Psychologisch-medialer Befund. Juni 2019 Donald Trump ist der Weltöffentlichkeit ans Herz gewachsen

Gesellschaft

Es hat sich eingepegelt. Die Erde eiert noch immer durchs eisige Alle. Dass vor zwei Jahren erdähnliche Sterne entdeckt wurden, hat sich herumgesprochen und mach Hoffnung auf ein Leben nach der Erde.

Donald J. Trump in Washington, Januar 2017.
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Donald J. Trump in Washington, Januar 2017. Foto: James Mattis (PD)

13. März 2017
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Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich von ihrem allwinterlichen Knochenbruch in Tirol erholt. Und Donald Trump ist der Weltöffentlichkeit, speziell der deutsch-allwissenden Universalöffentlichkeit, ans Herz gewachsen. Gern reden wir nun von den etwas turbulenten Anfangswochen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Was hat uns der Bub verwirrt! Wie übermütig stieg er ein in das politische Geschäft, von dem er nur Banane verstand; da waren wir uns doch alle einig? Wie grob er umsprang mit Frauen, Homosexuellen, Schwarzen, Latinos! Wie ist er umgegangen mit dem Personal der Politik! Was wollte er für Mauern bauen, hoch bis zum Himmel, und hinterm Horizont ging's weiter! Ei, was war er für ein Schelm und Wüterich! Hätten wir einen Wilhelm Busch, er würde gedichtet haben: „Seht den Blonden dort im Amte,/Nennt sich Superpräsident./Wie er einst in Wut entflammte/Über Medien, Parlament/Und dergleichen Widrigkeiten,/Die ihn beim Regieren störten./Jetzt nach wilden Anfangszeiten/Lacht er aus die Unerhörten!“

Unerhörte? Wir? Nun, er hat uns erhört. Wir dürfen voller Stolz (und in aller Bescheidenheit) sagen: Es ist auch unserer Berichterstattung zu danken, unserer ständigen Kritik, unserer unbestechlichen Haltung, unserer realistisch-abwägenden Sicht, dass der Wolperdinger vom Potomac sich eingekriegt hat und seit Wochen beinahe lieblich-engagiert agiert. Brav als Figur des amerikanischen Imperialismus, nach innen und nach aussen. Er flutscht gewissermassen als Rädchen im Getriebe des Spätkapitalismus, den wir verachten, jedoch schätzen wir ihn auch. Ihn, Trump und die dicksten Autos seit Adam Opel.

Natürlich wollen wir ihn nicht aus der Ferne psychologisch begutachten. Da stehen unsere Ethik und unsere gute Kinderstube dagegen. Wiederum wollen wir uns nicht selber den Mund und eine Meinung verbieten. Wenn wir uns nicht äussern, dann tun es die anderen. Wenn wir nicht als Spezialisten bereit stehen, dann stellen sich andere als Spezialisten vor uns. Und die sind dann die Ersten an den Töpfen, aus denen das süsse Geld für Forschung und Wissensverehrung quillt. Alles rein objektiv.

Also halten wir fest: Unser Donald hat die Pubertät überwunden. Eine Zeit, von der man weiss, dass sie den Menschen launisch, aufbrausend, unberechenbar macht. Eine Zeit, in der die Eltern den Hintern zusammen kneifen müssen, um nicht zu Mördern an ihren Zöglingen zu werden. Eine Zeit, die eine Prüfung für jeden vernünftigen, an sich ruhig sein Leben führenden und gewisse Ansprüche an den Nachwuchs habenden erwachsenen Menschen ist. Schliesslich ist die Pubertät eine Zeit, in der der Pubertierende nicht recht weiss, ob er Männlein oder Weiblein ist; aus dieser Unentschiedenheit heraus neigt der Pubertierende zu Übersprungshandlungen, Provokationen, zur Konfliktlust und zum Gegen-den-Strich-Habitus (auch sein Äusseres wird zum Protest, zum Widerstand, zum Ausdruck seines Andersseinwollens).

All das haben wir an unserem Dony beobachten können, bis er, seit einiger Zeit schon, doch auch mit Messer und Gabel isst, höflich die Nachbarn grüsst und nicht vergisst, zum Valentinstag ein Sträusschen für Melanie zu kaufen. (Da übertreibt er übrigens. Er hat dieses Jahr, ohne zu wissen, dass er dabei einen Playboy namens Sachs imitierte, aus einem Hubschrauber drei Tonnen Rosen über dem Trump Tower abwerfen lassen. Derlei Exklusivität sei ihm verziehen; ganz ohne Schalk ist der Bube noch immer nicht. Zudem sollte unserem Trumpi das Schicksal jenes Playboys eine Warnung sein: Jener erschoss sich, weil er glaubte, dement zu werden. Da müssen wir uns bei Dony nicht sorgen.)

Wir erinnern uns, wie begeistert wir waren, als er nach all den Personalquerelen endlich Männer um sich scharen konnte, die selbst die politischen Gegner schätzten. Wir erinnern uns, dass der rote Atom-Knopf blau angemalt wurde, mit winzigen weissen Wölkchen drauf. Wir erinnern uns, wie er es immer wieder verstand, volksnah aufzutreten, für sein Volk einzutreten, seinem Volk in den Hintern zu treten, dass es für den täglichen Dollar arbeite, und wo es keine Arbeit gab, da erfand Dony sie.

Das war schon in der psychologisch bemerkenswerten Phase des Übergangs vom Pubertierenden zum Populitären (ein von uns erfundener Begriff, in dem sich Pubertät, Populismus und Tatkraft bündeln). Er ordnete sich. Er kriegte sich in den Griff. Er verstand allmählich, dass er nicht nur diejenigen brauchte, die ihm abends über die Tolle strichen und säuselten: Schlaf, Dony, schlaf, die Melania zählt die Schaf, Ivanka schüttelt's Bäumelein, da fällt herab ein Träumelein, und zwar das amerikanische, und zwar das amerikanische. …

Wir, die wir ihn stets kritisch begleiteten, können endlich ein paar Elogen anstimmen auf einen US-amerikanischen Präsidenten, der es noch weit bringen wird und in den Geschichtsbüchern gewiss nicht auf dem 45. Platz enden wird.

Eckhard Mieder