Rassistenpöbler blockieren Geflüchtete bei der Ankunft Deutschland – dein Sommermärchen

Gesellschaft

Die Welt zu Gast bei Freunden: Nazis pissen auf Migrantenkinder. Rassistenpöbler blockieren Geflüchtete bei der Ankunft. Jeden Tag brennen geplante Unterkünfte. In Ost und West. Offener Rassismus hat sich endgültig die Strassen erobert.

Das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen, wo zwischen dem 22. und 26. August 1992 massive Ausschreitungen gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber stattfanden.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen, wo zwischen dem 22. und 26. August 1992 massive Ausschreitungen gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber stattfanden. Foto: mc005 (CC BY-SA 2.0 cropped)

1. September 2015
0
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Der Mob aus der Mitte der Gesellschaft, der früher hinter vorgehaltener Hand seinem rassistischen Weltbild frönte, traut sich wieder was.

Und spätestens seit Pegida wissen die Normalos, Dummbatzen, Deutschlandfahnenschwinger, Lügenpresse-Rufer, Nazis und Rassisten, dass sich ihr Einsatz lohnt. Vom Vorsitzenden der Landeszentrale für politische Bildung, über Pegida-Patzelt bis zum trottelig-machtbewussten Sigmar Gabriel hört die Politik zu, wenn es um deren Deutschland, deren vermeintlich schützenswerte Kultur und die Abschottung des Landes geht. Mit Ressentiment, Hass und rechter Gewalt kann man sich Gehör verschaffen. Mit Rassismus und Brandsstiftung die Bundesregierung beeinflussen.

Innenminister de Maiziere, gerade noch auf Tauchstation in der Landesverrat-Affäre, kommt aus der Reserve und fordert jetzt eine Verschärfung der Asylgesetze. Ein paar Tage nach den Ausschreitungen von Heidenau und an dem Tag, an dem in Berlin eine geplante Unterkunft am hellichten Tag in Flammen aufgeht. Oberbürgerrechtler Gauck schwadroniert Stunden vorher vom Dunkeldeutschland und Siggi Gabriel vom Zerrbild, das die Rassisten erzeugen würden. Merkel redet von Toleranz und Würde. Und just in diesem Moment kommt de Maiziere um die Ecke – und kündigt die Umsetzung der Forderung ebenjener Rassisten an, die ihr Deutschland am verlassenen Praktiker-Baumarkt verteidigen.

Polizisten fahren Wasserwerfer auf, wenn sich ein verlorenes Häuflein 250 Aufrechter zum Schutz der Geflüchteten in Heidenau versammelt, Journalisten werden in Gewahrsam genommen, während der Rassistenmob am Abend davor ungestört sein Unwesen treiben kann.

Es fällt langsam schwer die phrasenhaften und späten Distanzierungen der Merkels, Gaucks und Tillichs ernst zu nehmen. Und nicht nur, weil wir in einem Land leben, dessen Inlandgeheimdienst den Nationalsozialistischen Untergrund ermöglichte und jede Aufklärung behindert. Es fällt schwer, wenn man die vielen Parallelen zu den 90er Jahren sieht, daran zu glauben, dass sich diese Regierung nicht irgendwie gerne vom rechten Normalo-Mob treiben lassen würde. Es fällt schwer, das rituelle Politik-Geseier von der Menschenwürde ernst zu nehmen, wenn die Flüchtlingspolitik dieses Landes auf Militarisierung, Mauern, Zäune und tausendfaches Ersaufen im Mittelmeer setzt.

Nun also kommt die Antwort der Bundesregierung auf die rassistische Gewalt auf den Strassen:

Weniger Asylanträge insgesamt Längere Aufenthalte von Geflüchteten in Lagern eine verschärfte Residenzpflicht und damit Einschränung der Bewegungsfreiheit Sachleistungen statt Geld für die Geflüchteten Mehr Länder als sichere Herkunftsländer einstufen

Lutz Bachmann, die AfD und die ganzen Rassisten aus der Mitte der Gesellschaft können stolz auf sich sein. Hand in Hand setzen sie mit der Bundesregierung ihre nationalistischen, völkischen und rassistischen Forderungen um. So geht Politik im deutschen Sommermärchen.

Das alles ist so widerwärtig, dass es mich nicht mal mehr auf die Strasse treibt, sondern in bleiern-fassungloser Lethargie hinterlässt. Ich bin müde, dieses Land ist kalt und ekelhaft.

Mikael in den Fahrt

Dieser Artikel steht unter einer Creative Commons (CC BY-NC 2.0) Lizenz.