Joe Kaeser: Siemens Vorstand und Konzernchef Der Käser

Gesellschaft

5. März 2018

Joe Kaeser ist seit 2006 im Vorstand von Siemens und seit 2013 der Konzernchef. Das Unternehmen hat 386.000 Beschäftigte, seine Filialen sind auf über 200 Länder verteilt.

Siemens CEO Joe Kaeser mit Ivanka Trump bei der Besichtigung der Siemens Technik Akademie in Berlin, April 2017.
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Siemens CEO Joe Kaeser mit Ivanka Trump bei der Besichtigung der Siemens Technik Akademie in Berlin, April 2017. Foto: usbotschaftberlin (PD)

5. März 2018
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Neulich sass er in Davos neben dem Amerikaner Trump. Kaeser sass tatsächlich neben dem Präsidenten der USA und nicht eingeklemmt zwischen dessen Hintern und Stuhl. Auf einem Foto, das in einem Artikel der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG (4. Februar 2018) interpretiert wird, schaut Trump mit diesem selbstgefällig-verkniffenen Gesicht in die Kamera; die Augen sind Seh-Schlitze, hinter denen jemand, der Trump nicht heissen muss, auf irgendetwas zielt. Daneben, und im Hintergrund verschwimmend, sitzt Kaeser. Graues Haupthaar, Brille, aufmerksam, seriös.

Der Siemens-Boss hatte soeben seinen Kotau gemacht. Er musste sich nicht in gebührendem Abstand vor dem Kaiser (!) niederwerfen und mit der Stirn den Boden berühren. Es genügte, dem USA-Boss ein Gasturbinen-Werk auf nordamerikanischen Boden in Aussicht zu stellen. Oder waren es besser zwei Werke?

Dass der Siemens-Vorstand vorher ein solches Werk in Görlitz für zukunftslos erklärt hat, dürfte Trump kaum interessieren. Kaeser selbst hatte es vielleicht schon vergessen, ausserdem hatte er erklärt, dass eine Schliessung des Werkes nicht vor 2023 erfolgen würde, „wenn überhaupt“, und was danach kommt „müssen wir sehen“. Könnte er Görlitz vergessen haben? Als Globalplayer, der er ist, rutscht das eine oder andere Segment schon mal weg? Die Welt ist gross, die Firma muss gross bleiben, die Konkurrenz ist hart?

Kurz nach dem „Weltwirtschaftstreffen 2018“ in Davos, gibt Joe Kaeser der SÜEDEUTSCHEN ZEITUNG ein Interview. Die beiden Journalisten – ihnen ist ein Kotau selbstverständlich fremd – geben zu Protokoll, dass „die Anstrengungen der vergangenen Tage“ ihm kaum anzumerken sind. Ihm, Joe, der in Davos „50 Termine absolviert“ hat, „darunter auch ein Abendessen mit US-Präsident Trump“. Und auf dem schwarzen Kaffeebecher, der vor dem entspannten Joe steht, steht in weisser Schrift „Joe“. Das zur Einstimmung, soweit zur Lage.

In der Antwort auf die Frage, ob es ihn beschäftige, dass die geplanten Entlassungen in Ostdeutschland die AfD stärken würden, sagt Kaeser: „Mich beschäftigt die Schicksale der Menschen. Meine älteste Tochter hat vor Kurzem zu mir gesagt: ‚Papa, Jobs sind nun mal ein wichtiger Bestandteil im Leben.' Das hat mich echt nachdenklich gemacht.“ Das hat den Chef über 386.000 Bedienstete, von seinem Management abhängige Beschäftigte nachdenklich gemacht? Echt? Vorher nicht gewusst, Kumpel, echt nicht?

Ist es dämlich, inkompetent, nachlässig oder tatsächlich – nur dämlich.

Schade, dass die beiden Interviewer nicht gestutzt und mal so schlüssig gefragt haben, ob er, Kaeser, ohne den Hinweis seiner zweifellos verständigen Tochter nicht drauf gekommen wäre. Dass. Er. Verantwortung. Trägt. Dass. Er. Nicht. Durchsieht.

Vielleicht ist der Mann das Opfer eines selbstgemachten Identitätsproblems. Man soll keine Witze mit Namen machen. Aber wenn statt „Joe“ auf der Kaffeetasse „Josef“ gestanden hätte, wäre der schmissige, gewissermassen amerikanische Darstellungs-Charme dahin, und der Bayerische Wald käme einem in den Sinn. Und wenn er hiesse, wie er heisst, „Käser“, wäre die Assoziation zum „Kaiser“ leicht schief; „Kaeser“ kommt besser. Belassen wir es dabei.

Samuel Kröger