken der Grundbedürfnisse und den Kauf von ein paar Luxusgüter genügte.

Ansonsten wollten sie lieber mehr Freizeit haben, als länger zu arbeiten und mehr zu verdienen. Diese Tatsache wurde laut Rifkin jedoch bald zum Fluch für die Geschäftsleute, deren Waren sich in den Lagern und Kaufhäusern stapelten. Diesem Problem wurde begegnet, indem um die 20er Jahre in den USA die Idee aufkam, den "unbefriedigten Konsumenten" zu schaffen.

"Der Schlüssel zum wirtschaftlichen Wohlstand ist die ‚organisierte Unzufriedenheit'", meinte der Ökonom Kettering dazu. Gemäss Rifkin entstand daraus später die Formel, dass die Produktion die Bedürfnisse erzeugt, die sie zu befriedigen sucht. Es entstand das neue Feld der "Konsumtheorie". Marketing, welches sich früher einer eher geringen Beachtung erfreute, gewann so in der Wirtschaft fast über Nacht an Bedeutung.

Aus einer Industriegesellschaft wurde in kürzester Zeit eine Konsumgesellschaft: Die Werbeleute priesen nicht mehr die Nützlichkeit ihrer Produkte an, sondern appellierten an das Statusbewusstsein der Kunden.

Über 80 Jahre später vertraut die Wirtschaft noch immer demselben Rezept: die Produktion zu erhöhen, die Kaufkraft und den Konsum der Menschen zu stärken um somit Arbeitsplätze zu erhalten oder neu zu schaffen. Aus einer genügsam arbeitenden Gesellschaft wurde eine hedonistische Konsumgesellschaft.

Die Arbeitslosigkeit als konjunkturelle Schwankung

Ökonominnen, Ökonomen und Politiker/innen erklären die Arbeitslosigkeit auch heute noch mehrheitlich durch konjunkturelle Faktoren. Unternehmen müssen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entlassen, um aufgrund fehlender Absatzmärkte die Produktionskosten zu verringern. Jedoch - so die Annahme - verschwindet diese Arbeitslosigkeit beim nächsten Aufschwung wieder.

Bei einer gleichmässigen Wirtschaftsentwicklung tritt Arbeitslosigkeit nicht auf. Daniel Lampart unterstützt diese Aussage wie folgt: Verschiedene Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass der Beschäftigungsrückgang und der damit verbundene Anstieg der Erwerbslosigkeit in der Schweiz in den 1990er Jahren zum grössten Teil konjunkturelle Ursachen hatten. Die Erwerbslosigkeit ist in erster Linie deshalb gestiegen, weil die Unternehmen zu wenig offene Stellen hatten, und nicht die falschen Stellen.

Das Ende der Arbeitsgesellschaft?

Im vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, dass "das Ende der Arbeitsgesellschaft" nicht eintreten wird. Ökonomischen Argumenten zufolge befinden sich die Erwerbsarbeit und die Arbeitsgesellschaft nur in einer vorübergehenden, konjunkturell bedingten Krise. Im letzen Kapitel geht es nun darum, diese Argumentationen einzeln zu prüfen, um so zu einer differenzierten These zu gelangen.

Die Automatisierung in der Dienstleistungsbranche: das Jobwunder versagt

Wie gezeigt wurde, ist die Dienstleistungsbranche der Hoffnungsträger vieler Politiker/innen und Ökonominnen und Ökonomen. Dieser Bereich wird aber ebenfalls von der Automatisierung nicht verschont. Es ist fraglich, ob sich dieser Bereich als Hoffnung auf sichere Arbeitsplätze behaupten kann. Nach Jeremy Rifkin wird diese Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen. Denn schon längst gehen auch in vielen Dienstleistungsunternehmen Arbeitsplätze durch Automatisierung und Umstrukturierungen verloren.

Neuartige "Denkmaschinen" können viele der Aufgaben, die bislang noch von Menschen erledigt wurden, in wesentlich kürzerer Zeit bewältigen.

Die US-amerikanische Telefongesellschaft Sprint, so Rifkin, in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung, ist seit Jahren dabei, menschliche Vermittler durch Spracherkennungsprogramme zu ersetzen. 2002 sprang die Produktivitätsrate bei Sprint um 15 Prozent nach oben, der Gewinn stieg um 4,3 Prozent, und 11'500 Jobs wurden abgebaut. Die Net-Bank in Australien hat 2,4 Milliarden Dollar Einlagen.

Eine herkömmliche Bank dieser Grösse hätte um die 2.000 Angestellte. Aber die Net-Bank benötigt nur 180 Mitarbeiter. Volker Hielscher und Eckart Hildebrandt sagen dazu, dass die neuen Technologien nicht nur die Produktion, sondern auch die öffentlichen und privaten Dienstleistungen in bisher nicht gekanntem Ausmass rationalisieren werden.

Auch Eberhard Ulich äussert sich in einem Interview skeptisch dazu: "Der klassische Dienstleistungsbereich wird auch keine entsprechenden Reserven an Erwerbsarbeit bieten. Hier beginnt die Rationalisierung erst heute wirklich zu greifen". Es besteht also sogar die Gefahr, dass der Dienstleistungsbereich nicht nur keine neuen Arbeitsplätze schafft, sondern im Gegenteil Arbeitsplätze abschaffen wird.

Dies ist vor allem für ein Dienstleistungsland wie der Schweiz, wo dieser Bereich über 70 Prozent zur Bruttowertschöpfung beiträgt, eine beängstigende Vorstellung.

Die Wissensgesellschaft: eine kleine Elite profitiert

Wie bereits beschrieben wurde, vollzieht sich in der Schweiz gemäss Statistiken ein struktureller Wandel in Richtung Wissensgesellschaft. Doch dies ist nur für eine dünne Schicht von Fach- und Führungskräften ein neuer Erwerbsbereich.
b007_1.jpg

Bild: Beelitz

Jeremy Rifkin sagt treffend dazu: "Dieser Bereich wird zwar wachsen, aber er wird nur einen Bruchteil der Arbeitskräfte aufnehmen können, die durch die rasanten Fortschritte der Informationstechnologien freigesetzt werden".

Wissen, nicht Arbeit, so Ulrich Beck, wird zur Quelle gesellschaftlichen Reichtums.

Die Personen, welche über diese ökonomische Ressource verfügen, sowie über die Fähigkeiten und Kenntnisse, ihr spezialisiertes Wissen gewinnbringend einzusetzen, werden zur privilegierten Gruppe in der Gesellschaft werden.

Um diese Aussagen zu verdeutlichen, sagt Beck weiter, dass die Informations- bzw. Wissensgesellschaft zwar im Stande ist, neue Arbeitsfelder zu erschliessen, sich gleichzeitig aber die Normalarbeitsgesellschaft auf leisen Sohlen verabschiedet. Rifkin geht sogar soweit zu sagen, dass sich die Arbeitswelt durch den Einsatz von neuen und leistungsfähigeren Generationen von Computer- und Informationstechnologien so verändern wird, dass zahllose Menschen arbeit- oder gar brotlos werden.

Höhere Produktivität: die Zahlen sprechen eine andere Sprache

Ökonomische Thesen verlassen sich im Wesentlichen darauf, dass gesteigerte Produktivität auch immer zu einem grösseren wirtschaftlichen Wachstum führt. Dadurch können Arbeitsplätze erhalten oder gar neu geschaffen werden. Dies würde also bedeuten, dass gesteigertes Wachstum und erhöhte Produktivität automatisch zu einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit und zu einer Verminderung der Arbeitslosenquote führen.

Jeremy Rifkin entgegnet in einem Interview in der Stuttgarter Zeitung: Von 1982 bis 2002 stieg die US-amerikanische Stahlproduktion von 75 auf 102 Millionen Tonnen.

Im selben Zeitraum nahm die Zahl der Stahlarbeiter von 289.000 auf 74.000 ab. In den 20 grössten Volkswirtschaften der Erde sind zwischen 2002 und 2004 mehr als 30 Millionen Arbeitsplätze abgebaut worden. Wohin Sie schauen, dasselbe Bild:

Die Produktion steigt, die Produktivität steigt, aber die Arbeitsplätze nehmen ab. Die folgenden Statistiken geben einen Hinweis darauf, dass das Wachstum und die Produktivität in der Schweiz stetig gestiegen sind, sich die Arbeitslosenzahlen jedoch nicht so verändert haben, wie dies gemäss ökonomischer Wirtschaftslehre hätte der Fall sein sollen.

Zwischen den Jahren 2001 und 2004 zum Beispiel stieg die Produktivitätsrate stetig an. Trotzdem nahm die Arbeitslosenquote zu.

Arbeitslose: Definition gemäss Staatsekretariat für Wirtschaft (seco): Personen, die bei einem regionalen Arbeitsvermittlungszentrum registriert sind, keine Stelle haben und sofort vermittelbar sind.

Arbeitslosenquote: Zahl der registrierten Arbeitslosen am Stichtag geteilt durch die Zahl der Erwerbspersonen (seit 1. Januar 2000: 3'946988 Personen) gemäss Eidgenössischer Volkszählung. Jeremy Rifkin fasst die Problematik wie folgt abschliessend zusammen: Seit mehr als einem Jahrhundert lassen wir uns von folgendem ökonomischen Grundsatz leiten: Neue Technologien steigern die Produktivität, senken die Kosten und vergrössern das Angebot an billigen Waren.

In der Folge wachsen die Kaufkraft und die Märkte, und es werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Auf dieser zentralen Annahme beruhte bislang die Wirtschaftspolitik aller Industrieländer.

Jetzt aber zeigen sich die wahren Folgen dieser Logik: eine Arbeitslosigkeit unvorgesehenen Ausmasses, ein starker Rückgang der allgemeinen Kaufkraft, eine gefährlich hohe Überproduktion und eine drohende Weltwirtschaftskrise.

Kredite und die organisierte Unzufriedenheit: die Seifenblase der USA

Die Ökonomie geht davon aus, dass die menschlichen Bedürfnisse unbegrenzt sind. Sie müssen lediglich erzeugt werden. Denn ein kauffreudiger Konsument ist der Schlüssel für gesteigerten Absatz, höhere Gewinne und somit notwendig für eine wachsende Wirtschaft.

Rifkin sagt dazu, dass nichts so erfolgreich war, wie die Einführung des Kundenkredits, als es darum ging, die Kaufgewohnheiten der Menschen zu verändern. Etwas auf Raten zu kaufen war sehr verführerisch, und viele wurden richtiggehend süchtig danach.

Das US-amerikanische Wirtschaftswunder der 90er Jahre, so Rifkin weiter, erwies sich im Nachhinein als Illusion. Das Wunder der USA war zu einem grossen Teil auf Kredit gekauft. Oliver Samson sagt, dass der Konsum die Säule der Wirtschaft sei und Kreditkarten die Säulen des Konsums. Das Plastikgeld brachte den Banken und Unternehmen glänzende Gewinne.

Doch diese Zeiten sind vorbei, so Samson, die Lage des Finanzmarktes wird sich noch verschlimmern, wenn die Krise nun auch die milliardenschwere Kreditkartenbranche erfassen würde.

Die Mehrdeutigkeit der Statistiken: verschleierte Fakten

Politik und Wirtschaft stützen sich meist auf offizielle Statistiken und legitimieren so politische, wirtschaftliche oder gesamtgesellschaftliche Massnahmen. Statistiken sprechen aber nur in den seltensten Fällen für sich. Es ist meist eine Frage des Blickwinkels, wie Statistiken, Diagramme und Zahlen betrachtet und interpretiert werden.

Die Schweiz als Ausnahmefall

Gemäss Staatsekretariat für Wirtschaft SECO weist die Schweiz im Februar 2009 eine Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent aus. Nicht selten wird in der Schweiz die tiefe Arbeitslosenquote als Argument, ja geradezu als Beweis gegen einen Schwund der Arbeit hervorgebracht.

Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass die Schweiz im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Staaten eine extrem niedrige Arbeitslosenquote aufweist, wonach die zuvor erwähnte, auf den schweizerischen Statistiken basierende Argumentation relativiert werden muss. Die Erwerbslosigkeit stieg in der Schweiz zwischen dem 2. Quartal 2008 und dem 2. Quartal 2009 zwar von 3,4 auf 4,1 Prozent deutlich an.

Dieser Anstieg erweist sich jedoch in einem internationalen Vergleich als gering. Im gleichen Zeitraum stieg die durchschnittliche Erwerbslosenquote in den 27 EU Ländern von 6,8 auf 8,8 Prozent an. Dies geht aus den provisorischen Ergebnissen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) für das 2. Quartal 2009 hervor.

Die Schweiz verzeichnet demgegenüber also eine vergleichsweise niedrige Zunahme und ist somit weiterhin eines der wenigen Länder, die von der Erwerbslosigkeit nur in geringem Masse betroffen sind. Im Vergleich dazu verzeichneten Staaten wie zum Beispiel Littauen, Lettland oder Spanien Erwerbslosenquoten weit über 10 Prozent.

Die Mängel der Arbeitslosenquoten

Der aktuelle politische und ökonomische Diskurs bezüglich der Problematik der Arbeitsgesellschaft dreht sich fast ausschliesslich um die Arbeitslosenquoten, so als würden diese uns ganzumfänglich Auskunft über das Arbeitsvolumen und somit über einen eventuellen Rückgang der Arbeit liefern. Was uns jedoch in der vorliegenden Arbeit besonders interessiert, ist nicht die Frage, ob die Arbeitslosigkeit zunimmt oder abnimmt, sondern ob das Volumen der Erwerbsarbeit an sich zurückgeht.

Dies wiederum können uns die Arbeitslosenstatistiken nur sehr unpräzise aufzeigen. Martin Flügel merkt dazu an, dass beispielsweise Personen in Zwischenverdiensten, in einem Beschäftigungsprogramm oder einer Umschulung, sowie Ausgesteuerte nicht in den offiziellen Arbeitslosenstatistiken aufgeführt werden.

Die Ausführungen von Daniel C. Aeppli geben einen weiteren Einblick in die Unvollständigkeit der Arbeitslosenstatistiken. Im Januar 2008 befanden sich in der Schweiz 40'200 Menschen entweder in einem Zwischenverdienst, in Weiterbildungen, Umschulungen oder Beschäftigungsprogrammen. Werden diese Personen zur Arbeitslosenstatistik dazugezählt, ergibt dies im Januar 2008 statt 2,8 Prozent eine Quote von 3,8 Prozent. Damit sind aber noch nicht alle tatsächlich arbeitslosen Personen erfasst.

Denn es gibt rund 36'300 Ausgesteuerte, welche ohne Arbeit und auf Stellensuche sind, aber nicht in der Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Somit steigt die Quote auf 4,8 Prozent. Werden Ausgesteuerte aus früheren Jahren, ehemals selbständig erwerbstätige Arbeitslose (Zahlen unbekannt), sowie arbeitslose Sozialhilfebezüger/innen (Gesamtschweizerische Zahlen unbekannt), miteinbezogen, steigt die Arbeitslosenquote nochmals um rund 40'000 Personen an.

Aeppli unterstreicht diese Tatsachen folgendermassen: "Vorsichtig und konservativ geschätzt könnte die Arbeitslosenquote in der Schweiz im Januar 2008 also zwischen 5 und 6 Prozent liegen und somit das Doppelte der offiziellen Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent betragen".

Gehen wir von der Tatsache aus, dass es sich bei dieser enormen Diskrepanz zwischen den Zahlen und den tatsächlichen Erwerbslosen nicht nur um eine rein schweizerische Verzerrung handelt, so nehmen die tatsächlichen Erwerbslosenquoten in anderen europäischen Staaten geradezu beängstigende Grössen an.

Ein weiteres Beispiel für unvollständige und somit trügerische Statistiken liefert uns Rifkin. Nach der Rezession von 1989 bis 1992 fanden zwar einige US Amerikaner neue Stellen, Millionen andere gaben jedoch entmutigt ihre Jobsuche auf und stellten sich dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung.

Daher wurden sie nicht mehr länger in den offiziellen Statistiken aufgeführt. Viele weitere wurden inhaftiert. 1980 betrug die Gefängnispopulation 330 000 Insassen.

Bis zum Jahr 2000 sassen fast zwei Millionen Menschen in Haftanstalten. Momentan befinden sich 1,8 Prozent der erwachsenen, arbeitsfähigen Männer in den USA in Gefängnissen. Aus den beschriebenen Erkenntnissen ist zu folgern, dass die so oft erwähnten Arbeitslosenzahlen mit grosser Vorsicht zu geniessen sind.

Sie sagen uns nur kläglich wenig über die in der Gesellschaft vorhandene Erwerbsarbeit aus. Zudem ist nicht zu vergessen, dass die stetige Fokussierung auf diese Quoten im öffentlichen Diskurs dazu führt, dass politische Programme und Massnahmen, wie zum Beispiel Integrations- und Beschäftigungsprogramme, bewusst auf das Ziel ausgerichtet werden, die Arbeitslosenzahlen zu senken.

Denn anhand der Arbeitslosenquoten wird schliesslich der Erfolg oder Misserfolg der Wirtschaftspolitik einer Regierung gemessen. Dass dabei tatsächlich Arbeitsstellen geschaffen oder erwerbslose Menschen in den Arbeitsmarkt wieder integriert werden, ist nicht zwingend.

Die Verschiebung in die Teilzeitarbeit

Um die Frage des Arbeitsvolumens etwas differenzierter zu untersuchen, ist ein Blick auf die Erwerbstätigenquoten unumgänglich. Dabei ist festzustellen, dass die prozentuale Erwerbstätigenzahl zwischen 1991 und 2007 sehr konstant geblieben ist.  Dies mag auf den ersten Blick einem Rückgang des Arbeitsvolumens widersprechen. Richten wir den Blick jedoch noch etwas näher, so zeigt sich, dass eine deutliche Zunahme der Teilzeitarbeit stattgefunden hat.

Gleichzeitig blieb jedoch die totale Erwerbstätigenquote von Teilzeit- und Vollzeitstellen in derselben Zeitspanne konstant. Hat die Anzahl der erwerbstätigen Personen nicht zugenommen, jene der Teilzeitarbeiter/innen jedoch schon, lässt sich daraus schliessen, dass eine Verschiebung der Arbeit in den Teilzeitbereich stattgefunden hat. Prozentual arbeiten noch gleich viele Personen wie zuvor, doch jede Person arbeitet – auf Grund der Zunahme der Teilzeitarbeit - durchschnittlich weniger als zuvor.

Das Arbeitsvolumen als Antwort

Viele Fakten deuten also darauf hin, dass sich das Arbeitsvolumen tatsächlich verringert hat. Um diese sich aufdrängende Tendenz definitiv zu untermauern, ist es notwendig, Statistiken des Arbeitsvolumens, das heisst der tatsächlich geleisteten Stunden Erwerbsarbeit in der Schweiz zu untersuchen. Diese jedoch scheinen auf den ersten Blick eine andere Sprache zu sprechen.

Es ist festzustellen, dass im Zeitraum zwischen 1991 und 2007 eine leichte Zunahme des Arbeitsvolumens stattgefunden hat, und zwar um 4,8 Prozent. Das Volumen der geleisteten Arbeit im Teilzeitbereich stieg von 1991 bis 2007 um 46,5 Prozent, jenes im Vollzeitbereich sank gleichzeitig um 1,8 Prozent.

Das steigende Arbeitsvolumen scheint in Anbetracht zu den zuvor angeführten Fakten und Argumentationen zu verwirren und im Gegensatz zu den konstant bleibenden Erwerbstätigenquoten zu stehen.

Beziehen wir jedoch die Zunahme der schweizerischen Wohnbevölkerung mit ein, so zeigt sich plötzlich ein anderes Bild:

Während das totale Arbeitsvolumen zwischen 1991 und 2007 um 4,8 Prozent zugenommen hat, so stieg in der gleichen Zeitspanne die Zahl der 15 bis 64 jährigen – also die Bevölkerung in erwerbstätigem Alter - um 10,3 Prozent an. Anders gesagt: im Jahre 2007 befanden sich im Vergleich zu 1991 10,3 Prozent mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt, während aber nur 4,8 Prozent mehr Erwerbsarbeit vorhanden war. Das Arbeitsvolumen hat also absolut zugenommen, in einem relativen Vergleich zur wachsenden Wohnbevölkerung jedoch klar abgenommen. 2007 arbeitete eine Person im erwerbstätigen Alter durchschnittlich 5,4 Prozent weniger pro Jahr als noch 1991.

Um den zusätzlichen Personen auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden, hätte das Arbeitsvolumen parallel zum Bevölkerungszuwachs - also um mehr als die Hälfte steigen müssen. Dass die Arbeitslosenquote trotzdem zwischen 2004 und 2008 gesunken ist, lässt sich – wie oben erwähnt – durch die starke Zunahme der Teilzeitarbeit erklären (BFS, 2009).

Vergleicht man das relative Arbeitsvolumen in der Schweiz mit anderen europäischen Ländern, zeigt sich, dass die Schweiz im europäischen Vergleich gut dasteht. Im Zeitraum von 1970 bis 2000 ging in 7 EU-Staaten (Frankreich, Grossbritannien, Italien, Deutschland, Dänemark, Belgien und Finnland) das Arbeitsvolumen sogar zurück, während die Bevölkerung stetig anstieg.

Das Ende der Arbeitsgesellschaft

Es stehen sich zwei Thesen gegenüber, welche unterschiedliche Ansichten in Bezug auf "das Ende der Arbeitsgesellschaft" vertreten. Die These, welche die zunehmende Arbeitslosigkeit nur als konjunkturelle Schwankung, als vorübergehende Krise betrachtet, weist Schwachpunkte auf:
b006_1.jpg

Bild: Beelitz

Der Dienstleistungssektor wird zunehmend automatisiert und der Wissensbereich kann nur eine kleine Elite aufnehmen.

Dazu kommt, dass weltweit Millionen von Gütern auf Kredit gekauft wurden.

Dies beschert der Wirtschaft zwar Aufschwung, erhält Arbeitsplätze und garantiert den Absatz von Produkten und Dienstleistungen, erweist sich aber als kurzfristige und keineswegs nachhaltige Lösung, als gefährliche Seifenblase, die zu zerplatzen und die Krise noch zu verschärfen droht.

Die Statistiken täuschen über die Realität hinweg. In den Arbeitslosenquoten, welche von Regierungen stets als Referenzpunkt benutzt werden, tauchen all jene nicht auf, welche sich in Integrationsprogrammen, Weiterbildungen, Umschulungen, etc. befinden, ganz abgesehen von den Ausgesteuerten, Teilzeitangestellten und ehemals selbständig Berufstätigen.

Das Arbeitsvolumen steigt im Vergleich zur zunehmenden Bevölkerung nicht genügend. Die relative Erwerbsarbeit geht zurück.

Dies wiederum durch einen zu schwachen Produktivitätszuwachs zu erklären und dabei die Produktivitätssteigerung – das oberste ökonomische Prinzip – als Lösung zu postulieren, erweist sich als wirkungslos.

Die Unternehmen steigerten zwar ihre Produktivität stets, die Arbeitslosigkeit nahm aber nicht ab. Angesichts dieser Tatsachen bleiben zwei simple Möglichkeiten: entweder wir halten am alten Modell der Vollzeitbeschäftigung fest und die Arbeitslosenzahl nimmt auf Grund des schrumpfenden Arbeitsvolumens zu, oder die Arbeit wird verteilt. In beiden Optionen erweist sich die Erwerbsarbeit zunehmend als unsichere Quelle von materieller Absicherung einerseits, und von Integration, sozialer Anerkennung, Identität und Selbstwertgefühl andererseits.

Besonders Menschen aus sozial benachteiligten Milieus haben kaum mehr im gesättigten Arbeitsmarkt Platz. Jene, die sich dennoch eine Stelle ergattern können und eigentlich als die Glücklichen zählen müssten, sehen sich mit der stetigen Angst vor der Entlassung, mit Prekarität, Stress und Unsicherheit konfrontiert. Von Erfüllung kann schon gar nicht mehr die Rede sein.

Die Erwerbsarbeit – die zentrale Achse unserer Lebensführung – kann ihre Aufgabe nur noch für Wenige erfüllen. Dieser zentrale Wert in unserem Leben, das Fundament der modernen Gesellschaft, auf dem Erziehung, Bildung, Familie und sogar der Sozialstaat aufgebaut sind, sieht sich erschüttert.

Welche Folgen hat das Schwinden der Erwerbsarbeit auf das Individuum?

Angesichts der Tatsache, dass die Erwerbsarbeit kontinuierlich schwindet und die Arbeitsgesellschaft, wie wir sie heute kennen, nicht weiter existieren wird, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Individuen haben wird.

Um auf die gesamtgesellschaftlichen Folgen eingehen zu können, wäre eine Auseinandersetzung mit der Gender- und Jugendproblematik sowie mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen nötig. Dies wäre interessant, würde allerdings den Rahmen dieser Arbeit bei weitem übersteigen.

Deshalb richtet sich das Augenmerk des folgenden Kapitels hauptsächlich auf die individuellen Folgen. Wie wirkt sich der zunehmende Schwund der Erwerbsarbeit auf die soziale Realität des Individuums aus?

Arbeitslosigkeit: Exklusion als verschärfte Problematik

Die offensichtlichste Folge des Schwundes der Erwerbsarbeit ist Arbeitslosigkeit, welche das Individuum direkt betrifft und in Mitleidenschaft zieht. Um ein umfassendes Bild der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen zu erhalten, erscheint es wichtig, nicht nur die materiellen, sondern auch die immateriellen Folgen zu berücksichtigen.

Diese zwei in Verbindung stehenden Folgen machen deutlich, wie einschneidend die Arbeitslosigkeit für einen Menschen in einer um die Erwerbsarbeit zentrierten Gesellschaft ist.

Laut Elena Kramer können für die Betroffenen die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit sehr vielfältig sein und sich individuell unterschiedlich gestalten. In der Praxis gibt es demnach keine einheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit.

Vielmehr handelt es sich um einen Veränderungsprozess zentraler Lebensbedingungen, der in verschiedenen individuell geprägten Formen bewältigt werden muss . Daher wird auf diejenigen Folgen von Arbeitslosigkeit eingegangen, welche bei den meisten arbeitslosen Personen von Bedeutung sind.

Statusverlust

Die materiellen Folgen von Arbeitslosigkeit sind augenfällig: Das Arbeitslosengeld bedeutet eine Einbusse an Einkommen, welche einen Verlust des erreichten Lebensstandard mit sich zieht. Es besteht die Sorge, dass mit dem Arbeitslosengeld die monatlichen Fixkosten nicht gedeckt werden können, was zu einer Verschuldung führen kann.

Der finanzielle Schaden, so Silke Hamann, Astrid Carl und Carsten G. Ullrich, ist dabei als subjektiver Schaden im Sinne einer subjektiven Entbehrung zu verstehen, unabhängig von Einkommens- oder Familiensituation).

Mit dem Bezug von Taggeldern oder gar der Abhängigkeit von der Sozialhilfe steht dem arbeitslosen Menschen durch die Kürzung von finanziellen Mitteln ein gesellschaftlicher Abstieg bevor. Abstieg verstehen die Betroffenen als Verlust eines durch materielle Symbole geprägten, gesellschaftlichen Status.

Bei hoher Gehaltseinbusse hat dies zudem erhebliche Folgen für die Alltaggestaltung und die damit verbundenen sozialen Bindungen der Betroffenen. Denn soziale Netze werden oft durch kostspielige, gemeinsame Freizeitgestaltung oder gemeinsame soziale Rollen zusammengehalten, und nicht primär durch emotionale Bindungen.

"Es breitet sich die Angst aus, zum Wohlstandsverlierer zu werden, also die in den letzten Jahren mühsam erarbeiteten und verdienten Wohlstandsgüter wie Auto, Sport, Hobby und Urlaubsreise wieder zu verlieren" . Dazu kommt, um Martin Flügel zu folgen, dass mit der Arbeitslosigkeit ein Verlust der beruflichen und sozialen Qualifikationen einhergeht, der den Wiedereinstieg in das Berufsleben erschwert.

Auch steigt bei längerer Arbeitslosigkeit der Druck, zu einem tieferen Lohn und schlechteren Arbeitsbedingungen eine Arbeit anzunehmen. Zudem hat längere Arbeitslosigkeit Auswirkungen auf die späteren Ansprüche der Sozialversicherungen, beispielsweise auf die materielle Vorsorge im Alter.

Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung

Mit dem Bezug von sozialstaatlichen Leistungen, so Hamann weiter, ist das Gefühl von Abhängigkeit verbunden und damit nicht selten das Empfinden von Schande . Da sich viele Menschen in der heutigen Leistungsgesellschaft durch ihre berufliche Tätigkeit definieren, löst der Verlust der Erwerbsarbeit nicht selten Minderwertigkeitsgefühle aus. Existenzielle Grundängste stellen sich ein und werden meistens von mangelnden Selbstwertgefühlen begleitet. Der Arbeitslose fühlt sich nutz- und machtlos.

Dazu kommt, dass arbeitslose Menschen oft als "Versager" angesehen und stigmatisiert werden. Aufgrund des herrschenden Wertesystems gelten arbeitslose Menschen, die der gesellschaftlichen Erwartung eines auf Erwerbsarbeit ausgerichteten Lebens nicht entsprechen, als Versager.

Der negative Stempel des "Arbeitslosen" – Passivität, Leistungsschwäche, Unfähigkeit und finanzielle Abhängigkeit - wird dem Individuum "aufgedrückt", das dadurch sozial diskreditiert und ausgegrenzt wird. Sehr häufig haben Betroffene dieses Wertesystem so sehr verinnerlicht, dass sie sich selbst als Versager empfinden und aus Scham dem öffentlichen Leben fernbleiben.

Gerhard W. Lauth und Peter Viebahn ergänzen, dass nach dem Verlust des Arbeitsplatzes ein zunehmender Rückzug aus Kontakten zu Kollegen, Freunden, Bekannten und Nachbarn stattfindet. Dies kommt oft zu den am Arbeitsplatz verlorenen, sozialen Kontakten noch hinzu Martin Flügel zeigt auf, dass Menschen mit dem Verlust ihrer Erwerbsarbeit nicht nur Lohn und soziale Kontakte, sondern auch ein wesentliches Element ihrer Identität verlieren.

Der Verlust von gesellschaftlichen Indikatoren wie Einkommen, Status, sprachliche Fähigkeiten, mögliche Interessen und Sozialkontakte sind demzufolge Faktoren, welche die Betroffenen in eine soziale Ausgrenzung manövrieren können. "Der Arbeitsmarkt ist ein sozialer Ausgrenzungsmechanismus. Er ist es, in dem er eine soziale Grenze zieht zwischen denen, die daran teilnehmen, und jenen, die davon ausgeschlossen sind".

Unfreiwillige Freizeit als Folge von Arbeitslosigkeit

Wie wir gesehen haben, weist die Arbeitslosigkeit neben den materiellen auch immaterielle Folgen auf. Dass sich die immateriellen Folgen jedoch nicht nur durch fehlende Identität, mangelnde Anerkennung oder Ausgrenzung bemerkbar macht, zeigt sich am Beispiel der unfreiwilligen Freizeit, welche für viele Arbeitslose zum Problem wird. Gemäss Markus Lamprecht und Hanspeter Stamm ist Arbeitslosigkeit auch oft mit dem Verlust einer gesellschaftlichen akzeptierten Lebensperspektive verbunden.

Die oft beklagte Begrenztheit der ehemals selbstverständlichen und positiv bewerteten Freizeit wird so plötzlich zum Problem. Die Freizeit bedarf der Legitimation durch Arbeit, Fleiss und Pflichterfüllung. Sie muss verdient werden.

Der Positivbegriff "arbeitsfrei", so Horst W. Opaschowski drückt die Abwesenheit eines Zwanges aus (vgl. freier Zutritt, freier Wille, freie Verfügung). Somit ist unter arbeitsfreier Zeit eine relativ unabhängige und zwangsfreie Zeit gemeint, welche nicht für bestimmte Arbeitsleistungen in Anspruch genommen wird. Hingegen bedeutet der Begriff "arbeitslos" (vgl. sinnlos, grundlos, bodenlos), dass jemand einer bestimmten Sache beraubt ist. Es drückt demnach einen negativen Tatbestand aus.

Demnach wird die unfreiwillige Freizeit von den Betroffenen häufig als unangenehm und ausgrenzend empfunden. "Wer heute zugibt, viel Zeit zu haben, "disqualifiziert" sich selbst und scheidet aus der Gesellschaft derer, die etwas leisten, aus (…)" (Luhmann, 1971, S. 150, zit. in Opaschowski, 1998, S. 36). Gemäss Opaschowski erleben die Arbeitslosen diese zwangsweise Ausdehnung ihrer arbeitsfreien Zeit also als weitgehend unfreie Zeit, als eine Art Zwangsfreizeit.

Somit bekommen die ehemals positiv getönten Erlebnisinhalte der Freizeit (z.B. Hobby, Bummeln, Ausgehen, Reisen) eine negative Bedeutung, insbesondere bei länger andauernder Arbeitslosigkeit.

Der Umgang mit freier Zeit, so Opaschowski weiter, wird zu einer persönlichen Aufgabe mit Quasi-Arbeits-Charakter, die angepackt und bewältigt werden muss. Das Gefühl der Betroffenen, unbegrenzt Zeit zu haben, lässt jegliche Zeiteinteilung oder Zeitgestaltung als überflüssig erscheinen. Die Ziel- und Planlosigkeit des Tuns bedrückt den Arbeitslosen. Denn einzelne Tätigkeiten können bestens durch andere ersetzt werden und erscheinen so als zufällig.

Dem Arbeitslosen geht nicht die Fähigkeit ab, in der freien Zeit "etwas" zu tun, sondern die Möglichkeit, die freie Zeit zielgerichtet zu verwenden, so dass sie Sinn und Spass macht. Marie Jahoda, Paul F. Lazarsfeld und Hans Zeisel haben bereits 1933 erste Studien über das Verhalten von Arbeitslosen verfasst.

Im 1975 erschienen Buch "Die Arbeitslosen von Marienthal" dokumentieren sie ihre Erfahrungen wie folgt: Wer weiss mit welcher Zähigkeit die Arbeiterschaft seit den Anfängen ihrer Organisation um die Verlängerung der Freizeit kämpft, der könnte meinen, dass in allem Elend der Arbeitslosigkeit die unbegrenzte freie Zeit für den Menschen doch ein Gewinn sei.

Aber bei näherem Zusehen erweist sich diese Freizeit als tragisches Geschenk. Losgelöst von ihrer Arbeit und ohne Kontakt mit der Aussenwelt haben die Arbeiter die materiellen und moralischen Möglichkeiten eingebüsst, die Zeit zu verwenden. Sie, die sich nicht mehr beeilen müssen, beginnen auch nichts mehr und gleiten allmählich ab aus einer geregelten Existenz ins Ungebundene und Leere.

Der Geisterbahnhof der Bildung

Wie uns Ulrich Beck zeigt, steigt unter dem Druck der Misere im Arbeitsmarkt die Bereitschaft, nach dem Abschluss der Fachhochschule ein Universitätsstudium aufzunehmen. Auch im Übergang von Schule zur Lehre gewinnen "Warteschleifen" eine zunehmende Bedeutung. Immer mehr Jugendliche besuchen zunächst eine Berufsfachschule, ein Berufsgrundbildungsjahr oder ein Berufsvorbereitungsjahr, bevor sie eine Lehre beginnen.

Es werden zwar "Parkplatz"- und Arbeitsplatzbeschaffungsmassnahmen, sowie sonstige Kompensationen angeboten, doch selbst nach dem erfolgreichen Absolvieren der Berufsausbildung wird eine labile Übergangsphase, in der schlechte Jobs mit Arbeitslosigkeit, 36 kurzfristigen Arbeitsverhältnissen und Unterbeschäftigung wechseln, immer mehr zum Normalfall.
b008_1.jpg

Bild: Beelitz

Der Übergang vom Bildungs- in das Beschäftigungssystem, so Beck weiter, wird also unsicher und labil. Dazwischen schiebt sich eine Grauzone risikovoller Unterbeschäftigung.

Ein Abschluss alleine reicht heute nicht mehr, um eine bestimmte Berufsposition, ein bestimmtes Einkommen und Ansehen zu erreichen.

Auf allen Stufen der Bildungshierarchie wächst die Neigung, vor drohender Arbeitslosigkeit in Zusatz- und Weiterbildungen auszuweichen.

Ohne qualifizierenden Abschluss ist die berufliche Zukunft gänzlich verbaut. Die Formel beginnt sich durchzusetzen, dass qualifizierende Ausbildungsabschlüsse zwar immer notwendiger werden, gleichzeitig aber nicht genügen, um die erstrebten, knappen Beschäftigungspositionen zu erreichen .

Das erfolgreiche Absolvieren irgendeiner Berufsausbildung wird demnach zunehmend zur Voraussetzung dafür, überhaupt ins Erwerbsleben einsteigen zu können. Gleichzeitig ist aber eine abgeschlossen Berufslehre ohne weitere Qualifikationen kein Garant mehr für eine sichere Anstellung.

In dem Masse, in dem höhere Qualifikationen zur Eintrittskarte werden, werden Personen, die keine abgeschlossene Berufsbildung oder höhere Qualifikationen aufweisen können, marginalisiert und vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Dazu Beck : "Die Hetze nach guten Zensuren und Abschlüssen wird zum Hoffnungslauf, um auf der sich nach unten drehenden Rolltreppe gesellschaftlicher Hierarchie die nächst höhere Etage zu erwetzen"

Prekäre Arbeitswelten

Wie soeben aufgezeigt, erhöht das Schwinden der Erwerbsarbeit die Arbeitslosigkeit und manövriert somit viele Menschen in eine Situation sozialer Ausgrenzung. Doch Arbeitslosigkeit betrifft nicht nur jene, welche vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Sie hat auch einen direkten Einfluss auf die Arbeitswelt selbst.

Strukturelle Gewalt: Angst und Unsicherheit

Wie Rico Wüest in einer Arbeit über die Plakateure von Zürich aufzeigt, sind die Warteschlangen vor den Arbeitsstellen lang, von all denen, welche unter dem Regen der Prekarität warten und bereit sind, irgendeine Arbeit und irgendwelche Arbeitsbedingungen anzunehmen. Die Hauptfolge ist offensichtlich: Der Arbeitgeber verfügt über eine nicht zu unterschätzende Macht.

Er kann eine Arbeitsstelle auf bestimmte Zeit ausschreiben, Flexibilität und stetige Abrufbarkeit des Arbeitnehmenden verlangen, ein minimaler Lohn bezahlen, unbezahlte Überstunden erwarten, ohne jedoch mit der Angst leben zu müssen, niemanden für die jeweilige Stelle zu finden. Und wenn sich der Arbeitgeber nicht bereit erklärt, sich den Anforderungen zu fügen, braucht der Arbeitgeber nur die Türe zu öffnen und den Nächsten zu nehmen.

Es existieren Privilegierte, die auf Grund ihres spezialisierten Wissens, ihrer ausserordentlichen Fähigkeiten oder ihrer langen Erfahrung nur schwer zu ersetzen sind, so Wüest weiter. Es handelt sich dabei aber um eine kleine Minderheit. Denn der durchschnittliche Arbeiter heutzutage ist ersetzbar und zittert demnach konstant vor der Drohung der Arbeitslosigkeit.

Die Schicksale von Langzeitarbeitslosigkeit und von Armut als Teufelskreis (poverty trap) häufen sich zu sehr, als dass der Angestellte eine eventuelle Arbeitslosigkeit nur als vorübergehende Phase betrachten könnte.

Pierre Bourdieu unterstreicht dies wie folgt: Die Prekarität hat also nicht nur direkte Auswirkungen auf die von ihr Betroffenen, sondern über die von ihr ausgelöste Furcht auch indirekte Folgen für alle anderen – eine Furcht, die im Rahmen von Prekarisierungsstrategien systematisch ausgenutzt wird, wie etwa im Falle der Einführung der vielzitierten Flexibilität, von der wir ja wissen, dass sie ebenso politisch wie ökonomisch motiviert ist.

Man wird den Verdacht nicht los, dass Prekarität gar nicht das Produkt einer mit der ebenfalls vielzitierten Globalisierung gleichgesetzten ökonomischen Fatalität ist, sondern vielmehr das Produkt eines politischen Willens.

Diese "strukturelle Gewalt" der Arbeitslosigkeit, der Angst, welche hinter der Bedrohung der Entlassung steckt, ist der Kern der Prekarität. Denn die durch den Arbeitgeber aufgezwungenen Anforderungen wie Überstunden, Flexibilität, Lohneinbussen, unsichere Verträge oder mangelnde Sozialleistungen würden von Seiten der Arbeitnehmenden in Zeiten eines Mangels an Arbeitskräften nie hingenommen werden.

Wüest spricht gar von einer "Lohnprostitution". Der Arbeitnehmende heute, um nicht aus Angst vor Exklusion zu sterben, sieht sich gezwungen, alles für Geld zu machen. Denn der Arbeitgeber verfügt über genügend Prostituierte, welche – falls sich der Arbeitnehmende nicht den Anforderungen beugt – bereit sind, alles für die Stelle in Kauf zu nehmen.

Der sich im Credo des Neoliberalismus aus der Wirtschaft zurückziehende Staat, die Abschwächung der Gewerkschaften und Verbindungen, sowie die Individualisierung der Arbeitsverträge verschlimmert zusätzlich die schwache Stellung der Arbeitnehmenden.

Die Instabilität der Arbeitsverträge auf Grund atypischer Arbeitsformen manövriert den Arbeitsmenschen in eine Situation permanenter Unsicherheit. Die Vernetzung der Finanzmärkte durch deren Globalisierung verleiht dem Individuum zusätzlich ein Gefühl der Machtlosigkeit und Unkontrollierbarkeit über sein eigenes Schicksal.

Während die Arbeiter früher in ihrer sozialen Klasse, Gewerkschaft oder im Arbeitskollektiv integriert waren, dort, wo sie ihre Würde, Identität, ihr Zusammengehörigkeitsgefühl und ihre Integration herholten, so ist es heute auf der Ebene des Unternehmens selbst, wo die Identifizierung und der soziale Zusammenhalt stattfinden, genau dort, wo das Individuum riskiert, bereits morgen überflüssig zu sein.

Die ideologische Botschaft hat sich nach André Gorzge ändert: Aus der Losung: ‚Egal welche Arbeit, Hauptsache eine Lohntüte' wurde: ‚Egal wie viel Lohn, Hauptsache ein Arbeitsplatz.' Anders gesagt: Seit zu allen Zugeständnissen und Demütigungen, zu jeder Art von Unterwürfigkeit und Niederträchtigkeit im Konkurrenzkampf bereit, wenn ihr einen Arbeitsplatz wollt oder er auf dem Spiel steht; 38 denn, wer seinen Arbeitsplatz verliert, verliert alles', so lautet, wenn schon nicht die allgemeine Gefühlslage, so doch zumindest die Botschaft des herrschenden Diskurses.

Die zwei Gesichter der atypischen Stellen: Unsicherheit der Verträge

Wie wir gesehen haben , war die fordistische Zeitspanne durch eine Massenproduktion standardisierter Güter gekennzeichnet, welche auf der Massenkonsumation beruhte. Letztere, durch die Produzierung der Bedürfnisse hervorgerufen, war durch einen wirtschaftlich unbremsbar erscheinenden Aufschwung möglich.

Durch reglementäre Interventionen setzte der keynesianische Staat dem freien Tun des Marktes Grenzen und stellte somit einen zentralen Mitspieler dar.

Seit der Globalisierung der Wirtschaft und dem neoliberalen Wechsel haben sich die Tatsachen stark verändert: Der Staat, von nun an als Hindernis im freien Markt betrachtet, zieht sich mehr und mehr aus der Wirtschaft zurück, welche nun von den grossen, multinationalen Firmen dominiert wird. Dieses "Risikoregime", so Ulrich Beck , "will im Grunde sagen: alles ist möglich und nichts ist vorhersehbar und kontrollierbar".

Von nun an wird die Fähigkeit der Firmen immer wichtiger, die Art der Produkte so schnell wie möglich zu verändern um sich an die Fluktuationen des Marktes anpassen zu können. Teilzeitstellen, Temporärstellen, Stellen auf bestimmte Zeit, oder alle Arten von Arbeitsverhältnissen, die wir unter dem Begriff "atypische Stellen" bezeichnen können, sind die offensichtlichste Folge der Flexibilisierung der Märkte.

Seit den 70er Jahren nehmen zeitlich unbeschränkte Vollzeitstellen, welche mit wichtigen sozialen Absicherungen verknüpft sind, stetig ab, so dass von der "Erosion des fordistischen Arbeitsverhältnisses" gesprochen werden kann.

Teilzeitarbeit, sowie atypische Arbeitsverhältnisse im allgemeinen, erlaubt – im Falle, wo dieses Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer so gewünscht wurde – einen guten Ausgleich zwischen der Privatsphäre, sprich der Freizeit einerseits und der Erwerbsarbeit andererseits, indem Zeit für Hausarbeiten oder andere nicht wirtschaftliche Aktivitäten frei wird. Teilzeit kann also in gewissen Fällen gewonnene Freizeit für das Individuum bedeuten.
b004_1.jpg

Bild: Beelitz

"Aus der Sicht des individuellen Arbeiters sind Teilzeit und die flexibilisierte Arbeitszeit Freiheitsversprechen und drohende Unterdrückung zugleich".

Dennoch sind in den meisten Fällen Teilzeitstellen und atypische Arbeitsverhältnisse weniger Freiheitsversprechen, als ein Synonym von Prekarität und Statusverlust:

ungenügende Sozialleistungen, niedriges Einkommen und ein Hindernis für den beruflichen Aufstieg.

Atypische Arbeitsverhältnisse, Teilzeit- oder Temporärstellen mit kurzen Kündigungsfristen bedeuten demzufolge in vielen Fällen Instabilität und Unsicherheit. Der Arbeitnehmer kann jederzeit seine Stelle verlieren. Eine Fusionierung zweier Unternehmen oder eine Umstrukturierung auf Grund sinkender Gewinnzahlen kann Anlass genug sein.

In der heutigen, global vernetzten Wirtschaftswelt kann ein Ereignis auf der einen Seite des Erdballs den Jobverlust für ein Individuum auf der anderen Seite der Kugel bedeuten.

Der informelle Sektor

Neben den prekären Arbeitswelten ergibt sich im Zusammenhang mit dem Schwinden der Erwerbsarbeit eine weitere Thematik: die Verlagerung in den informellen Sektor. Die Probleme der Arbeitslosigkeit haben zum grössten Teil dazu beigetragen, dass sich vor allem in den Entwicklungsländern eine Form der Arbeit jenseits der formellen Erwerbstätigkeit entwickelt hat.

Während in den meisten westlichen Industriestaaten diese Verlagerung eine neuere Erscheinung darstellt, so ist in Ländern des Südens der informelle Sektor unlängst zu einer wichtigen Einkommensquelle für viele Menschen geworden.

Ulrich Beck legt dar, dass die im Westen angebrochene Zukunft des Informellen Sektors in Südamerika eine lange Tradition hat und dort besichtigt werden kann . Neben informeller Arbeit werden oft auch die Begriffe Schattenwirtschaft oder alternative Ökonomie benutzt. Es handelt sich dabei stets um entlöhnte, aber nicht formell erfasste Erwerbstätigkeiten.

Von der Schwarzarbeit und den Alternativbetrieben über Nachbarschaftshilfe und Selbsthilfe bis zur alltäglichen Hausarbeit gibt es eine breite Palette an Tätigkeiten des informellen Sektors. Informelle Arbeitsweisen, so Beck , sind also in jedem Fall unorthodoxe Arten der Einkommenssicherung, oft in der Grauzone zwischen legal und illegal angesiedelt. In der Schweiz, so Rudolf H. Strahm, finden rund 200'000 Personen durch selbständige Berufsausübung oder informelle Beschäftigung ihr Einkommen.

In diesem neuen informellen Sektor, so Strahm weiter, herrscht Teilzeitarbeit oder Teilerwerbstätigkeit vor. Dabei gehen oft Freizeit und Arbeit fliessend ineinander über.

Die Erfassung der Wertschöpfung durch die Erhebung der Mehrwertsteuer oder Sozialversicherungsbeiträgen mittels Lohnprozenten ist schwierig und unvollständig. Die Gewerkschaften und Angestelltenverbände sind weit davon entfernt, diese im informellen Sektor tätigen Personen zu organisieren und laufen Gefahr, den Trend zum informellen Sektor zu verpassen.

Der informelle Sektor als Chance

Nicht selten wird der informelle Sektor als eine bedrohliche Folge von Arbeitslosigkeit und somit unter einem negativen Blickwinkel betrachtet. Der informelle Sektor birgt aber auch Chancen. Es wäre Aufgabe des Staates, den Rahmen für diesen wachsenden Bereich zu definieren, um so soziale Sicherheit auch in diesem Sektor zu gewährleisten.

So kann die Verschiebung in den informellen Sektor durchaus als eine positive Folge gesehen werden und für viele Arbeitslose eine Chance darstellen, ein Einkommen zu erzielen.

Wie Beck aufzeigt, müssen wir in Europa jenseits der Vollbeschäftigungsfiktion in ganz neuer Weise herausfinden, wovon die Menschen jenseits der Sicherheit der Erwerbsgesellschaft leben können. Wer von vornherein formale Arbeit als Fluchtpunkt und informelle Arbeit als minderwertig gegenüberstellt, bleibt fixiert auf das Modell normalformeller Wirtschaft und Beschäftigung und sieht dementsprechend alles und alle anderen als ausgrenzender Rest an.

Denn der informelle Sektor verändert nicht nur das Verständnis von Arbeit, sondern auch von Arbeitslosigkeit. Die Fähigkeit der informellen Ökonomie, Arbeitswillige zu integrieren und ihnen Erwerbschancen - in welcher Form auch immer – zu eröffnen, ist beachtlich.

Exklusion, Unsicherheit, Druck und Stress

Wie wir in diesem Kapitel gesehen haben, betrifft die Krise auf Grund des Rückgangs der Erwerbsarbeit nicht nur jene, welche von der Arbeitswelt ausgeschlossen sind, sondern auch die im Arbeitsmarkt Integrierten. Exklusion auf Grund von Arbeitslosigkeit ist zu der grossen, sozialen Problematik unserer Zeit geworden. Gleichzeitig sehen sich die Erwerbstätigen mit der Angst vor Arbeitslosigkeit und mit Unsicherheit, Druck und Stress konfrontiert.

Der Kampf um die freien Arbeitsstellen führt zu einer Inflation der Diplome, welche das Problem des Arbeitsmangels aber nicht löst. Ohne gute Ausbildung sind die Chancen auf einen Platz im Arbeitsmarkt schwindend klein. Eine gute Ausbildung ist aber schon lange keine Garantie mehr für eine Anstellung.

Bei vielen Menschen breitet sich Perspektivlosigkeit aus.

Der Wert der Erwerbsarbeit als zentraler Kern unserer Gesellschaft sieht sich erschüttert. Es bröckelt das Fundament, auf dem wir unsere modernen Gesellschaften aufgebaut haben: die Erwerbsarbeit.

Es wird demzufolge wohl eine der Hauptaufgaben des kommenden Jahrhunderts werden, "die Rolle des Individuums in einer Gesellschaft ohne

Massenerwerbsarbeit neu zu definieren".

Wechsel des Bezugsrahmens

Wenn der technologisch avancierte Kapitalismus - um Ulrich Beck zu folgen - das Volumen an gut bezahlter und sicherer Erwerbsarbeit abbaut, dann müssen die Gesellschaften der zweiten Moderne zwischen gegenläufigen Entwicklungspfaden wählen.

So komme es entweder zur Spaltung der Gesellschaft in Besitzer und Nichtbesitzer von Arbeitsplätzen oder aber es wird notwendig, den Ausstieg aus der Arbeitsgesellschaft zu wagen, "Arbeit" und "Beschäftigung" neu zu definieren und damit Wege zu öffnen – nicht nur für eine Neuordnung der sozialen und betrieblichen Organisation der Arbeit, sondern der Gesellschaft, ihrer Werte, Ziele und Biographien insgesamt.
b000_1.jpg

Bild: Beelitz

Wenn die Erwerbsarbeit schwindet und mit ihr die zentralen Merkmale, an denen sich der Mensch orientiert, stellt sich die Frage, inwiefern Werte, welche bis anhin der Erwerbsarbeit verhaftet waren, sich verändern oder verändert werden müssen.

Werte sind grundlegend und gelten als allgemeine Ziele und Orientierungsleitlinien für ein geordnetes und produktives Zusammenleben von Menschen.

Beck sagt dazu: "Alle bisherigen Zukunftsszenarien bleiben – im Hoffen oder Bangen – der Zentralität der Erwerbsarbeit für Gesellschaft, Biographie und Politik verhaftet. Wenn allerdings die Annahme geteilt wird, dass das Erwerbsvolumen schrumpft, bedarf es eines Paradigmawechsels, eines Wechsels des Bezugsrahmens.

Freiwilligenarbeit als sinnstiftende Alternative zur Erwerbsarbeit

In Anbetracht der Krise der Arbeitsgesellschaft drängt sich die Frage nach dem Lebenssinn oder Lebensinhalt ausserhalb der Erwerbsarbeit auf.

Gäbe es nicht sinnvolle und notwendige Tätigkeiten, die jenseits der Erwerbsarbeit liegen? Die Debatte über die "Zukunft der Arbeit", wie es Heiner Keupp aufzeigt, muss ihre Zentrierung auf die Erwerbsarbeit lösen und anderweitige Tätigkeiten, welche sich meist im sozialen Bereich befinden, als Quelle gesellschaftlicher Wertschöpfung einbeziehen .

Es ist daher geradezu lebensnotwendig, so Horst W. Opaschowski , sinnvolle Aktivitäten zu finden, die dem beruflichen Erfolgserleben relativ nahe kommen. Diese könnten helfen, den Verlust der Erwerbsarbeit auszugleichen. Nützliches und Sinnvolles zu tun verdient gesellschaftliche Anerkennung.

Nach Gerhard Willke finden die freiwillig engagierten Menschen in diesen Tätigkeiten nicht nur Sinn, sondern setzen ihre spezifischen Fähigkeiten produktiv und sinnvoll ein, was ihnen Befriedigung bietet und den Begünstigten hilft .

Freiwilligenarbeit

Zu den traditionellen Arbeitsverhältnissen, so Jeremy Rifkin, sind freiwillige, gemeinnützige Tätigkeiten also eine Alternative. Tätigkeiten in diesem Bereich sind anders als zum Beispiel die Lohn- oder Sklavenarbeit.

Denn sie sind nicht erzwungen oder auf treuhänderische Beziehungen reduziert. Gemeinnützige Tätigkeiten sind eine ausgestreckte Hand, ein willentlicher Akt, für den grundsätzlich keine Belohnung erwartet wird. Solche Leistungen sind durch das Gefühl einer persönlichen Verpflichtung motiviert. Es geht also in erster Linie um einen sozialen Austausch und unterscheidet sich grundlegend von einem privatwirtschaftlichen, bei dem es stets um materielle und finanzielle Aspekte geht.
b003_1.jpg

Bild: Beelitz

Wie André Gorz es ausdrückt, sind zwischenmenschliche Beziehungen, wie Tätigkeiten der Pflege, gegenseitige Hilfeleistungen, erzieherische und künstlerische Aktivitäten in privaten und öffentlichen Bereichen wichtig, und müssen sich im Widerstand gegen die Logik der Machtapparate entwickeln.

Gemäss Herbert Ammann stehen subjektive Aspekte im Vordergrund für die Motivation, sich freiwillig und unbezahlt für andere einzusetzen: Anerkennung, die Wahrnehmung von Verantwortung und die daraus resultierenden Entscheidungsmöglichkeiten.

Markus Freitag unterscheidet bei den freiwilligen Tätigkeiten zwischen drei verschiedenen Arten: 1. Formelle Freiwilligenarbeit: Rund ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung engagiert sich in Form von formeller Freiwilligkeit. Dabei handelt es sich vorwiegend um Tätigkeiten innerhalb von Vereins- oder Organisationsstrukturen.

Informelle Freiwilligenarbeit: Diese betrifft Tätigkeiten ausserhalb von Organisationsstrukturen, wie zum Beispiel die Nachbarschaftshilfe, das Hüten von fremden Kindern oder allgemein persönliche Hilfeleistungen für Freunde und Bekannte. In der Schweiz sind rund 37 Prozent der Wohnbevölkerung in diesem Sektor tätig. 3. Spenden: Als letzte Tätigkeit kann das Spenden von Geld oder Naturalien ebenso zum freiwilligen Engagement gezählt werden.

Dies ist die am weitesten verbreitete Art des freiwilligen Engagements. Eine gesicherte sozioökonomische Position ist dabei Voraussetzung.

Freizeit als Sinnstiftung

Gemäss Marcel Spierts bietet für eine grosse Gruppe von Menschen die bezahlte Arbeit nach wie vor eine Möglichkeit, sich zu entfalten . In Anbetracht der Arbeitslosigkeit bietet sich diese Möglichkeit jedoch nicht allen. In einer prekarisierten Arbeitswelt sehen sich viele Menschen gezwungen, die nächst bessere Arbeitsstelle anzunehmen, auch wenn diese nicht im Geringsten erfüllend ist.

Da Freizeit als Nicht-Arbeit betrachtet wird, beschränkte sich ihre Funktion bislang darauf, Bedürfnisse, welche während der bezahlten Arbeit nicht befriedigt werden können, zu kompensieren. Jean-Claude Gillet sieht jedoch im schöpferischen Gebrauch der Freizeit die Goldader der Zukunft für die Praktiken der Animation.

Es geht darum, sich unabhängiger zu machen, zum eigenen Vergnügen zu lernen, zu schaffen und sich auszutauschen, dies verbunden mit der Schaffung von nichthierarchischen und nichtkommerziellen Beziehungen .

Von der Freizeit zur Lebenszeit

Um auf den Schwund der Erwerbsarbeit zu reagieren, hat die Wirtschaft und Politik im Grossen zwei Möglichkeiten: entweder eine stets erhöhte Zahl von Individuen sehen sich mit der Arbeitslosigkeit konfrontiert, oder aber die Arbeit wird verteilt, so dass die Individuen durchschnittlich weniger arbeiten.

In beiden Fällen ergibt sich mehr freie Zeit. Durch ein mehr an Freizeit ist auch die Möglichkeit vorhanden, Menschen zu animieren, ihre Ressourcen im Bereich der gemeinnützigen Arbeit einzusetzen. Rückläufige Arbeitszeiten so Gerhard Willke, würden auch ein aktiveres Engagement für die Belange der Nachbarschaft und der Gemeinde erlauben.

Es müsste jedoch gelingen, gemeinschaftsbezogene Werte neu zu beleben. An die Stelle des alten Gegeneinanders von Arbeit und Leben könnten also modernere Formen der Integration dieser beiden Welten treten. Aus der Massenarbeitslosigkeit oder den Arbeitszeitverkürzungen ergibt sich also – um Volker Hielscher und Eckart Hildebrandt zu folgen - eine steigende Ressource. Marktwirtschaftliche Konzepte kennen jedoch die freie Zeit nur in zweifacher Weise: als konsumintensive Reproduktionszeit oder als verlorene Zeit.

Wäre es nicht aber das Ziel, dass freie Zeit – egal in welcher Form – Chancen und Möglichkeiten beinhaltet, welche es uns erlauben, Identität, Anerkennung und Selbstachtung aus ihr zu beziehen? Solche Konzepte der ‚befreiten Zeit', wie Hielscher und Eckart aufzeigen, betonen also "die Möglichkeit der Eigenständigkeit der erwerbsarbeitfreien Zeit und die Möglichkeiten ihrer Gestaltung im gemeinschaftlichen und im individuellen Interesse".

Von der Arbeits- zur Freizeitgesellschaft

Markus Lamprecht und Hanspeter Stamm betonen in diesem Zusammenhang, dass in der aktuellen Diskussion immer wieder die These eines historischen Übergangs von der Arbeits- zur Freizeitgesellschaft auftaucht.

Es wird von der Annahme ausgegangen, dass die Freizeit sich zunehmend von einer unmittelbar an die Arbeit gekoppelten und durch diese geprägte Restkategorie zu einem eigenen Lebensbereich entwickle.
b012_1.jpg

Bild: Beelitz

Dieser ist nicht mehr länger ausschliesslich auf die Regeneration der Arbeitskraft gerichtet, sondern erfüllt auch weitere Funktionen

Die Freizeit werde demnach in zunehmendem Masse aus ihrer Rolle als 54 Erholungszeit gelöst und zu eigentlicher Lebenszeit, die ihren eigenen Wert habe.

Der moderne Mensch wird über ein historisch einmaliges Ausmass an Freizeit und Möglichkeiten verfügen, welche längerfristig sogar die Erwerbsarbeit als zentralen Organisationspfeiler des sozialen Lebens ablösen werden.

Von den Erfordernissen der Herrschaft befreit, führt die quantitative Abnahme der Arbeitszeit und Arbeitsenergie zu einer qualitativen Wandlung im menschlichen Dasein: die Freizeit und nicht die Arbeitszeit bestimmt seinen Gehalt. Der wachsende Bereich der Freiheit wird wirklich zu einem Bereich des Spiels – des freien Spiels der individuellen Fähigkeiten. So befreit, werden diese Möglichkeiten neue Formen der Realisierung und Weltentdeckung hervorbringen.

Die Verteilung der Erwerbsarbeit

Bereits 1932 forderten Gewerkschaften unter Präsident Hoover in den USA die 30 Stunden-Woche, um so Arbeit für Millionen von Arbeitslosen zu schaffen. Grosse Unternehmen, wie Kellog's, Standard Oil und Hudson Motors, konnten so zusätzliche Stellen schaffen.

Damals ging es weniger darum, die Arbeit aus sozialen Gründen zu verteilen, sondern die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu stärken, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Seit dieser Zeit ist immer wieder mit neuen Arbeitszeitmodellen experimentiert worden. Leider ist der Umfang dieser Arbeit zu klein, um im Detail darauf einzugehen.

Arbeitszeitverkürzung

Liesse sich der Schwund der Erwerbsarbeit und die damit verbundenen Probleme nicht durch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung beseitigen? Jeremy Rifkin bejaht diese Frage, indem er für eine weltweite Verkürzung der Arbeitszeit plädiert, um den Produktivitätsgewinn gerecht zu verteilen.

Wie Rifkin zeigt, folgte im 19. Jahrhundert auf den dramatischen Produktivitätszuwachs der Phase der ersten Industriellen Revolution eine Verminderung der Wochenarbeitszeit von achtzig auf sechzig Stunden. Desgleichen folgte Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Übergang von Dampf zum Öl und zur Elektrizität eine weitere Verminderung auf vierzig Stunden.

Heute stehen wir am Beginn der dritten Phase der Industriellen Revolution mit einem stetig steigenden Produktivitätsgewinn, den die Computer und die neuen Informationstechnologien mit sich bringen. Nicht wenige Beobachter halten es daher für unabdingbar, die Wochenarbeitszeit weiter auf dreissig oder gar zwanzig Stunden zu reduzieren, um auf die Problematik der Arbeitslosigkeit zu reagieren und die Arbeitnehmer/innen an der erhöhten Produktivität des Kapitals teilhaben zu lassen).

Teilzeitarbeit als Mittel zur Umverteilung der Arbeit

Die Schaffung von Teilzeitstellen trägt zur Umverteilung der Arbeit bei. Der Begriff Teilzeitarbeit, so Rudolf H. Strahm, bezieht sich auf ein tiefer liegendes Pensum als das einer Vollzeitstelle und schliesst flexible Formen, wie etwa die Vier-Tage-Woche oder Jahresarbeitszeit mit ein.

Die Schweiz gehört in die Spitzengruppe der Industrieländer im Bezug auf Teilzeitstellen. Neben einer höheren Arbeitsproduktivität (pro Stunde) und geringerer Ermüdung während kurzen Arbeitszeiten entspricht für viele die Teilzeitarbeit dem Wunsch nach Lebensgestaltung, Rollenteilung, Betreuungsarbeit für Kinder und Aus- und Weiterbildungen.

Dazu kommt der volkswirtschaftliche Nutzen, indem die Arbeitslosenzahlen verringert und dadurch die Sozialversicherungen entlastet werden.

Wohlstandsverminderung als Kompromiss

Selten ist zu vermeiden, dass die Verteilung der Arbeit Einkommensbussen mit sich zieht. Möchten wir einen Wertewandel vorantreiben, der den Wert der bezahlten Arbeit abzuschwächen versucht, so muss auch ein Wertewandel stattfinden, der die materialistischen Ansprüche neu definiert.

Denn gemäss Karl-Heinz Hillmann hat die Wichtigkeit von materiellen Wertvorstellungen, wie "materieller Wohlstand" stark und "beruflicher Erfolg und Karriere" sehr stark zugenommen.

Der Grundlohn als neue Existenzsicherung

Das Grundproblem bei fehlender Erwerbsarbeit besteht darin, dass das Erwerbseinkommen wegfällt. Es braucht demnach als Lösung eine Alternative zur Erwerbsarbeit, um Einkommen zu erzielen und den Wohlstand zu verteilen. Eine Alternative könnte darin bestehen, dass der Staat allen Mitgliedern der Gesellschaft ein Grundeinkommen garantiert.

Um die Idee des Grundlohns wiederzugeben, folgt eine Auseinandersetzung mit zwei Ansätzen: das Grundeinkommen nach André Gorz und die Bürgerarbeit nach Ulrich Beck.

Grundeinkommen nach André Gorz

Da die wirtschaftliche Produktion immer weniger Arbeit erfordert und immer weniger Lohn ausschüttet, wird es zunehmend schwieriger, sich ein ausreichendes und festes Einkommen anhand einer bezahlten Arbeit zu sichern.

Der Sozialphilosoph André Gorz beschreibt in seinem Buch "Arbeit zwischen Misere und Utopie" Ansätze, welche dem Problem der schwindenden Erwerbsarbeit entgegenwirken könnten.

Um eine Umgestaltung der Gesellschaft hin zu einer Multiaktivitätsgesellschaft zu skizzieren, sind gemäss Gorz folgende drei Punkte wichtig: - Es soll allen ein ausreichendes Einkommen garantiert werden. - Die Umverteilung der Arbeit soll mit individueller und kollektiver Zeitsouveränität verbunden werden. - Neue Formen von Gesellschaftlichkeit sollen entfaltet und gefördert werden: Kooperations- und Tauschverfahren, die jenseits der Lohnarbeit soziale Bindungen und sozialen Zusammenhalt schaffen.

Ein Grundlohn für alle ist nach Gorz die erste Voraussetzung für eine Multiaktivitätsgesellschaft.

Er unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Möglichkeiten des Grundeinkommens:

a) Der Zweck eines unter dem Existenzminimum liegenden Grundeinkommens ist es, die Individuen zur Annahme von mühsamen und erniedrigenden Niedriglohnbeschäftigungen zu zwingen. Das entspricht der neoliberalen Position der Anhänger von Friedmans Chicagoer Schule.

Für sie erklärt sich die Arbeitslosigkeit aus der Tatsache, dass zahlreiche potentielle Arbeitsplätze von niedriger Qualifikation und Produktivität nicht rentabel sind, solang sie normal bezahlt werden. Demnach müssen Arbeitsplätze subventioniert werden, etwa durch eine unzureichende Grundsicherung. Je geringer die Grundsicherung ausfällt, desto stärker ist der Anreiz, jede beliebige Arbeit anzunehmen.
b015_1.jpg

Bild: Beelitz

Demnach ist ein niedriges Grundeinkommen eine Subvention zugunsten der Arbeitgeber, welche so unter dem Subsistenzniveau entlohnte Arbeit geleistet bekommen).

b) Das allen garantierte und ausreichende Grundeinkommen untersteht einer umgekehrten Logik:

"Es soll nicht mehr diejenigen, die es beziehen, zu jeder beliebigen Arbeit unter allen Bedingungen zwingen, sondern es zielt auf deren Befreiung von den Zwängen des Arbeitsmarktes ab" .

Das allgemeine ausreichende Grundeinkommen darf daher nicht als eine Art Unterstützung oder gar Sozialhilfe verstanden werden, die Einzelne vom Wohlfahrtsstaat abhängig macht. Eher soll es die Möglichkeit zur Selbstverantwortung und einem grösseren Gestaltungsvermögen des Lebens und der Lebensbedingungen von Einzelnen oder Gruppen verstärken.

Ein ausreichendes Grundeinkommen soll nicht von der Arbeit entheben. Im Gegenteil: es soll das Recht auf Arbeit zu einem wirklichen Recht machen - nicht als Recht auf abstrakte oder entfremdete Arbeit, sondern auf konkrete, die man ohne Zwang macht und ohne die Notwendigkeit, die Rentabilität berechnen zu müssen .

Aus dieser Perspektive hat das garantierte Grundeinkommen nicht die Funktion, ein Leben ohne Arbeit zu ermöglichen, sondern, wie Frithjoff Bergmann es sagt, "die Arbeit von der Tyrannei des Lohnsystems zu befreien und in die Selbsttätigkeit aufzuheben".

Will man, so Gorz weiter, dass das allgemeine Grundeinkommen die Entwicklung von freiwilligen, künstlerischen, kulturellen und familiären Aktivitäten fördert, so muss es für alle bedingungslos gewährleistet sein. Denn nur ein Grundeinkommen, welches nicht an Bedingungen geknüpft ist, kann den Anreiz bieten, berufliche Aktivitäten zu Gunsten eines multiaktiven Lebens zu reduzieren – ja, erlaubt es in den meisten Fällen überhaupt erst.

Eine neue Einkommenspolitik

Es stellt sich die Frage, wie ein solches Grundeinkommen finanziert werden soll. Gorz benennt keine bestimmte Einnahmequelle, sondern stellt die Verteilung des Wohlstands im gegenwärtigen System grundsätzlich in Frage. Eine neue Einkommenspolitik muss laut Gorz entstehen, um den Reichtum gerecht zu verteilen.

Die Verteilung der Zahlungsmittel muss dem Umfang des gesellschaftlich produzierten Reichtums entsprechen und nicht dem Umfang der geleisteten Arbeit. So vertritt Gorz die Ansicht, dass nicht die Aufteilung, sondern die Vergemeinschaftung der gesellschaftlich produzierten Reichtümer notwendig wird.

Er beschreibt eine neue Gesellschaft, in der das allgemeine und bedingungslose Grundeinkommen ein Teil vom Ganzen ist.

Diese "ökonomisch-philosophische Vision" verweist auf eine Gesellschaft, in der die Individuen durch die freie Zeit Fähigkeiten entwickeln können, die ihnen eine geradezu grenzenlose Produktivität und die freie Entwicklung ihrer künstlerischen, wissenschaftlichen oder philosophischen Talente ermöglicht.

In der Produktion erscheint diese freie Entwicklung der Individuen als Fähigkeit, eine unbeschränkte Vielfalt an Reichtümern mit geringem Energie- und Zeitaufwand hervorzubringen. So ist dann die Steigerung der Produktivität kein Ziel mehr, sondern die logische Folge einer vollen Entfaltung der individuellen Fähigkeiten

Das Konzept der Bürgerarbeit von Ulrich Beck

Als Gegenmodell zur Arbeitsgesellschaft sieht Ulrich Beck nicht die Gesellschaft der pluralen Tätigkeiten, in der neben der Erwerbsarbeit Hausarbeit, Familienarbeit, Vereinsarbeit, Ehrenamt aufgewertet und ins Zentrum der öffentlichen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt werden.

Denn diese Alternative, so Beck weiter, bleibe schliesslich dem Werteimperialismus der Arbeit verhaftet. Die Idee von Beck ist es, aus dem Bannkreis der Arbeitsgesellschaft herauszutreten, indem eine neue politische Gesellschaft geschaffen wird.

In dieser Gesellschaft soll die Idee der Bürgerrechte und der transnationalen Zivilgesellschaft für Europa materialisiert und auf diese Weise die Demokratie demokratisiert und belebt werden.

Da gemäss Beck in unserer Gesellschaft Geld der Massstab dafür ist, was als wertvoll gilt, wird Bürgerarbeit durch Bürgergeld zwar nicht entlöhnt, aber belohnt. Auf diese Weise wird sie sozial anerkannt und aufgewertet. Mit Bürgergeld meint Beck eine auszuhandelnde Höhe, die mindestens das geltende Niveau der Arbeitslosen- und Sozialhilfe beinhaltet. So gesehen ist Bürgerarbeit ein vom Staat unterstützter Ausstieg vom Markt.

Beck sieht dabei die Unsummen, welche in Europa für Arbeitslosen- und Sozialhilfe ausgegeben werden, als Finanzierung für das Bürgergeld . Ganz nach dem Motto: "Bürgerarbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren!". Es entsteht dadurch eine alternative Aktivitäts- und Identitätsquelle, so Beck, die nicht nur den Menschen Befriedigung schafft, sondern auch den Zusammenhalt in der individualisierten Gesellschaft durch die Verlebendigung der alltäglichen Demokratie stiftet.

Denn die Empfänger von Bürgergeld sind nicht arbeitslos und beziehen Leistungen fürs Nichtstun, sondern leistet öffentlich wichtige und wirksame Bürgerarbeit. Laut Beck darf Bürgerarbeit auf keinen Fall mit dem Zwang verwechselt werden, dass Sozialhilfeempfänger kommunale Arbeit übernehmen müssen. Vielmehr soll Bürgerarbeit als freiwillige, selbstorganisierte Arbeit getan werden.

Den Fehler, Bürgerarbeit mit Zwangsarbeit zu verwechseln, würde den demokratischen Geist der Bürgerarbeit und mit ihr die Gesellschaft der selbständigen Individuen gefährden. "Denn der politische Charakter der Bürgerarbeit bedarf der öffentlich geschützten und hoch bewerteten Eigenständigkeit, die sich in Autonomie und Freiwilligkeit der Beteiligung und der Organisationsformen ausdrückt".

Gemäss Beck würde die Bürgerarbeit durch einen Bürgerarbeitsausschuss, welcher Projekte der Bürgerarbeit berät, legitimiert. Durch kooperative Strukturen und Einpassungen in das kommunale politische Leben werden die Individuen nicht ausgeschlossen, sondern geradezu miteinbezogen.

Bürgerarbeit greift Anliegen auf, die von Verwaltung und Politik vernachlässigt werden, und dient zur konkreten Protest- und Kritikarbeit. "Bürgerarbeit ist dort, wo Funken sprühen und Menschen handeln".

Folgt man Beck , dann ist eine Schlüsselidee des Modells der Bürgerarbeit, Unternehmerisches mit der Arbeit für das Gemeinwohl zu verbinden. Auf diese Weise entsteht der Typus der Gemeinwohlunternehmerin und des Gemeinwohlunternehmers. So könnten Fertigkeiten und die Kunst des Unternehmers im empathischen Wortsinn für soziale, gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden.

Diese Art von Projekten kann aber nicht am Schreibtisch entstehen, sondern muss im demokratischen Prozess entworfen, erprobt und 59 legitimiert werden. So kann Bürgerarbeit zu einer Innovation werden, die Innovationen ermöglicht .

Mit der Einführung des Lohnarbeitssystems vor gut 200 Jahren veränderte sich das Wesen der Arbeit grundlegend. Die Werte der Erwerbsarbeit wurden zum zentralen Leitmotiv unserer Gesellschaft. Damit ging die Entfremdung der Arbeit einher. Selbstbestimmtes Tun, sowie die Entfaltung von individuellen Fähigkeiten wurden in den Hintergrund gedrängt, und die Menschen richteten ihr Leben nach der Erwerbsarbeit aus.

Heute ist es nach wie vor die Erwerbsarbeit, welche grösstenteils das Zusammenleben unserer Gesellschaften bestimmt. Die immense materielle und immaterielle Abhängigkeit von der Lohnarbeit und die Arbeitsmoral garantieren das reibungslose Funktionieren der Konsum- und Leistungsgesellschaft.

Diese Abhängigkeit ist jedoch verheerend. Der strukturelle Wandel der Produktionsabläufe, die Knappheit der natürlichen Ressourcen, sowie kurzsichtige Denkweisen von Wirtschaft und Politik tragen dazu bei, dass sich immer mehr Menschen in prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen wieder finden.

Um sich von der Herrschaft der Erwerbsarbeit zu befreien, müssen deren Werte aufgebrochen werden. Gesellschaftliche Werte müssen sich von den allgegenwärtigen Paradigmen der Erwerbsarbeit lösen. Nur so entsteht Raum für einen nachhaltigen Wertewandel, für neue Formen von Gesellschaft und Arbeit, für Bereiche, in denen der Mensch Anerkennung, Identität, gesellschaftliche Integration, Sinn und Erfüllung erfahren kann.

Solange jedoch Wirtschaft, Politik und die sozialen Berufe weiterhin die Utopie eines dehnbaren Arbeitsmarktes vorgaukeln, in dem es Platz für alle haben soll, solange wird sich wohl wenig verändern.

Wenn weiterhin die zentrale Meinung besteht, dass das einzige Rezept gegen Arbeitslosigkeit wirtschaftlicher Aufschwung, Produktivitätssteigerung, und die Integration der Individuen in den ersten Arbeitsmarkt durch Integrationsprogramme und verbesserte Ausbildungen ist, dann sehen wir uns zunehmend mit Problemen konfrontiert, welche weit über die heutigen Dimensionen hinausgehen.

Ehrlichkeit gegenüber der Realität ist gefragt: die Erwerbsarbeit als Fundament unserer Gesellschaft sieht sich erschüttert.

Die Folgen sind vielschichtig und tangieren unterschiedliche Ebenen der Gesellschaft. Der Wandel der Arbeitsgesellschaft bedeutet auch einen Wandel der Gesellschaft. In einer sich verändernden Arbeitsgesellschaft ohne Massenerwerbsarbeit sehen wir uns zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert, welche längerfristig nicht mehr mit herkömmlichen Massnahmen aufgefangen werden können.

Selbstbestimmtes Arbeiten, Zeitsouveränität, die Aufwertung von unbezahlter Arbeit, sowie ein Miteinander von Leben und Arbeiten erfordern neue Denkweisen. Denn Selbstverwirklichung und das Ausleben der eigenen Persönlichkeit sind grundlegende menschliche Bedürfnisse, welche nicht den kollektiven Ansprüchen des Systems untergeordnet werden sollten. Produktivität sollte nicht als Ziel einer Tätigkeit gesehen werden, sondern als deren Folge.

Nur ein genereller Wertewandel ist im Stande, der Problematik der schwindenden Erwerbsarbeit und deren Folgen entgegenzuwirken. Es braucht also Modelle wie die Bürgerarbeit oder der Grundlohn, um Rahmenbedingungen zu schaffen, welche dazu beitragen, eine nicht um die Erwerbsarbeit zentrierte Gesellschaft zu gestalten.

Wie ist es möglich, selbstbestimmtes Tätigsein, eine Familie und den Anspruch auf Wohlstand unter einen Hut zu bringen? Woher bekomme ich meine Anerkennung und Identität?

Wie ist es möglich, sich von den Paradigmen der Erwerbsarbeit zu lösen, eigene Wege zu gehen, ein Leben zu führen, welches mir Freiräume bietet, in denen ich erfüllenden und sinnstiftenden Tätigkeiten nachgehen kann? Für mich bestand ein Schlüsselmoment dieser Arbeit darin, darlegen zu können, dass eine solche Lebensführung einen Kompromiss zwischen Zeitsouveränität und Wohlstand bedeutet.

Die Bereitschaft, einen Teil unseres Wohlstands aufzugeben, ist demnach eine Grundvoraussetzung, um den angesprochenen Wertewandel zu bewerkstelligen. Wird sich eine ganze Gesellschaft dieser Tatsache bewusst und ist zu Kompromissen bereit, so kann nicht nur das Wertemonopol der Erwerbsarbeit aufgebrochen werden, sondern weltweit eine Umverteilung des Wohlstands stattfinden. Dies wäre eine doppelte Errungenschaft.

Text: Nino Fiorentino
Fotos: Jascha Hoste

Quellenverzeichnis:

Aeppli, Daniel C. (2009). Arbeitslos in der Arbeitsgesellschaft. In Christin Kehrli (Hrsg.), Sozialalmanach 2009. Zukunft der Arbeitsgesellschaft (S. 123-133). Luzern: Caritas Verlag.

Ammann, Herbert (2008). Freiwillig – Gemeinnützig. Im Dienste der Res Publica, in der Schweiz und anderswo. Gefunden am 12.8.09, unter http://www.b-be. de/uploads/media/nl09_ammann.pdf

Baumann, Beat (2006). Modul 06, Gesellschaftliche Teilsysteme und Soziale Arbeit. Soziale Marktwirtschaft. Unveröffentlichtes Unterrichtsskript. Hochschule Luzern – Soziale Arbeit.

Beck, Ulrich (1986). Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Beck, Ulrich (1999). Schöne neue Arbeitswelt. Frankfurt am Main: Campus Verlag.

Bourdieu, Pierre (2004). Gegenfeuer. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.

Bundesamt für Statistik (2009). Gefunden am 22.9.09, unter http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/03/02/blank/data/06.html

Bundesamt für Statistik (2009). Medienmitteilung. Anstieg der Erwerbslosigkeit und der Unterbeschäftigung. Gefunden am 13.11.09, unter http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/medienmitteilungen.Document.1253 46.pdf

Bundesamt für Statistik (2009). Teilzeitbeschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen. Gefunden am 15.6.09, unter http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/03/02/blank/data/03.Document.100 724.xls

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Stand vom 17. Mai 2009). Gefunden am 12.6.09, unter http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a12.html.

DiePresse.com (2009). Arbeitslosigkeit um 29 Prozent gestiegen. Gefunden am 22.8.09, unter http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/466379/index.do?offset=25&page=2

Espeloer, Michaela (2009). Abschlussbericht. Teilnehmerbefragungen 2008 & 2009. Programm Midnight Sports des Fördervereins Midnight Projekte Schweiz. Ergebnisse der Teilnehmerbefragungen und Bericht zur Einführung eines Befragungsinstruments. Gefunden am 12.9.09, unter http://www.mbnetwork. ch/content/images/Files/mfor_hslu_sb07bis09_ohneanhang.pdf

Euro-Länder mit höchster Arbeitslosigkeit seit 1999. (2009, Juli 3). Neue Zürcher Zeitung, Nr. 151, S. 21.

Flügel, Martin (2009). Strukturelle Arbeitslosigkeit – eine grundsätzliche Herausforderung für den Sozialstaat Schweiz. In Christin Kehrli (Hrsg.), Sozialalmanach 2009. Zukunft der Arbeitsgesellschaft (S. 135-149). Luzern: Caritas Verlag.

Freitag, Markus (2007). Prägnante Resultate des Schweizer Freiwilligen Monitors. Gefunden am 12.8.09, unter http://www.freiwilligenmonitor. ch/_files/Medien/2007/07MedienbeilageFreitag.pdf

Geht uns die Arbeit aus? (1997, Juni 2). Input, Nr. 2, S. 5. Gefunden am 15.7.09 unter http://www.4u2.ch/Artikel/1997-2000%20GBI/1997- 2%20INPUT%20Eberhard%20Ulich.pdf

Gillet, Jean-Claude (1998). Animation. Der Sinn der Aktion. Luzern: Verlag für Soziales und Kulturelles.

Gorz, André (2000). Arbeit zwischen Misere und Utopie. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Hamann, Silke; Carl, Astrid & Ullich, Carsten G. (2001). Entsolidarisierung?; Leistungen für Arbeitslose im Urteil von Erwerbstätigen. Frankfurt/Main: Campus Verlag.

Herkommer, Sebastian (Hrsg.). (1999). Soziale Ausgrenzungen. Gesichter des neuen Kapitalismus. Hamburg : VSA Verlag.

Hielscher, Volker & Hildebrandt, Eckart (1999). Zeit für Lebensqualität. Auswirkungen verkürzter und flexibilisierter Arbeitszeiten auf die Lebensführung. Berlin: Rainer Bohn Verlag.

Hillmann, Karl-Heinz (2003). Wertewandel. Ursachen – Tendenzen – Folgen. Würzburg: Carolus Verlage.

Hug, Annette (2009). Eine Praxis der alltäglichen Demokratie. Zur Aktualität von Jean- Claude Gillets “Animation. Sinn der Aktion” und Marcel Spierts Balancieren und Stimulieren”. Luzern: Unveröffentlichter Artikel, Hochschule Luzern - Soziale Arbeit.

Jahoda, Marie; Lazarsfeld, Paul F. & Zeisel, Hans (1975). Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Kehrli, Christin (2009). Die soziale Lage der Schweiz in Zahlen. In Christin Kehrli (Hrsg.), Sozialalmanach 2009. Zukunft der Arbeitsgesellschaft (S. 239-295). Luzern: Caritas Verlag.

Keupp, Heiner (ohne Datum). Identität am Ende der Erwerbsgesellschaft. Gefunden am 14.05.2009, unter http://www.ippmuenchen. de/texte/identitaet_am_ende_der_erwerbsgesellschaft.pdf

Knöpfel, Carlo (2009). Bericht über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Schweiz 2007/2008. In Christin Kehrli (Hrsg.), Sozialalmanach 2009. Zukunft der Arbeitsgesellschaft (S. 15-75). Luzern: Caritas Verlag.

Koch, Uwe (2001). Modul 06, Sozialversicherungs- und Sozialhilfesystem. Öffentliche Sozialhilfe. Unveröffentlichtes Unterrichtsskript. Hochschule Luzern – Soziale Arbeit.

Kocka, Jürgen (2001). Thesen zur Geschichte und Zukunft der Arbeit. Gefunden am 23.6.09 unter http://www.bpb.de/files/G7VSG2.pdf

Kramer, Elena (2008). Auswirkungen elterlicher Arbeitslosigkeit auf Familien. München: GRIN Verlag.

Kurz, Robert (1999). Schwarzbuch Kapitalismus. Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft. Frankfurt am Main: Eichborn Verlag AG.

Lampart, Daniel (2009). Die Bewältigung des berufsstrukturellen Wandels. In Christin Kehrli (Hrsg.), Sozialalmanach 2009. Zukunft der Arbeitsgesellschaft (S. 81-90). Luzern: Caritas Verlag.

Lamprecht, Markus & Stamm, Hanspeter (1994). Die soziale Ordnung der Freizeit. Zürich: Seismo Verlag.

Lauth, Gerhard W & Viebahn, Peter (1987). Soziale Isolierung. Ursachen und Interventionsmöglichkeiten. München – Weinheim: Psychologie Verlags Union.

Mäder, Marianne, (2009). Die Schweiz und der Handel mit Dienstleistungen. Gesamtüberblick über die Handelsbeziehungen der Schweiz im Dienstleistungsbereich. Gefunden am 16.06.2009 unter http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00586/index.html?lang=de)

Meier, Peter Johannes (2004, 15. Juli). Keine Anerkennung im Beruf kann die Existenz bedrohen. Tages Anzeiger, S.13.

Mohr, Katrin (2007). Soziale Exklusion im Wohlfahrtsstaat. Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe in Grossbritannien und Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Moser, Heinz; Müller, Emanuel; Wettstein, Heinz & Willener, Alex (1999). Soziokulturelle Animation. Grundfragen, Grundlagen, Grundsätze. Luzern: Verlag für Soziales und Kulturelles.

Müller, Arun Claude (2009). Midnight Training Programm. Seniorcoach-Kurs. Leadership der Kurs für Leader. Luzern: Unveröffentlichtes Projektkonzept, Hochschule Luzern - Soziale Arbeit.

Opaschowski, Horst W. (1998). Feierabend? Von der Zukunft der Arbeit zur Arbeit mit Zukunft. Opladen: Leske und Budrich.

Opaschowski, Horst W. (2008). Einführung in die Freizeitwissenschaft (Aufl. 5). Wiesbaden: VS Verlag.

Rifkin, Jeremy (2004). Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft. Neue Konzepte für das 21. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Campus Verlag.

Samson, Oliver (2008). Die Kreditkartenkrise: Plastikgeld und Pleite. Gefunden am 21.8.09, unter http://www.dw-world.de/dw/article/02144310075900.html

Schmuki, Robert (2008). Offene Turnhallen. Jugendprojekt Midnight – Kinderprojekt Open Sunday. Uster: Förderverein für Midnight Projekte Schweiz.

Spierts, Marcel (1998). Balancieren und Stimulieren. Methodisches Handeln in der soziokulturellen Arbeit. Luzern: Verlag für Soziales und Kulturelles.

Staatssekretariat für Wirtschaft (2009). Die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Februar 2009. Gefunden am 22.9.09 unter http://www.seco.admin.ch/themen/00374/00384/index.html?lang=de&download=NHzL pZig7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCEfH52gGym162dpYbU zd,Gpd6emK2Oz9aGodetmqaN19XI2IdvoaCVZ,s-

Strahm, Rudolf H. (1997). Arbeit und Sozialstaat. Analysen und Grafiken zur schweizerischen Wirtschaft im Zeichen der Globalisierung. Zürich: Wird Verlag.

Stuttgarter Zeitung (2005, 29. April). Langfristig wird die Arbeit verschwinden. Stuttgarter Zeitung. Gefunden am, 23. April, unter http://www.stuttgarterzeitung.de/stz/page/https://detail.php/916564?_skip=0

Willener, Alex (2004). Soziokulturelle Animation – Vermitteln über Grenzen hinweg. Informationen über einen jungen Beruf. Gefunden am 22.5.09, unter http://www.hslu.ch/berufsfeld_soziokultur.pdf

Willener, Alex (2007). Integrale Projektmethodik für Innovation und Entwicklung in Quartier, Gemeinde und Stadt. Luzern: Interact. Willke, Gerhard (1999). Die Zukunft unserer Arbeit. Frankfurt/Main; New York: Campus Verlag.

Wüest, Rico (2005). Opfer oder dunkle Helden der Prekarität? Die Arbeit heutzutage und die Plakateure von Zürich. Lausanne: Unveröffentlichte Masterarbeit, Université Lausanne - Faculté des Sciences Sociales et Politiques.

Znoj, Heinzpeter, Anthropologie der Arbeit, 9. Vorlesung: Taylorismus, Fordismus und Postfordismus. Gefunden am 26.6.2009, unter http://www.anthro.unibe.ch/unibe/philhist/anthro/content/e297/e1386/e3847/e3849/linkl iste3932/arbeit-9_ger.pdf