Über Statussymbole und Konkurrenz Konsum als Persönlichkeitspflege

Gesellschaft

Nicht nur, aber auch von linker Seite gibt es eine Kritik am Konsum von Menschen in dieser Gesellschaft; an dieser Konsumkritik haben wir etwas auszusetzen. Kritisiert wird dabei eine behauptete “Gier des Menschen nach immer mehr und mehr”.

Konsum als Persönlichkeitspflege.
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Konsum als Persönlichkeitspflege. Foto: valeriy osipov (CC BY 2.0 cropped)

4. Mai 2016
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Korrektur
Diese Kritik beruft sich zum Teil auf die nicht zu leugnende Existenz von Menschen, welche jedem neuen iPhone nachjagen, Markenklammotten kaufen oder mit teuren Edelkarossen protzen. Wir behaupten: An einer dem Menschen inneliegenden unbändigen Gier liegt das nicht, sondern es ist ein nachvollziehbarer Umgang mit der Art und Weise, wie in dieser Gesellschaft gewirtschaftet wird. Das wollen wir mit diesem Text zeigen.

Manche Dinge werden nicht alleine deswegen gekauft, weil sie gut dafür geeignet sind, irgendetwas zu erledigen. Ein Ferrari z.B. ist für manche Transportaufgaben (grössere Einkäufe oder mehr als zwei Passagiere) überhaupt nicht geeignet, und die Geschwindigkeitsvorteile kann man in Österreich im normalen Verkehr nicht ausnutzen. Ob ein Gerät mit dem allseits bekannten Apfel am Gehäuse das technische Gerät besser macht oder ein Nike/Adidas Logo auf einem T-Shirt dieses als qualitativ höherwertig auszeichnet, ist keinesfalls sicher.

Es mag durchaus auch Konsumenten geben, die diese Dinge wegen ihrer Eigenschaften schätzen. Doch bei vielen ist auch klar, dass sie diese Dinge nicht nur kaufen, weil sich etwas damit anstellen lässt, sondern auch (oder ausschliesslich) um als ihr Besitzer auf andere Menschen zu wirken. Also dafür zu sorgen, dass man als Konsument dieses Produkts seinen Mitmenschen gegenüber mehr gilt. Am Klarsten wird das bei Gegenständen, die an sich wirklich nicht mehr können als andere (oder gar nichts), aber alleine durch ihren Preis viele Menschen ausschliessen und dadurch Status versprechen.

Nun könnte man natürlich sagen: Aber dann haben diese Dinge doch auch die Eigenschaft, andere Menschen zu beeindrucken? Das stimmt in dieser Gesellschaft auch. Jedoch ist das keine Eigenschaft, die sich aus der natürlichen Beschaffenheit der Dinger ergibt, sondern die sie nur in der Gesellschaft haben. Man stelle sich einen Einsiedler auf einer Insel vor, der sich mit Goldschmuck behängt – was nützt ihm das, wenn er damit keinen beeindrucken kann? Es wäre eher noch kontraproduktiv, da er durch das Bling Bling unter Umständen Raubtiere anlockt.

Es gibt das Argument, dass die Menschen prinzipiell unersättlich sind. Wenn man sie lassen würde wie sie wollen, würden sie einfach alle Dinger dieser Welt konsumieren – einfach weil sie es können. Bei normalen Gebrauchsgütern ist das noch jedem irgendwie bewusst, dass das nicht ganz stimmen kann: Man mag einfach nicht unendlich viel Pizzen essen, weil einem schon nach drei übel wird. Bei Dingen, die oft Statussymbole genannt werden, geht es jedoch gar nicht um ein am Gebrauchswert messbares Bedürfnis, sondern um ein relatives: Man möchte besser dastehen als der andere, man möchte sich selber in seinen besseren Sachen beweisen.

Wenn dann der Nachbar eine Fünf-Meter-Yacht hat, braucht man selber eine mit zehn, sonst wär man ja wieder der Dumme. Beschafft man sich jedoch dann eine Zehn-Meter-Yacht, dann übt man damit wiederum Druck auf die anderen aus, die in dem Spiel mitmachen, sich wiederum längere Yachten zu besorgen – und so weiter. Am Ende kaufen sich Leute Privatuboote, Fussballmanschaften und Mondflüge.

Dieses Verhalten von Menschen in dieser Gesellschaft halten wir jedoch nicht für einen guten Grund, den Konsum zu beschränken oder dagegen zu polemisieren. Vielmehr sollte es ein Anlass sein, sich erklären zu wollen, wie Leute zu solch einem blöden Bedürfnis nach Statussymbolen kommen. Und dabei gibt uns die Welt des Kapitalismus wieder den Schlüssel in die Hand. Sie ist nämlich eine einzige Konkurrenzveranstaltung.

Am Arbeitsplatz kennt das jeder: Man bemüht sich immer zumindest als engagierterer und gewissenhafterer Arbeiter zu erscheinen als Kollegen, damit der eigene Arbeitsplatz ja auch sicher ist. Auch in der Schule und an der Universität ist es jedem bekannt. Wer die besseren Noten bekommt, hat bessere Aussichten darauf später einen guten Job zu ergattern, weswegen sich jeder bemüht selber gut abzuschneiden. Anderen zu helfen oder etwas zu erklären, was sie nicht verstanden haben, kann einem zwar selber dabei helfen Sachen besser zu verstehen, ist diesem Ziel aber auf jeden Fall in einer Hinsicht abträglich: Wenn mehr Leute sich besser auskennen, steigt das Level und damit auch die Anforderungen, die man zu erfüllen hat um an eine gute Note zu bekommen.

Man ist also ständig unter Druck in der Konkurrenz gut abzuschneiden. Und diese Konkurrenz ist nicht eine selbstgewählte wie beim Sport, wo man eben so lange mitmacht wie es einem Spass macht. Nein, man muss konkurrieren. Das eigene Leben ist davon abhängig. Deswegen gewöhnen sich manche Menschen einen blöden Umgang mit dieser Konkurrenz an. Aus einem Zwang, der an sie angelegt wird, machen sie eine Tugend: Sie sind einfach gute Konkurrenzler.

Immer schneller, höher, weiter als alle anderen. Sie verinnerlichen also die Konkurrenz, verwandeln das Streben danach besser als andere zu sein von einem äusseren in ein inneres Kriterium. Der Konsum ist dabei eins der Felder1, in dem dieses Streben nach Anerkennung ausgelebt wird. Das, was sie von sich erwarten, nämlich immer besser zu sein, soll auch auf dem Feld des Besitzes gelten: Sie sollen immer die sein, die die schnellsten Autos haben und teure Kleider sollen den Erfolg in der Arbeitsplatzkonkurrenz beweisen.

Dabei ist das durchaus nicht der einzige Gedankengang, den sich Anerkennungssuchende machen: Statt ihren Erfolg zu beweisen, wollen sie z.B. erlittene Misserfolge durch Luxuskonsum wiedergutmachen. Auch gibt es Leute, die gerade wegen der Anerkennung auf teure Autos verzichten, aber dann dafür bewundert werden wollen jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit zu fahen, usw..

Dieses Bedürfnis danach, als Person anerkannt zu werden, welches sich unter anderem im Luxuskonsum niederschlägt, ist also kein Argument gegen diesen Konsum – es ist eines gegen die Konkurrenz, die es hervorbringt.

Bassisgruppe Gesellschaftskritik Salzburg
[geskrit]

Fussnoten:

[1] Es gibt noch viele andere Felder, auf denen dieses Streben ausgelebt wird: So kennen wohl manche Zeitgenossen, die immer eine um eine Spur bessere Geschichte auf Lager haben, wenn man ihm etwas erzählt, oder ständig davon berichten wie toll sie etwas gemacht haben.